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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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letztere hatte ihm die Arme in den Gürtel gesteckt, um fest zu sitzen und ja nicht herabzufallen. Hinter diesem Bild des Glücks kamen zwei Personen, die wir sehr gut kannten, nämlich Abd el Fadl und Merhameh, beide zu Pferd reitend. Sie hielten an, um uns herzlich zu begrüßen. Da mußten auch alle übrigen halten. In der ersten Sänfte saß die Frau des Mir, in der zweiten das Mädchenpaar. In der dritten hatten die Knaben gesessen; sie war jetzt leer. Als besonderer Beschützer der drei Sänften sahen wir den Schech el Beled von El Hadd mit seinen drei Begleitern. Wir erkannten sie an ihren eng anliegenden Riemengewändern, welche den Eindruck von Ritterrüstungen machten. Ihre Gesichtszüge waren unsichtbar, weil durch Schleier tief verhüllt. Ich begrüßte sie alle durch Handschlag der bieder und kräftig erwidert wurde. Die übrigen Leute waren treue Bedienstete des Mir, die von der Herrscherin auserlesen worden waren, sie zu begleiten. Es war ein aufrichtig froher Kuß, mit dem ich beide Hände der Frau berührte. Ihre Augen standen voll Freudentränen. Sie hatte alle andern Sorgen beiseite geschoben und nur um das Leben ihres Mannes, des Vaters ihrer Kinder, gebangt. Der ‚Panther‘ hatte mit voller Absicht die Kunde verbreiten lassen, daß der Mir gefangengenommen worden und nach der ‚Stadt der Toten‘ geschafft worden sei, um dort, wie viele seiner Opfer, elend zu verschmachten. Als sie das gehört hatte, war sie nicht mehr zu halten gewesen. Es war ihr als heiligste Pflicht erschienen, ihn entweder zu retten oder mit ihm in den Tod zu gehen. Sie hatte mit seinem Leibregiment, der Ussulgarde, zu ihm reiten wollen, war aber auf Zureden Abd el Fadls, des christlichen Oberpriesters und des Schech el Beled von El Hadd so vernünftig gewesen, auf diesen Plan zu verzichten und den Ritt, den sie um keinen Preis aufgeben wollte, in der Weise zu unternehmen, wie wir jetzt sahen. Das Leibregiment war daheimgeblieben, um das Schloß und den Dom auf das Äußerste gegen die Besitzergreifung durch den ‚Panther‘ zu verteidigen. Der alte, gottvertrauende, ebenso mutige wie brave Basch Nasrani, jetzt Oberpriester von ganz Ardistan, hatte aus freien Stücken versprochen, ein wohlbewaffnetes Christenkorps zu bilden, um es gegen den ‚Panther‘ zu verwenden, sobald der Mir es befehle. Die Truppen des Anführers, welche die Wüste bewachten, damit niemand nach der ‚Stadt der Toten‘ könne, hatte man von weitem gesehen, und es war gelungen, des Nachts ganz unbemerkt ihre Linie zu durchbrechen. Hierbei hatte sich ganz besonders der Schech el Beled von El Hadd sehr brauchbar gezeigt. Die Herrscherin lobte ihn als einen außerordentlich klugen, umsichtigen und sogar kühnen Mann, der nicht nur jeder geistigen Anstrengung sondern auch jeder Gefahr vollständig gewachsen sei. Als er gehört habe, was geschehen sei und daß sie nach der ‚Stadt der Toten‘ wolle, habe er sich ihr sofort als Begleiter und Beschützer angeboten und den berühmten ‚Schwur von Dschinnistan‘ getan, auf den man sich in jeder Lage, sogar in Not und Tod verlassen konnte.
    „Den Schwur von Dschinnistan?“ fragte ich. „Was ist das für ein Schwur?“
    „Es ist der Schwur, das Angesicht zu verhüllen und nicht eher wieder sehen zu lassen, als bis das, was man geschworen hat, erreicht worden ist. Es gibt keinen einzigen Bewohner von El Hadd und Dschinnistan, der imstande wäre, diesen Schwur zu brechen.“
    In dieser Weise hatte ich hiervon noch nicht gehört. Sehr wahrscheinlich hing das in irgendeiner Beziehung mit dem Brauch zusammen, daß jeder Bürger von Dschinnistan der heimliche Helfer, Behüter und Schutzengel eines Menschen ist, der die Hilfe wohl bemerkt, aber gar nicht ahnt, von wem sie kommt. – Hiermit waren die vorläufigen kurzen Mitteilungen, welche die Beherrscherin gleich jetzt für nötig hielt, beendet, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung.
    „Nun –?“ fragte ich den Mir, als ich mich zu ihm gesellte, um an seiner Seite mit voranzureiten.
    „In Erfüllung gegangen! So schnell!“ frohlockte er. „Effendi, Effendi, nun bin ich gerüstet für alles! Du hast recht, sehr recht: Gott hat nicht nötig, mit unsereinem zu kämpfen; ich komme ganz freiwillig; ich komme ganz von selbst!“
    Im Weiterreiten trieb der Schech el Beled von El Hadd sein Pferd etwas schneller nach vorn, zu uns heran, und meldete:
    „Effendi, als wir da oben über die Höhe des Berges ritten, lag das Tal des Flusses bis weit nach

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