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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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könnt also nicht verdursten. Aber der Hunger muß euch töten!“
    „Auch dieser nicht, denn auch da haben wir mehr, als wir brauchen.“
    „Wo?“
    „Das wirst du bald sehen. Komm!“
    Wir ritten weiter, den Berg hinab, durch den östlichen Stadtteil, über die Brücke und dann durch die Militärstadt, bis wir durch den westlichen Ein- und Ausgang das Innere des Platzes am Maha-Lama-See erreichten. Da wurden wir bereits erwartet. Man hatte unseren Ritt mit den Augen verfolgt, und nun stand der Mir mit all den andern hier, um zu sehen, wer es war, den wir da brachten. Noch ehe wir bei ihm anhielten, erkannte er den Offizier.
    „Allah, Wallah, Tallah!“ rief er verwundert aus. „Unser Wohltäter! Der uns hierherbrachte, damit wir verschmachten sollten! Der es so gut mit uns meinte! Wir haben ihm viel, sehr viel zu verdanken! Und wir werden dankbar sein – gewiß, gewiß – sehr dankbar!“
    Der arme Teufel befand sich in größter Verlegenheit. Er starrte zu Boden und wagte nicht, die Augen wieder aufzuschlagen. Der Ton, in dem der Mir gesprochen hatte, war ironisch gewesen; jetzt aber klang er streng und befehlend, als der Herrscher fragte:
    „Was sollst du hier?“
    „Ich bin zu Abd el Fadl geschickt, dem Herrscher von Halihm.“
    „Von wem?“
    „Vom – vom – vom Mir.“
    „Vom Mir! Du wagst es, diesen Lügner und Verräter in meiner Gegenwart so zu nennen?“
    Der Gefragte antwortete nicht. Da fragte der Mir weiter:
    „Was sollst du bei Abd el Fadl?“
    „Ihm ein Schreiben übergeben.“
    „Und was noch?“
    „Ihn und seine Tochter Merhameh nach der Hauptstadt geleiten.“
    „Diese beiden allein? Keinen andern Menschen dabei?“
    „Ja.“
    „Ah! Sie sollten gerettet werden! Aber nur sie allein?“
    „Ja.“
    „Du solltest also suchen, sie heimlich zu treffen?“
    „Ja.“
    „Kennst du den Inhalt dieses Briefes?“
    „Seinen Wortlaut nicht; aber was er enthält, das weiß ich.“
    „Gib ihn her!“
    Der Mir streckte die Hand aus. Der Offizier schüttelte den Kopf und sagte:
    „Verzeih! Das tue ich nicht. Ich habe den Brief an Abd el Fadl abzugeben, und wenn ich das nicht darf, so bringe ich ihn dem zurück, der ihn geschrieben hat.“
    „Ich kann dich sofort erschießen lassen, wenn du dich weigerst!“
    „Tue es! Ich habe dem neuen Mir von Ardistan meine Treue zugesagt, und solange du mir nicht bewiesen hast, daß er ein Lügner und Betrüger ist, werde ich ihm gehorchen!“
    Da trat der Mir nahe zu ihm heran, legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte:
    „Das habe ich erwartet. Wehe dir, wenn du dich anders verhalten hättest. Da steht Abd el Fadl mit seiner Tochter. Gibt ihm den Brief!“
    Der Offizier führte diesen Befehl aus. Abd el Fadl nahm den Brief, öffnete ihn aber nicht, sondern gab ihn dem Mir und sagte:
    „Lies du ihn! Es gibt nichts, was ich dir zu verbergen habe.“
    Man sah dem Brief an, daß er nicht in der Hauptstadt, sondern unterwegs geschrieben war, auf zerknittertes, vielleicht gar beschmutztes Papier, wie es jeder Offizier in seiner Satteltasche bei sich führt. Der Mir brach ihn auf und las. Er las ihn noch einmal und gab ihn dann dem Fürsten von Halihm zurück. Dieser überflog ihn schnell und las ihn dann laut vor, so daß wir alle es hörten. Der ‚Panther‘ erinnerte Abd el Fadl an jene letzte Szene an der Landenge von Chatar, wo er erklärt habe, daß er Merhameh als seine Braut betrachte. Er forderte sie jetzt zur Frau. Es gebe keinen Grund, sie ihm zu verweigern. Er sei jetzt Mir von Ardistan und stehe Abd el Fadl nicht nur im Rang gleich, sondern sogar hoch über ihm. Abd el Fadl könne sich und seine Tochter vom Tod des Verschmachtens retten, indem er sein Jawort auf den unbenutzten Teil dieses Briefes schreibe und dem Überbringer desselben heimlich aus der ‚Stadt der Toten‘ in die Freiheit folge.
    „Du wußtest also, was jetzt vorgelesen worden ist?“ fragte ich den Offizier.
    „Ja“, antwortete er.
    „Und Hättest es ausgeführt?“
    Der Gefragte nickte. Da es mir darauf ankam, ihn so schnell wie möglich für uns zu gewinnen, zögerte ich nicht, mich zu erkundigen:
    „Hast du denn das Abkommen, welches der ‚Panther‘ mit euerm Basch Islami getroffen hat, nicht gekannt?“
    „Welches Abkommen? Ich kenne es heut noch nicht“, antwortete er.
    „Der Basch Islami hat den ‚Panther‘ zum Mir von Ardistan zu machen, und der ‚Panther‘ hat, sobald er es geworden ist, der Schwiegersohn des Basch Islami zu werden; dann

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