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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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der Schech el Beled mit dem Mir von Ardistan, hinter ihnen die Hälfte der Lanzenreiter, hierauf die Ussul und dann zum Schluß die andere Hälfte der Lanzenreiter. Die ‚Schwarzgewappneten‘ konnten nicht an diesem Zug teilnehmen, weil sie beauftragt waren, die gefangenen Leute des ‚Panther‘ zu beaufsichtigen und unterzubringen.
    Nun war es uns zwar nicht schwer geworden, unsere hochintelligenten Rassepferde zum Ersteigen der Treppe zu bewegen, den Urgäulen aber kam eine solche Zumutung ganz ungeheuerlich vor. Sie entsetzten sich vor der hohen Stufenreihe. Sie weigerten sich, zu gehorchen. Die größte Angst schien Smihk, der Dicke, zu haben. Er stieß ganz unbeschreibliche Jammertöne aus. Er war weder durch gütiges noch durch strenges Zureden zu bewegen, die Möglichkeit zu versuchen. Er ging nur bis zur untersten Stufe, betastete diese mit dem Vorderhuf, streckte diesen auch nach der zweiten Stufe aus, aber sobald er sich überzeugte, daß diese höher als die erste lag, stieß er ein Geheul des Schreckens aus und rannte wieder zurück. Da kam der Anführer der ‚Schwarzgewappneten‘ auf den klugen Gedanken, den dicken Gaul durch das Beispiel zu überzeugen. Sein eigenes Pferd war Treppenstufen gewohnt, weil sie hier in dem bergigen Gelände häufig vorkamen. Er ritt also die Treppe hinauf und hinunter und wieder hinauf und hinunter. Smihk sah und beobachtete das. Er war für so vernünftige Beweise nicht unzugänglich. Er ging, ohne von seinem Herrn dazu angetrieben zu werden, ganz von selbst wieder bis an die Treppe und setzte seine Vorderfüße zunächst auf die erste und dann auch auf die zweite Stufe. Sobald er aber merkte, daß die dritte wieder höher war als die zweite, drehte er sich laut zeternd um und riß aus. Der Schwarzgewappnete wiederholte den Anschauungsunterricht und hatte dieses Mal besseren Erfolg. Smihk versuchte es nachzumachen und kam bis zur sechsten Stufe. Hier aber blieb er halten und schaute noch oben. Da wurde ihm himmelangst. Er kletterte schnell wieder herab, und zwar mit den Hinterfüßen voran, also verkehrt. Dieses Experiment schien ihm zu gefallen, denn er rannte nicht wieder davon, sondern blieb stehen, spielte mit den Ohren, rang das Schwänzlein und erhob ein wohlgefälliges, ja beinahe triumphierendes Geschrei. Währenddem blieb Amihn, der Scheik, ganz ruhig im Sattel und hütete sich, den Dicken im Überlegen und Versuchen zu stören. Der Gewappnete ritt zum dritten Male wiederholt hinauf und herunter. Da besann sich Smihk auf sein Ehrgefühl, an welches er jetzt gar nicht gedacht hatte. Er avancierte jetzt ganz von selbst bis an die unterste Stufe, warf den Kopf empor und ließ einen schmetternden Trompetenton erschallen, dessen Sinn ein jeder, der ihn hörte, verstehen und begreifen mußte: „Paß auf; jetzt geht es aber los; mag daraus werden, was da will!“ Er nahm die erste und zweite, die dritte, vierte und fünfte Stufe, nicht etwa hastig und überstürzt, sondern sehr langsam und bedächtig. Da blieb er stehen und tat einen tiefen, erleichterten Atemzug. Dann ging es weiter und weiter, ganz genau, wie abgezählt und abgemessen, immer höher und höher, bis er oben ankam. Er wurde von der dort stehenden Menge mit Jubel empfangen. Er stimmte in diesen Jubel ein, indem er ein Wiehern hören ließ, in dem alle chromatischen und nichtchromatischen Tonleitern mit einem Mal erschollen. Und hierauf geschah etwas, was niemand vermutet hatte. Nämlich Smihk stieg ganz aus eigenem Antriebe genauso wieder hinunter, wie er heraufgekommen war, mit dem Kopf nach oben, also nun rückwärts. Als er unten ankam, war ein allgemeines Händeklatschen sein Lohn. Da brüllte er vor Vergnügen. Die Sache schien ihm zu gefallen. Er stieg wieder hinauf und wieder hinunter; er tat es wieder und wieder. Er versuchte den Abstieg auch von der Seite; es ging. Er versuchte ihn mit dem Kopfe voran; auch das ging. Da geriet er vor Entzücken fast außer sich. Er rannte nur immer wieder hinauf und wieder hinunter. Er schrie, brüllte, wieherte, meckerte, schnatterte und blökte in einem fort. Es war, als ob er sich in allen möglichen Tierstimmen hören lassen wolle. Bald aber war ihm anzumerken, daß er eine ganz andere und lobenswerte Absicht hatte. Er wollte die anderen Urgäule anregen, es ihm nachzutun, und das war nicht ohne Erfolg. Der eine und der andere Reiter machte den Versuch, der zwar nicht gleich, aber endlich doch gelang. Andere folgten, erst einzeln, dann gleich neben und

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