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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schien. Dennoch schrien und klatschten sie sich vorwärts, mit größter Rücksichtslosigkeit, durch die zornig aber still sich noch mehr zusammendrängende Menge hindurch bis vor den Hochaltar, wo man die Sänften niedersetzte. Der vorderen entstieg der in kostbare, rituelle Gewandstücke gekleidete Maha-Lama von Ardistan, mit sämtlichen Insignien seiner hohen, ‚geistlichen‘ Würde beladen. Aus den beiden anderen krochen seine zwei sogenannten ‚Oberministranten‘ hervor, die mit Gebetsmühlen, Gebetsposaunen, Gebetstrompeten, Gebetsklappern und ähnlichen ‚geistlichen Waffen‘ ausgerüstet waren. Diese Gegenstände bestanden aus den reich mit Gold und Silber verzierten Röhrenknochen und Schädeln verstorbener Lamas. Unter Vorantritt dieser beiden Unterbeamten stieg der Maha-Lama, während die vierundzwanzig Sänftenträger bei den Sänften blieben, zu dem Altar empor, auf dem der Mir mit seinen Offizieren und Beamten saß. Auch dort war jede Stelle besetzt. Nur ganz vorn an der Brüstung, grad vor dem Mir, seiner Frau und seinen Kindern, gab es einen schmalen, leeren Raum, den man gelassen hatte, um dem Herrscher etwas mehr Bewegungsfreiheit zu ermöglichen, als den gewöhnlichen Besuchern des Festes. Dorthin stiegen die drei. Sie grüßten den Mir nur mit einem kaum merklichen Neigen des Kopfes und winkten ihren Trägern, die Kissen aus den Sänften hinaufzubringen. Dies geschah. Die Kissen wurden grad vor dem Mir so übereinandergelegt, daß drei hohe Sitze entstanden, auf welche die drei illustren Personen sich dann gemächlich niederließen. Nun sah es geradeso aus, als ob unsere christliche Weihnachtsfeier nur zu Ehren oder doch wenigstens nur unter der Oberaufsicht dieser drei Lamas stattfinde. Daß hierdurch dem Mir und seiner Familie jede Aussicht geraubt wurde, das schien diesen Herren gleichgültig zu sein.
    Ich hielt es infolge seiner ganzen Charakteranlage für unmöglich, daß er sich das gefallen lassen werde; aber er blieb zu meinem Erstaunen still. Er rührte sich nicht. Er tat nicht das mindeste, diese rücksichtslosen Menschen in ihrem beleidigenden Beginnen zu unterbrechen. Aber als sie es sich bequem gemacht hatten und nun triumphierend um sich blickten, da stand er mit seiner Familie auf und kam mit ihr herüber zu uns auf den Orgelchor, wo man ihnen sofort die besten Plätze bot.
    Bis zu diesem Augenblick hatte der Oberpriester nicht weiterlesen gekonnt. Und so wie er, hatte auch die ganze, tausendfältige Versammlung warten müssen. Das war eine Störung sondergleichen! Ihre Wirkung verdoppelte sich durch die brutale Art und Weise, in der sie ausgeführt wurde. Man hatte sich das Kommen dieser Leute gefallen lassen; aber als der Herrscher von ihnen gezwungen wurde, seinen Platz aufzugeben und einen anderen zu suchen, da blieb man nicht länger still. Ein erst leises, dann immer lauter werdendes Raunen und Rauschen ging durch den weiten Raum. Man hatte sich in heiliger, seelischer Erhebung und Bewegung befunden, und war aus ihr in roher Weise herausgerissen worden. Man fühlte sich empört. Es erhoben sich Stimmen, zunächst unverständlich, bald aber deutlicher.
    „Hinaus mit ihnen!“ rief jemand von einer Empore hinab.
    „Ja, hinaus, hinaus!“ antworteten andere.
    „Erst die Diener, dann die Herren! Greift zu; greift zu!“ erklang es vom Altar her.
    Ich sah, daß dort eine Bewegung entstand, sich der Träger und der Sänften zu bemächtigen. Nur noch ein einziger Augenblick, so hatte man es mit einem Tumult zu tun, dessen Verlauf nicht abzusehen war. Da rief der geistesgegenwärtige Oberpriester mit lauter Stimme:
    „Halt! Haltet ein!“
    Die schon vorwärts Drängenden standen wieder still. Aller Augen richteten sich auf ihn. Er hob das Buch in seinen beiden Händen hoch empor und fuhr fort:
    „Um des heiligen Evangeliums willen sei Friede auf Erden! Friede sei auch hier mitten unter uns! Wehe dem, der diesen unseren Frieden stört! Er vernichtet dadurch nicht uns, sondern nur sich selbst. Dem Christen aber ziemt Geduld. Wir wollen von neuem beginnen!“
    Er schaute bei diesen Worten herauf zu mir. Ich verstand diesen seinen Blick. Er hielt es für unmöglich, so ohne alles weitere in der unterbrochenen Verlesung fortzufahren. Es machte sich eine Überleitung nötig und so begab ich mich zur Orgel und spielte, bis ich annehmen konnte, daß sich der allgemeine Zorn gelegt habe und die Versammlung wieder bereit und geschickt zur Andacht sei.
    Als der Basch Nasrani dann das

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