25 - Ardistan und Dschinnistan II
frei?“
„Ja.“
„Sofort?“
„Sofort! Ohne jede Weigerung oder Hinterlist!“
„Geht es nicht, ohne daß wir gebunden sind und zwischen euch reiten müssen?“
„Nein, absolut nicht.“
„Wir versprechen euch aber –“
„Schweig!“ unterbrach ihn der Hadschi. „Ich mag kein Versprechen von
euch hören. Ihr seid Aufrührer, Verräter, Betrüger und Lügner. Kein
Mensch glaubt euch! Sagt ja oder nein; macht schnell!“
Sie sprachen eine kurze Weile leise miteinander. Dann hörten wir den ‚General‘ ein wenig lauter sagen:
„Solche waghalsige, vermessene, vor Kühnheit tolle Menschen habe ich noch nie gesehen!“
Und hierauf teilte der ‚Panther‘ uns seine Entscheidung mit:
„Wir gehen auf euern Vorschlag ein, wenn ihr versprecht, zu halten, was du versprochen hast.“
„Ich verspreche es im Namen aller.“
„Daß ihr keinen Fluchtversuch macht?“
„Ja.“
„Uns nach unserer Ankunft sofort freigebt?“
„Ja.“
„Aber unsere Gefangenen bleibt und ohne Weigern nach dem Gefängnis reitet, welches wir für euch bestimmen?“
„Ja“, antwortete Halef, auch jetzt, nachdem er den Mir heimlich angeschaut und dieser ebenso heimlich genickt hatte.
„Ich verlange von jedem von euch den Schwur, dieses Versprechen zu halten!“
„Von jedem? Einen Schwur?“ fuhr da Halef zornig auf. „Was fällt dir
ein! Sag noch so ein Wort, und alles ist aus! Du wärst der Kerl, uns
Schwüre abzuverlangen! Tausend Schwüre von dir sind soviel wie
Millionen Lügen; ein einziges Wort von uns aber gilt soviel wie hundert
Schwüre. Ich gab mein Wort für alle; das hat dir zu genügen, und wenn
es dir nicht paßt, so führen wir euch jetzt fort! Die zehn Minuten sind
vorüber! Wir verlassen jetzt die Ruine und reiten mit euch nach Ard
zurück. Wollen doch sehen, ob eure tapfere Kavallerie uns zwingen wird,
euch zu erschießen!“
Er stand auf und trat zu den beiden, um ihnen ihre Waffen abzunehmen. Da fiel der ‚Panther‘ schnell ein:
„Halt, warte doch! Ich begnüge mich mit deinem Wort!“
Der Hadschi nahm ihnen trotzdem unter aufmerksamer Assistenz der
Hunde ihre Pistolen, Messer und Säbel ab, brachte sie zu uns her und
sprach dann die Aufforderung aus: „Ruft eure Offiziere herbei, aber ja
nicht näher, als nur in Hörweite! Teilt ihnen mit, was beschlossen
worden ist, und gebt ihnen den Befehl, es auf das genaueste
auszuführen! Doch rührt euch dabei ja nicht von der Stelle! Die Hunde
dulden das nicht, und eure Pistolen, die wir jetzt haben, sind, wie ich
sah, geladen!“
Sie gehorchten. Ihre Offiziere durften auf fünfzehn Schritte
herankommen, doch weiter nicht, und bekamen ganz genau gesagt, wie sie
sich von jetzt an bis zur ‚Stadt der Toten‘ zu verhalten hatten. Sie
waren außerordentlich enttäuscht. Einige murrten sogar so laut, daß man
es hörte; aber die Rücksicht auf unsere beiden Gefangenen zwang sie
doch, Gehorsam zu leisten. Sie entfernten sich, und die Leute der
Schwadron folgten ihnen, so daß wir nun mit unseren beiden Gefangenen
allein im Inneren der Ruine waren. Nur zwei von der Mannschaft kehrten
zurück, um deren Pferde zu bringen, gingen aber sogleich wieder fort.
Hierauf machten wir uns reisefertig, tränkten und sattelten die Pferde,
fesselten dem ‚Panther‘ und seinem ‚General‘ die Hände, ließen sie ihre
Pferde besteigen, banden die Zügel derselben mit den Zügeln der
unserigen zusammen und schickten dann Halef, den Wackeren, hinaus, um
nachzuschauen, wie es draußen stehe. Er meldete, daß unsere Forderungen
genau erfüllt worden seien. Das Regiment hatte sich ein Stück von der
Ruine entfernt und wartete dort, um weiter zu reiten, sobald wir
erscheinen würden. Als wir hinauskamen, setzte es sich, wie
vorgeschrieben, sofort in Bewegung. Wir folgten ihnen genauso langsam
oder so schnell, wie sie voranritten. Um unsere Stimmung zu bezeichnen,
darf ich sagen, daß wir uns als siegreiche Besiegte fühlten. Am
muntersten war Halef. Er fragte, wie er seine Sache gemacht habe, und
kassierte hierauf das allerdings sehr wohlverdiente Lob mit stolzem,
selbstbewußtem Lächeln ein. Es war freilich nicht zu leugnen, daß
keiner von uns es hätte besser machen können als er. Von unseren
Gefangenen ist nur zu berichten, daß sie sich hüteten, uns anzusehen
oder gar mit uns zu sprechen. Der ‚Panther‘ wollte seine verhaltene Wut
an seinem Pferd auslassen. Er stieß ihm die Sporen in die Weichen, daß
es vor Schmerz stöhnte. Da aber drohte ihm
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