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25 Stunden

25 Stunden

Titel: 25 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Benioff
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auf dem Messinghandlauf herum. »Frauen werden mir immer ein Rätsel bleiben. Ein Beispiel gefällig? Wie wär's mit Reden im Kino. Warum müssen Frauen immer reden, während man sich einen Film anguckt. Oder wie kommt7s, dass ich, wenn ich bloß anrufen und ihr sagen will, wo wir uns zum Essen treffen, die nächsten zwanzig Minuten nicht vom Telefon wegkomme? Es ist wie eine Krankheit. Warum weinen Frauen immer, wenn sie gerade Sex hatten? Was soll der Quatsch?«
    Naturelle und Jakob starren Slattery mehrere Sekunden lang mit hochgezogenen Brauen an. Dann brechen sie in heftiges Lachen aus. Jakob verschluckt sich schwer an seinem Bier, Naturelle hält sich am Handlauf fest, damit sie nicht vom Hocker fällt.
    »Was denn?«, fragt Slattery. »Was denn?« Er macht ein finsteres Gesicht. »Ich meine, nicht immer , aber manchmal, manchmal. Komm, sag bloß, du tust das nie?«
    Naturelle schnappt nach Luft und verwuschelt Slattery die Haare. »Du bist einfach bloß zum Heulen schlecht im Bett, Frank.«
    Jakob bricht erneut in Gelächter aus und trommelt auf die Seite seines Hockers ein. »So viel zu deiner Neunundneunzig, Kumpel.«
    Slattery ist auf sich selbst wütend, weil er sich wie ein Volltrottel angehört hat, und das auch noch, wo es um Sex ging. Das ist Jakobs Rolle. Jakob ist es gewesen, der mit neunzehn wissen wollte, wo die Klitoris sitzt. »Ungefähr zwei Zentimeter tief im Arsch«, hat Slattery geantwortet und sich schwer das Lachen verkniffen, als Jakob nachdenklich genickt hat. Oder wie Jakob einmal gefragt h^t: »Findest du nicht, dass eine Vagina wie der Mund eines Aliens aussieht?« Slattery ist noch Monate lang auf dieser Bemerkung herumgeritten, obwohl er, als er darüber nachdachte, zugeben musste, dass eine Vagina durchaus wie der Mund eines Aliens aussah - oder wie seine Kiemen oder so. Slattery machte den Fehler, diesen Gedanken mit Monty zu teilen, der den Kopf schüttelte und sagte: »Wie steht's mit dem Anus, Frank? Gefällt dir der Anus besser?« Niemand kann Slattery schneller das Gefühl geben ein Volltrottel zu sein, als Monty, und Slattery hat den Verdacht, dass niemand Jakob schneller das Gefühl geben kann ein Volltrottel zu sein, als Slattery. So läuft es zwischen ihnen dreien, seit der neunten Klasse. Der kleine Fisch wird vom großen Fisch gefressen und der große vom ganz großen — bis heute, wo der größte Fisch von allen kurz davor steht, Monty in einem Stück zu verschlingen.
    Eines möchte Slattery vor allem vermeiden, dass er vor Naturelle als Volltrottel dasteht. Nicht, dass er Monty die Frau ausspannen möchte, er möchte nur einmal mit ihr vögeln, einmal nur. Seit Jahren hat er ihren Körper jetzt vor der Nase, in einem Bikini am Jones Beach, in zerfetzten Jeans in den Downtown-Kneipen, in schwarzen Radfahrerhosen im Central Park, in eng anliegenden Kleidern in den Clubs. Wenn Naturelle tanzt, versucht Slattery nicht hinzusehen.
    Einmal hat er mit Monty im Riverside Park Basketball gespielt. Slattery ist immer ein ehrgeiziger Sportler gewesen; er betätigt sich nicht gern in Sportarten, für die er kein Talent hat. Trotzdem hat er sich an diesem Nachmittag ordentlich reingekniet, ist nach jedem Ballwechsel zurück auf seinen Platz unterm Korb gelaufen und hat verbissen jedem, der zu nahe stand, eins mit dem Ellbogen verpasst. Alle Männer hatten nackte Oberkörper, ob sie nun gerade spielten oder an der Seitenlinie standen und warteten, dass sie drankamen. Die Frauen standen draußen vorm Court, die Finger durch den Maschendraht gesteckt, und quatschten laut über den Trommelschlag der springenden Bälle und schlitternden Schuhe hinweg. Naturelle hatte einen Rock an, der so kurz war, dass Slattery sich fragte: Wozu dann überhaupt noch einen Rock anziehen? »Dieser Rock ist völlig daneben«, sagte er zu Monty. »Ich kann ja schon ihre Arschbacken sehen.« Monty zuckte bloß die Schultern. »Und ich kann deinen Bauchnabel sehen«, sagte Monty, und Slattery starrte auf sein Bäuchlein hinab.Naturelle nimmt noch einen Schluck von Jakobs Bier. »Woran denkst du gerade, Frank?«
    Slattery lässt sein Daumengelenk krachen. »Ich hab mich bloß gefragt, wo er bleibt.«
    »Als ob er sonst immer pünktlich wäre, ja?«
    »Morgen ist er besser pünktlich«, sagt Slattery. »Wenn du da nicht aufkreuzt, wann du aufkreuzen solltest, ist es eine Straftat.«
    Die Fliege schwirrt vor Naturelles Gesicht herum. Naturelle spitzt die Lippen und pustet sie weg. »Das wird er schon. Geht ja

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