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253 - Das Terror-Gen

253 - Das Terror-Gen

Titel: 253 - Das Terror-Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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Stufen davor ließ sie sich nieder. Mit zitternden Fingern rollte sie ein beruhigendes Kraut in hauchfeines Papier.
    So geht es nicht weiter, Eve Neuf-Deville! , tadelte sie sich selbst. Es wird Zeit, dass du endlich mit deiner Vergangenheit Frieden schließt. Doch ging das überhaupt?
    Seit einundzwanzig Tagen hatte sie einen immer wiederkehrenden Traum. Darin erschlug sie einen Bunkersoldaten namens Pat McGonnagle mit einem Stein. Nicht in Notwehr, nicht im Kampf. Sondern heimtückisch und hinterrücks.
    Aber das war nie passiert. Sie hätte sich doch daran erinnern müssen… oder?
    Die Zweifel wuchsen mit jeder Nacht. Und schließlich konnte sie es nicht mehr leugnen: Die Erinnerung an damals, erst jetzt aus den Nebeln des Vergessens aufgestiegen, war die schreckliche Wahrheit! Ganz eindeutig war sie eine Mörderin. Sie konnte sich inzwischen sogar wieder an den Zorn erinnern, den sie ihrem Opfer gegenüber empfunden hatte.( [6] ; Eve erschlägt den Soldaten tatsächlich, kann sich aber wegen einer Amnesie nicht daran erinnern) Gierig sog sie an ihrer Kräuterzigarette. Während deren beruhigende Wirkung ihren Körper durchströmte, wünschte sie sich, wieder ein Kind zu sein. Unschuldig in den Gängen des Bunkers zu tollen oder den Gutenachtgeschichten ihrer Mutter zu lauschen. Und sie sehnte sich nach Rulfan. Seinen kräftigen Armen und seiner beruhigenden Stimme.
    Ihr Blick fiel auf die Hütte gegenüber. Gabriels Behausung. Lichtschein flackerte im kleinen Fenster neben der Tür. Leonards Nähe war ein Stückchen Rulfan. Oder nicht? »Ein Witz«, flüsterte Eve. »Ein Witz.« Ihr Gehirn war inzwischen so vernebelt, dass ihr das Denken schwer fiel. Von irgendwoher schrie ein Nachtvogel, und am Wachturm war das Prasseln und Knistern von herunterbrennenden Zweigen zu hören. Das Feuer, das die Nosfera bei ihrer Nachtwache wärmte.
    Kurz schweiften ihre Gedanken zurück zu dem Tag, als die dreizehn Blutsauger und Breedy hier aufgetaucht waren - und als Gabriel anderntags praktisch im Alleingang entschieden hatte, dass sie bleiben durften. Nun gut - andernfalls wären die Bewohner des kleinen Dorfes vermutlich tatsächlich erfroren, insofern war sein Machtwort das einzig Vernünftige gewesen.
    Der Prime hatte auch den »Blutzoll« durchgesetzt: Täglich bekamen die Nosfera Blut von ihnen. Im Gegenzug hielten sie mit ihrer bloßen Anwesenheit Joonahs Krieger auf Distanz. Obwohl das Blut in Ampullen übergeben wurde, schüttelte sich Eve bei dem Gedanken an die Nosfera, die des Nachts um ihr Dorf schlichen, um sie zu schützen. Auch die anderen Mitglieder der Gemeinschaft waren alles andere als begeistert.
    Noch weniger Begeisterung kam auf, als der Frühling nahte und die Nosfera blieben. Leonard Gabriel dachte nicht daran, sie fortzuschicken. Überhaupt wurde der Prime von Tag zu Tag unausstehlicher und reagierte despotisch, wenn man seine Entscheidungen anzweifelte.
    Zum Teil machte die Psychologin das Ableben Sir Jeffersons für Gabriels Auftreten verantwortlich. Im April war Jefferson Winter einem plötzlichen Herztod erlegen. Nicht dass es jemanden erstaunt hätte; selbst für einen Techno hatte er ein fast biblisches Alter erreicht, und irgendwann schlug nun mal für jeden die Stunde. Für Leonard war das ein herber Verlust; danach war er kaum noch ansprechbar gewesen. Schon gar nicht für das allgemeine Anliegen, die Blutsauger endlich loszuwerden.
    Einmal Despot, immer Despot , sinnierte Eve. Sie drückte ihre Zigarette aus und wankte schwerfällig die Stufen zu ihrer Hütte hinauf. Leise öffnete sie die Tür. Sie hatte sie noch nicht wieder hinter sich geschlossen, da öffnete sich der Eingang zu Sir Leonards Unterkunft. Der Psychologin blieb der Mund offen stehen, als sie den Prime dabei beobachtete, wie er sich mit einer innigen Umarmung von Breedy verabschiedete.
    »Der Prime und das Halbblut«, flüsterte Neuf-Deville. »Das ist… ein Witz!«
    ***
    September/Oktober 2523
    Eine Grippeepidemie wütete auf der Kanalinsel. Das heftige Fieber, das die Infizierten befiel, hatte bereits zwei Dutzend Menschen das Leben gekostet. Inzwischen war es Sarah Kucholsky gelungen, einen entsprechenden Impfstoff zu entwickeln. Nun hatten die Technos alle Hände voll zu tun, das Serum unter die Leute zu bringen. Während Ibrahim Fahka, Sir Leonard und Breedy das Mittel nach Sainpeert brachten und die Queen mit ihren Helfern die Kranken im Lazaretthaus versorgte, zogen Eve Neuf-Deville, Sarah Kucholsky und Cinderella

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