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257 - Die Spur der Schatten

257 - Die Spur der Schatten

Titel: 257 - Die Spur der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Lichtung, und bevor Pieroo den nächsten Pfeil abschießen konnte, flüchteten zwei junge Bachen mit sieben Frischlingen unterschiedlicher Größe in den Wald, unter ihnen auch das angeschossene Tier. Ein Eber und zwei ältere Bachen aber stürmten zum Rand der Lichtung und umzingelten Pieroos Baum.
    Robin Fletscher, eine Kämpfernatur durch und durch, erfasste augenblicklich und instinktiv seine Chance. Er winkte seine Waldwilden hinter sich her und huschte ins Unterholz. Wie genau er Pieroo den Todesstoß versetzen wollte, war ihm zwar noch nicht klar, doch er wusste, dass er die Zeit nutzen musste, die sein Feind von den wütenden Tieren auf dem Baum festgehalten wurde. Länger als zwanzig oder dreißig Minuten blieben ihm nicht; je nachdem, wie viele Pfeile Pieroo noch zur Verfügung hatte. In seinem Schädel nahm ein Plan Gestalt an.
    »Göttin und Kind?«, flüsterte es hinter ihm. Fletscher drehte sich um und sah den wilden Waldmännern in die fragenden Gesichter. »Wir wissen nicht, wo der Hexer sie versteckt hat, würden zu viel Zeit mit Suchen verschwenden.« Er zeigte in die Richtung, in welcher die Wisaaun verschwunden waren. »Wir holen uns das angeschossene Schwein!«
    Fletscher selbst hätte die Blutspur in Moos, Farn und Unterholz übersehen, nicht so die beiden erfahrenen Barbarenjäger - jeden noch so kleinen Blutstropfen entdeckten sie. Fletscher war zufrieden: Auch Pieroo war ein erfahrener Jäger, auch er würde die Fährte finden.
    Das junge Schwein hatte sich zwischen Dornenhecken in einer Erdkuhle versteckt, das eine umgestürzte Buche im Waldboden hinterlassen hatte. Fletschers wilde Knechte griffen nach ihren Schwertern und machten Anstalten, zu dem angeschossenen Tier hinab zu steigen. Fletscher packte den jüngeren am Oberarm. »Schwachköpfe! Habt ihr noch immer nicht kapiert? Ich will das Vieh lebend!« Sie tauschten verständnislose Blicke. »Es wird der Köder sein, der uns Pieroo in die Falle lockt.«
    Grimmiges Lächeln entspannte die Mienen der wilden Jäger. Sie ließen die Schwerter stecken, krochen die Kuhle hinunter und drangen in die Dornen ein. Sekunden später hörte Fletscher es rascheln und quieken. Zufrieden grinsend sah er zu, wie sie das verletzte Schwein aus dem Gestrüpp und danach hinauf zum Kuhlenrand zerrten. Das Tier war etwa dreißig Zentimeter hoch und wog sicher zwölf Kilogramm; ein Braten, der ihnen für mindestens fünf Tage reichen würde. Fletscher ging davon aus, dass Pieroo ähnliche Gedanken hegte.
    Der große Frischling grunzte ängstlich und schnappte nach seinen Häschern. »Haltet ihm die Schnauze zu!«, blaffte Fletscher. Er kramte ein dünnes Kunststoffseil aus seinem Marschgepäck. Zuerst band er der kleinen Wisaau die Schnauze zu, danach befestigte er ein Führungsseil von zwei Metern Länge am Hals des Tieres. »Reiß ihm den Pfeil aus der Flanke!«, zischte Fletscher an die Adresse des jüngeren seiner beiden Barbarenknechte. »Die Wunde kann ruhig größer werden, sie muss ordentlich bluten.«
    Pups tat, was er verlangte, und die junge Wisaau quiekte erbärmlich. »Hebt den Pfeil gut auf, verstanden?« Fletscher befahl dem Wilden, den er Pieps genannt hatte, das Tier ans Führungsseil zu nehmen und durchs Unterholz hinter sich her zu ziehen. Danach kehrten sie auf den Wildpfad zurück, den Pieroo, Jenny und das Mädchen auf ihrem Weg zur Westküste benutzten.
    »Sie gehen ab jetzt hinter uns«, erklärte er den beiden Waldwilden. »Der Hexer wird der Blutfährte des angeschossenen Tiers folgen, sobald er von dem Baum herunter kann.« Er deutete den Pfad entlang. »Wir werden nun diesem Pfad folgen, bis wir eine Stelle finden, die sich für einen Hinterhalt eignet. Habt ihr das kapiert?«
    Wieder nickten sie, und ihren verschlagen grinsenden Mienen sah Fletscher an, dass sie inzwischen ganz genau begriffen hatten, was er plante. »Kluger Feuerspeermann«, flüsterte Pieps voller Ehrfurcht.
    »Schwarzpelzhexer ist verloren«, raunte Pups. »Kennen gute Stelle Vierteltag von hier. Haben vor drei Wintern dort gejagt.«
    ***
    11. Dezember 2525
    Er sah eine Klippe, tosende Brandung warf sich gegen die Steilwand, und ganz oben, am äußersten Rand, stand Ann und schrie um Hilfe. »Weg vom Abgrund!«, brüllte Matt. »Ich komme zu dir rauf…!« Eine Monsterwelle rollte heran, warf sich mit ungeheurer Wucht gegen die Klippe. Die Felswand gab nach, brach zusammen und stürzte zertrümmert in unzählige Geröllbrocken ins Meer hinab. Und verloren

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