2574 - Das Lied der Vatrox
einer Flut an Daten übergoss. Schwächte sich ab, noch einmal blitzte ein greller
Punkt auf und erlosch.
Der Saal erhellte sich matt dämmrig. Sämtliche Anwesenden verharrten reglos, immer noch
ergriffen.
Lucba fasste sich schneller, schließlich hatte sie so viele Jahre genau auf diesen Moment
hingearbeitet und wusste bereits, was geschah.
Dennoch - diese überwältigende Erfahrung konnte auch sie nicht von sich weisen.
»Dieses Licht ist nur ein Symbol«, begann Lucba mit ihrer Erläuterung. »Ich habe damit etwas
visualisiert, was ich verantwortlich für die Entwicklung unserer Mentalfähigkeiten halte. Ein
Rätsel, das uns schon Jahrtausende beschäftigt und dessen Lösung noch sehr viel fantastischer
ist, als wir je angenommen hätten. Anhand wissenschaftlicher Recherchen und Interviews mit
führenden Wissenschaftlerinnen und Forschern habe ich eine Formel entwickelt, welche dieses Licht
hervorgebracht hat, und nun sollt ihr erfahren, was es damit auf sich hat.«
Die Historikerin verharrte kurz. Natürlich hatte sie im Lauf der Jahre immer wieder mit
anderen Wissenschaftlerinnen zusammenarbeiten müssen, aber keine hatte von dem Projekt in seiner
Gesamtheit erfahren, keine hatte ahnen können, was Lucba nun offenbaren würde.
*
»Bei dem >Licht< handelt es sich um den Nachhall eines sogenannten tiotronischen
Hyperimpulses, mit dem Wissen weitergegeben und zugänglich gemacht wurde.«
Lucba Ovichat zweifelte nicht daran, dass dieser Hyperimpuls in einer bestimmten Absicht von
einem unbekannten Absender ausgestrahlt worden war. Wann und von wo dies geschehen sein
mochte, war nicht nachvollziehbar. Es musste allerdings vor langer Zeit in weiter Ferne geschehen
sein - und es war eine Emission von für Vatrox unvorstellbarer Leistungsstärke.
Auf der Grundlage einer großen Zahl hyperphysikalischer, sich überlagernder Basisschwingungen
wurden Trägerwellen mit auf modulierter Information gebildet.Die Einzelfrequenzen lagen dabei in
Bereichen, in denen es so gut wie kein störendes kosmisches Hintergrundgeräusch gab.
»Ich habe zudem Grund zu der Annahme, dass die Kräfte des Hyperraums selbst zu periodischen
Aufladungen führten und damit wie eine Art Verstärker arbeiteten.« Lucbas Stimme erzeugte trotz
des vollen Saals einen starken Nachhall. Alle Anwesenden lauschten gebannt, das konnte sie
fühlen.
Sie konnte selbst kaum glauben, was sie da sagte. Was sie in all den Jahren akribisch
zusammengetragen, teilweise mit fremder Hilfe analysiert und schließlich in einen logischen und
kausalen Zusammenhang gebracht hatte.
Natürlich fehlte die letzte Bestätigung der Hyperphysiker, die niemals den gesamten Kontext
erfahren hatten, doch Lucba wusste, dass sie auf der richtigen Spur war. Alles passte zusammen -
allein schon durch das Wissen, das sie selbst während der Forschung erlangt hatte ...
Anhand der hyperphysikalischen Struktur konnte davon ausgegangen werden, dass der tiotronische
Hyperimpuls sich ohne nennenswerte Intensitätsabschwächung vom einen Ende des Universums zum
anderen ausbreiten konnte.
»Dies ist natürlich nur eine theoretische Annahme, aber das versteht sich von selbst«, fügte
Lucba ein.
Diese Theorie wurde aber dadurch untermauert, dass Orte mit starker Raum-Zeit- Krümmung, wie
etwa Schwarze Löcher oder Sonnen mit hoher Gravitation, als Reflektor dienten und den Strahl um-
und weiterlenkten. Die Wahrscheinlichkeitsrate dafür war sehr hoch.
»Allerdings funktioniert es nur innerhalb einer bestimmten Bandbreite«, machte Lucba Ovichat
den Zuhörerinnen klar. »Bei zu geringer Raum-Zeit-Krümmung dringt der Hyperimpuls ungehindert
hindurch, reflektiert wird er erst ab einer gewissen Stärke. Und wenn der Wert zu hoch wird, muss
von Absorption ausgegangen werden. Das bedeutet, der Hyperimpuls wird gewissermaßen eingefangen
und festgehalten.«
Die Dauer einer Absorption hing davon ab, inwieweit die Bandbreite konstant war oder
variierte.
»Und damit kommen wir in dieses Sonnensystem, an diesen Ort.« Lucba Ovichats Stimme erhob sich
und nahm einen feierlichen Klang an. »Es ist sehr wahrscheinlich, dass der tiotronische
Hyperimpuls vor Jahrmillionen das Vatar-System passierte - und eingefangen wurde, zumindest für
eine gewisse Zeit.«
Sie ließ die Worte zunächst einwirken und lauschte befriedigt auf das Raunen und Flüstern. Sie
konnte spüren, dass die Frauen fasziniert waren, keineswegs in
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