2574 - Das Lied der Vatrox
des Effektes sein, der schon so lange Einfluss auf uns nimmt.«
Rascheln und Raunen, viele Frauen setzten sich gerade auf, Lucba konnte zustimmende Gesten
sehen. Noch immer hatte sie die volle Aufmerksamkeit, ja mehr noch - die Frauen wollten nun aktiv
dem Geheimnis auf die Spur kommen!
»Weniges, aber immerhin etwas konnte bereits aufgefangen und entschlüsselt werden, nicht
zuletzt dank der Geräte, die ich im Lauf der Jahre immer weiterentwickelt habe«, fuhr die
Historikerin nicht ohne Stolz fort. »Diese Daten lieferten den Hintergrund des tiotronischen
Hyperimpulses, sodass zumindest diese Entdeckung gesichert ist. Nur leider sind von den bis heute
verbliebenen Informationen nicht mehr als Fragmente übrig, sodass ich keinen Aufschluss darüber
erhielt, wer einst diesen Strahl aussendete - und warum.«
Lucba musste sich räuspern und hob eine Hand. »Ich bitte noch einmal um Aufmerksamkeit für
eine letzte Simulation, die den Abschluss des Vortrags bildet. Diesmal geht es nicht um Sehen,
sondern Hören. Lauscht dem Gesang, der uns als wunderbares Geschenk eines unbekannten Wohltäters
zuteilwurde.«
Sie löschte erneut das Licht und ließ nun die akustische Simulation auf die Anwesenden
einwirken, jenes Rauschen, das so fremd und doch vertraut war, das die Frauen fanden, wenn sie
die mentalen Fühler ausstreckten, und das sie bisher nie hatten ergründen können. Es war nicht
alles, was sie jemals fanden, doch es nahm einen großen Bereich ein. Nun endlich würde sich das
Geheimnis nach und nach lüften.
Mit geschlossenen Augen ließ Lucba Ovichat das Summen und Rauschen auf sich einwirken, den
Klang der Vergangenheit, jene Nachricht eines fernen Volkes, das wahrscheinlich längst nicht mehr
existierte.
Ein unvergleichliches Epos.
Es war das schönste Lied, das sie je gehört hatte.
*
Zwischenspiel
Geblendet schloss der Großteil der Frauen die Augen, als Lucba unvermittelt, nachdem die Ohren
gesättigt waren, das Licht aktivierte, und zwar auf voller Stärke. Die Kuppel ließ sie weiterhin
verdunkelt.
»Ich danke für die Aufmerksamkeit«, ließ sie ihre Stimme laut erschallen. »Damit wäre der
erste Teil beendet. Wir legen eine kurze Pause ein, um eine Erfrischung zu uns zu nehmen, doch
dann geht es gleich weiter mit den Präsentationen, die euch vor dem Hintergrund dessen, was ihr
soeben erfahren habt, den Atem rauben werden.«
»Den hast du uns bereits jetzt geraubt!«, erklang eine Stimme von irgendwo, und dann wurde
Lucba beinahe taub von dem tosenden Applaus, der darauf folgte.
Die Frauen sprangen auf, schrien und trampelten, und einige rannten auf Lucba zu.
Glücklicherweise griffen sofort die robotischen Saaldiener ein, stellten sich schützend vor
die Historikerin und wehrten die Anstürmenden ab. So unbeherrscht hatte Lubca die Vatrox-Frauen
noch nie erlebt.
Hunderte Roboter flogen mit großen Tabletts herum, was die Gäste hoffentlich ablenkte und ein
wenig beruhigte.
Lucba hatte für einen Moment Angst bekommen; sie hatte zwar auf Beifall gehofft, aber dieser
Überschwang erschreckte sie. Der ganze Saal befand sich im Taumel, und Olea brauchte einige Zeit,
bis sie sich zu Lucba durchgekämpft hatte.
»Davon wird Vat noch lange sprechen«, sagte sie, während sie gleichzeitig ihr
Multifunktionsarmband bearbeitete. »Du hast recht gehabt mit deiner Ankündigung, dass dies eine
Umwälzung bedeutet. Nach diesem Tag wird unser Volk nie mehr sein wie vorher.«
Lucba nickte, dann neigte sie den Kopf zur linken Seite.
»Ich habe deinen Vortrag auf alle Lautsprecher draußen übertragen lassen«, fuhr die
Organisatorin fort. »Das Licht haben sie natürlich nicht mitbekommen und das akustische Signal
wahrscheinlich auch nicht, aber den ganzen Rest. Gratuliere, du hast es geschafft. Ab heute
werden alle Mädchen nur noch Historikerin werden wollen.«
»Danke!«, sagte Lucba spröde.
»Für einen Moment dachte ich, die zerquetschen dich wie der Tsunami«, bemerkte Olea. »Ein
Glück, dass ich streng auf die Vorschriften geachtet habe, obwohl es noch nie einen derartigen
Tumult gegeben hat.« Sie wies auf die Zuschauerinnen. »Sieh sie dir an, sie sind völlig außer
sich. Sie reden alle gleichzeitig, um ihre Eindrücke und ihre Faszination herauszulassen. Die
Männer wären entsetzt, uns so zu erleben.«
»Aber sie erfahren es?«, fragte Lucba vorsichtig an.
»Es geht wahrscheinlich bereits durch alle
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