2574 - Das Lied der Vatrox
Risiko bereit?«
Die Augen der Steuerfrau glühten. »Du tust das nur, um deine Fähigkeiten und die des Schiffes
zu testen! Dir geht es überhaupt nicht um die Frauen da drüben!«
»Ist das auch fürs Protokoll?«
»Nein! Aber ...«
»Computer, den letzten Dialog löschen«, gab Cagra Anweisung. »Und beenden.«
Die Navigatorin sprach dazwischen: »Wir nähern uns auf Kollisionskurs.«
Cagra nickte zufrieden. Die Steuerfrau stand mit ihren Bedenken allein da. Alle machten ihre
Arbeit, ganz so, wie es sein sollte.
Leider hatte sie nicht ganz unrecht, Cagra wollte tatsächlich bis zum Äußersten gehen, um
Erkenntnisse für die weitere Entwicklung zu gewinnen.
Sie unternahmen keine Spazierfahrt. Wer sich als Raumfahrerin bewarb, wusste um die Risiken
und Gefahren.
Und irgendein seltsames Gefühl sagte Cagra, dass die Besatzung noch lebte.
*
Die Kommandantin übernahm die manuelle Kontrolle über das Schiff, mit Unterstützung des
Navigationscomputers, der Navigatorin und der Steuerfrau. Es gab keinen Widerstand mehr, nun
musste alles funktionieren, denn ein Zurück gab es nicht.
Ihr Plan war tatsächlich Wahnsinn. Doch eine solche Gelegenheit fand sich nicht wieder. Es war
schlimm genug, das Schiff aufgeben zu müssen, aber mit völlig leeren Händen würde Cagra Honovoch
nicht zurückkehren. Dieser Flug durfte nicht umsonst gewesen sein!
Alle trugen inzwischen Raumanzüge mit geschlossenen Helmen. Der Scan hatte hohe
Strahlungswerte auf dem havarierten Schiff angemessen, zudem war dort drüben tatsächlich alles
ausgefallen. Ein toter Metallklumpen trieb durchs All.
Cagra hielt die Steuerung in ruhigen Händen, sie war völlig auf das Ziel konzentriert. Der
Kursvektor war mehr als heikel, vor allem galt es, den richtigen Moment für die Korrekturdüsen
und den Gegenschub zu erkennen. Sie mussten so nah wie möglich längsseits gehen, damit sie kein
Loch in die Außenhülle der ASTAVER schneiden mussten, um hinüberzugelangen.
Die beiden Frauen, die für den Zapfvorgang eingeteilt waren, warteten bereits an der Schleuse;
sie würden als Erste aussteigen. Wenn sie einigermaßen gut manövrierten, waren die Wege nicht
weit.
»Jetzt!«, rief Cagra. »Gegenschub! Rechte hintere Düse! Stopp! Vorderer linker Schub, nur ganz
kurz ... Stopp!« Wie ein Hagel prasselten die Befehle auf die anderen herab, deren Hände über die
Konsolen flogen. Die Stabilisierung bei diesem Schleuder- und Stotterkurs zu halten war eine
echte Herausforderung.
Das erste Manöver ging schief, die rechte Flanke stieß in das havarierte Schiff. Es schüttelte
die VASTARU durch. Sie beschwerte sich mit lautem Kreischen und Knirschen und schwang herum,
wobei sie mit dem Heck in die ASTAVER krachte.
»Ha! Wir sind längsseits!«, triumphierte Cagra.
Die Schadensmeldungen überschlugen sich, aber bisher war es nichts Bedrohliches. Die
Außenhülle war stark eingedellt, einige Aufbauten abgerissen, und die eine oder andere Steuerdüse
funktionierte nicht mehr. Das Schiff war schon ein halbes Wrack. Aber es gab keinen Riss, kein
Loch, keinen Brand, und die Mannschaft hatte es auch überstanden.
Ohne Verzögerung machten sie weiter, der Countdown lief, das Zeitfenster wurde immer kleiner,
und noch wussten sie nicht, ob sie tanken konnten.
»Niemand in der Zentralekanzel!«, stellte die Funkerin fest.
»Vielleicht liegen sie am Boden, dann sehen wir sie nicht«, versetzte die Steuerfrau.
»Konzentration!«, schrie Cagra sie an und gab stakkatoartig die weiteren Befehle, denn jetzt
kam es auf jeden Bruchteil Reaktionsverzögerung an, der eine Katastrophe verursachen konnte.
Erneut stieß die VASTARU zu heftig an die ASTAVER und prallte ab, bevor die Steuerfrau die
Andockklammern ausfahren konnte.
»Sie wären uns ohnehin abgerissen, wenn ich es getan hätte, die Drift ist zu stark!«
»Nächster Versuch!« Cagra knurrte. Es wurde schwierig, viel Zeit blieb ihnen nicht mehr. Ein
weiteres Versagen, und auch für die VASTARU gäbe es keine Umkehr mehr.
Die ASTAVER aber gab sich spröde, sie stieß und rempelte gegen die VASTARU, taumelte von ihr
fort und entzog sich dem Zugriff.
»Jetzt gehen wir noch einmal aufs Ganze«, presste Carga hervor. »Achtung - Schub!«
»Zu schnell!«, schrie die Steuerfrau panisch.
Die VASTARU donnerte gegen die ASTAVER, als diese gerade in ihre Richtung taumelte.
Die Steuerfrau reagierte augenblicklich, fuhr sämtliche Andockklammern aus, die
Weitere Kostenlose Bücher