2574 - Das Lied der Vatrox
Großtransporter kann ein Ersatztriebwerk hinaufbringen, das der ASTAVER zur Landung
verhilft.«
»Nun ...«, hörte Cagra eine Stimme aus dem Hintergrund, die sie nicht hören wollte. Eine
männliche Stimme.
Sie fuhr zu Lofoch herum. »Hindernis?«
»Der Treibstoff«, antwortete er. »Mit der ASTAVER im Schlepptau schaffen wir es nicht mal
annähernd bis zum Orbit von Vatar IX.«
Cagra drehte den langen schmalen Kopf. Dahinten bewegte der öde, mondlose kleine
Gesteinsbrocken sich langsam auf seiner weiten Bahn um die Sonne. Greifbar nah. Und doch
unendlich weit entfernt, genauso weit wie ein Weg durch ein Zimmer, wenn man keine Gliedmaßen zum
Kriechen besaß.
»Und da ist noch etwas«, fuhr der Systemwächter fort. »Wir haben nur ein Zeitfenster von
höchstens zwei Stunden, dann ist es auch für uns zu spät, wieder umzudrehen, weil wir zu weit
draußen sind.«
Und sie hatten das Schiff nicht einmal erreicht.
Die Kommandantin dachte nach. Wägte ab und schätzte, verschwendete aber keine Zeit. Ihr
Verstand arbeitete auf Hochtouren.
»Also schön, dann bleibt uns wohl keine andere Wahl.« Cagra wandte sich an die gesamte
Zentralebesatzung. »Wir werden da drüben andocken und nach Überlebenden suchen. Nehmen sie an
Bord und werfen dafür überflüssigen Ballast raus. Und dann geht es zurück. Zwei Stunden - die
Zeit läuft.«
Ein hörbar scharfes Einatmen ging durch den engen Raum, der vollgestopft war mit blinkenden
und summenden Geräten, die die Luft metallisch schmecken ließen und unangenehme Wärme
verbreiteten.
»Aber ...«, setzte die Steuerfrau an.
»Ja?«
»Das Schiff ist auf instabiler Bahn, unkontrolliert, ungesteuert. «
»Deswegen werden wir auch keine Greifarme benutzen, sondern andocken, wie ich gerade sagte.«
Cagras Stimme nahm einen zusehends ungeduldigeren Klang an. »Wir müssen nur rechtzeitig
abbremsen, ein bisschen Schub hier und da geben, und dann sind wir schon dran, ohne dass wir mehr
als Schrammen abbekommen. Wenn du nicht zu langsam bist und sofort die Andockklammern ausfährst,
driften wir auch nicht mehr auseinander. Für die Rettungsaktion brauchen wir keinen aktiven
Antrieb, das schont die Reserven.«
»Abgesehen davon, dass wir uns immer weiter von Vatar IX entfernen«, bemerkte Lofoch. »Das
verringert unser Zeitfenster. Und zwar so, dass bereits der Gedanke, dort andocken zu wollen, zum
Scheitern verurteilt ist.«
Cagras Gesichtshaut bildete steile Falten. Die Sache mit dem Treibstoff ging ihr zusehends auf
die Nerven. Es mussten umgehend andere Antriebsmöglichkeiten gefunden werden - nicht bloß
effizientere Reserven und Speichermedien, sondern ihr schwebte eine völlig neue Energieform vor,
die am besten auch unterwegs erneuert werden konnte.
»Zwei von euch werden sich mit einem Zapfschlauch bewaffnen und den restlichen Treibstoff von
dort drüben zu uns holen, während die anderen nach der Besatzung suchen. Da wir auf Betankung im
All eingerichtet sind, sollte das möglich sein.«
Während sie diskutierten, kam die VASTARU der ASTAVER immer näher.
Die Kommandantin nahm drohende Haltung ein. »Und ich will nicht hören, falls dort drüben
überhaupt noch was zu zapfen ist, verstanden?«
»Zu Befehl«, sagte der Mann. »Werde alles vorbereiten.«
»Bei allem Respekt«, schaltete sich die Steuerfrau wieder ein. »Aber ich muss gegen dieses
unsinnige Vorhaben protestieren.«
»Zur Kenntnis genommen«, unterbrach Cagra.
»Nein, fürs Protokoll!«, ereiferte sich ihre Stellvertreterin und schaltete das Logbuch zu.
»Dieses Unterfangen ist zum Scheitern verurteilt, und das Risiko, dieses Schiff auch noch zu
verlieren, ist bedeutend höher als der zu erwartende Nutzen. Die ASTAVER muss ohnedies
abgeschrieben werden! Das Leben der Besatzung derart aufs Spiel zu setzen für eine Besatzung, die
möglicherweise bereits den Strahlentod gestorben ist, widerspricht den Regeln der Raumfahrt.«
»Ah, Meuterei«, sagte Cagra. »Ebenfalls zur Kenntnis genommen. Und jetzt führt meine Befehle
aus!«
»Das werde ich nicht tun!«, lehnte die Steuerfrau ab.
»Das ist bei dir auch nicht notwendig, denn du wirst ohnehin nicht steuern!« Cagra holte das
Steuerterminal zu sich heran. »Ich überlasse mein Schiff nicht inkompetenten und vor allem
zaudernden Händen. Ich erledige das selbst, aber ich könnte dich als Copilotin brauchen. Traust
du dir das zu? Wärst du wenigstens zu diesem minimierten
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