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2574 - Das Lied der Vatrox

2574 - Das Lied der Vatrox

Titel: 2574 - Das Lied der Vatrox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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sie tief und traumlos, und doch hatte sie das

Gefühl, jeden Morgen müder aufzuwachen. Manches war für sie nachvollziehbar, anderes nicht.
    Eines jedoch ließ sich nicht leugnen: Das Gedankenlesen war keine einmalige Sache gewesen, und

es hatte auch nichts damit zu tun, dass Garona ihre Schwester war. Irgendetwas hatte die bis

dahin schlummernde Gabe aktiviert und Cagra zur Gedankenleserin gemacht. Und ihre Fähigkeiten

waren weitaus stärker als ursprünglich angenommen.
    Als der ehemaligen Kommandantin das klar wurde, machte sie sich auch keine Illusionen über ihr

weiteres Schicksal. Sie kam nie mehr aus dieser »wissenschaftlichen Einrichtung« raus.
    Doch ganz so kam es nicht. Eines Tages standen wiederum zwei »Begleiterinnen« vor ihrer Tür

und forderten sie auf, ihnen zu folgen. Zu Cagras Erstaunen wurde sie zu einem Gleiter

eskortiert.
    Zum ersten Mal wieder zu fliegen, wenn auch nicht selbst steuern zu können, war ein erhebendes

Gefühl. Cagra vermisste das All unendlich, ihr Kommandantenpodest, die Steuerung in Händen.

Alles, was sie wollte, war dorthin zurückzukehren.
    Der Gleiter flog auf das Zentrum zu und steuerte am Rand eines riesigen Platzes den Ausleger

eines überraschend niedrigen und bescheiden aussehenden Gebäudes an. Nicht einmal zwanzig

Stockwerke, und die Form war interessant, das Dach wie eine Kuppel geformt, die Kanten mit Bögen

verziert, die irgendwie an ein stilisiertes Abbild des Vatar-Systems erinnerten.
    In einem Konferenzraum warteten sechs Frauen auf Cagra, zwei jünger und die anderen deutlich

älter als sie.
    »Ich bin Usenba Sirenoch«, ergriff zu Cagras Erstaunen die Jüngste der sechs das Wort. Sie war

eher klein und sehr zierlich, doch ihre Hautfalten zeigten einen starken Willen.
    Wie fühlst du dich?, wurde gleichzeitig die erste Frage lautlos gestellt.
    Cagra war verblüfft, bisher hatte sie nie kommuniziert, sondern sich vielmehr darauf

konzentrieren müssen, die Gedanken anderer zu erkennen. Es war nicht so, dass sie durch ihre Gabe

automatisch die Gedanken aller empfangen konnte, sondern sie musste sich aktiv konzentrieren.
    Danke, gut, antwortete sie. Wie leicht das geht...
    Ja, weil wir beide ausgebildet sind und einen bestimmten Grad an Begabung

haben.
    Usenba Sirenoch wies auf die Stühle, und sie nahmen alle Platz. Die anderen Frauen stellten

sich nicht weiter vor, aber sie schickten einen kurzen, höflichen Gedankengruß an Cagra.
    »Unser Volk«, sprach die Wortführerin, »ist dabei, einen neuen Weg zu beschreiten. Was uns

sehr dienlich ist. Über viele Generationen hinweg haben wir uns zuerst unsere Heimat Untertan

gemacht. Dann konnten wir uns mit Entwicklung der Raumfahrt das ganze Vatar-System zunutze

machen. Doch hier stoßen wir an unsere Grenzen, denn nach wie vor ist es uns nicht möglich,

Überlichtgeschwindigkeit zu erreichen.«
    »Deshalb bemühe ich mich auch, bessere Systeme zu entwerfen, die ...«, setzte Cagra an, doch

sie wurde unterbrochen.
    »Das haben wir zur Kenntnis genommen, und deine bisherigen Erkenntnisse und Erfahrungen werden

uns sicherlich von Nutzen sein. Doch das ist nicht Aufgabe und Ziel dieses Ordens.«
    Cagra horchte auf.
    Usenba neigte den Kopf nach links. »Ganz recht: Orden. Dieses bescheidene Gebäude hier

ist der Sitz des Vamu-Ordens.«
    »Ein großer Name«, stellte die ehemalige Kommandantin fest. »Um nicht zu sagen:

hochtrabend.«
    Vamu war der bedeutendste und stärkste Begriff im Wortschatz der Vatrox. Er bedeutete

»das Erste, das Einzige, das Einzigartige«.
    Usenba zog die Lippen nach oben. »Aber er trifft es genau, denn wir haben vor, die Geschicke

des Volkes in unsere Hände zu nehmen.«
    »An der Regierung vorbei?«
    »Das ist kein Problem.« Usenba wies auf zwei ältere Frauen. »Diese gehören dem

Regierungsgremium an. Aber lass es mich erklären: Während die Raumfahrtbehörde sich um bessere

Technik bemüht, bemühen wir uns um bessere Vatrox. Und besser heißt in diesem Fall: höher entwickelt. Wir wissen nicht, wodurch es ausgelöst wurde, doch es hat sich

herausgestellt, dass seit einigen Generationen Veränderungen auftreten, die Frauen dazu

befähigen, Gedanken zu lesen.«
    »Was, nur Frauen?«
    »Ja. Es ist erstaunlich, und wir haben keine Antwort darauf, aber kein einziger Mann hat auch

nur annähernd eine Fähigkeit wie unsere entwickelt. Im Gegenteil: Es ist uns sogar unmöglich, die

Gedanken der meisten Männer zu lesen.

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