2576 - Tor nach Terra
hängenden Krish'un-Umhang und warf ihn über die Schultern. Beruhigende
Schwingungen drangen in mein Wachbewusstsein - die nonverbal signalisierte Bereitschaft, im
Notfall schützend meinen Körper zu umhüllen.
Das von einem bizarren Muster fürchterlich bunter Farben überzogene warme und schillernde
Material war in Wirklichkeit ein halb pflanzliches, halb tierisches Lebewesen, ursprünglich
Kennzeichen der 161 lemurischen Tamräte und nicht imitierbares Symbol ihrer Macht.
»Keine Hyperfunkverbindung nach außen.« Sato wischte sich über den Mund.
»Normalfunk tot. Kontakt zur JV abgebrochen!«
*
Fast zeitgleich »materialisierten« auch im Inneren der ATLANTIS Nebelschwaden und Dunst - fast
so, als würde der Solonium-Hypertakt-Kreuzer mehr und mehr Bestandteil dieser fremdartigen
Umgebung.
»HÜ-Schirm ausgefallen!«, rief Tirsy. »Einfach weg ... Umschaltung auf Notenergieversorgung
klappt. Wenigstens etwas.«
Omar Marun, der imartische Leiter der Positroniken, blähte die mächtige Tonnenbrust und strich
sich über das violett schimmernde Haar, während die birkengrüne Hautfarbe einen ungesunden
bräunlichen Schimmer annahm. »Entladungen, Kriechströme. Viele Aggregate auf Hyperbasis, so die
erste Auswertung, funktionieren nur noch eingeschränkt.«
Tovi reagierte sarkastisch. »Was du nicht sagst - schau dich mal um, Positronenknecht.«
»Können vor Lachen, Pantherlein. Ich seh kaum noch was ...«
Ich hob die Stimme. »Canio?«
»Wir sind, was die Instrumente betrifft, leider weitgehend blind und taub. Mangels eindeutiger
Referenzwerte ist nicht mal festzustellen, ob die ATLANTIS bewegungslos irgendwie und -wo in
diesem Nebel schwebt oder ob sonst etwas mit ihr geschieht. Es gibt nicht einmal mehr eine klar
zu identifizierende Schwerkraftwirkung.«
»Als sei die Erde verschwunden ...« Sato musterte irritiert die Anzeigen und Holos seines
Pults. »Oder besser: wir. Eingedrungen in ein anderes Kontinuum - und dabei auf halbem Weg
stecken geblieben, ohne entmaterialisiert worden zu sein.«
»Was ist mit der Normaloptik?«, wollte Vashari wissen. Die knabenhafte Statur der Terranerin
zeigte keine Anzeichen von Desorientierung - die Frau war und blieb ein durchsetzungsstarkes
Energiebündel. Ich hatte sie nicht umsonst eine »harte Probezeit« absolvieren lassen, ehe ich sie
zur Kommandantin ernannt hatte.
Im Hauptholo wogten graue Schlieren. Dann wurde »unter« der ATLANTIS von den normaloptischen
Sensoren ein vager Schemen in dem ansonsten ziemlich einförmigen Nebel angezeigt. Ein »Etwas«,
das mit viel gutem Willen - samt Hoffnung und Optimismus - als Landmasse im weitesten Sinn
gedeutet werden konnte.
Talanis?
Obwohl von den wenigen Sensoren, die noch funktionierten, keine Eigenbewegung des Kreuzers
angemessen wurde, lieferte die rein optische Erfassung den Eindruck, dieser Landmasse
entgegenzusinken. Oder wie immer diese Pseudobewegung umschrieben werden kann.
Und dann begannen die Visionen ...
Zwischenspiel 27. bis 29. April 1463 NGZ
Reginald Bull fluchte ziemlich unbeherrscht, als ihm der Abbruch der Verbindung zur ATLANTIS
gemeldet wurde.
Nach wie vor leuchteten die Holos in seinem Büro und informierten den Verteidigungsminister
der LFT über die wichtigsten Ereignisse. Nur das Terrania-Panorama des Wandholos war inzwischen
desaktiviert.
Die Sitzung des Hauptkrisenstabs des Residenz-Parlaments unter Leitung der Ersten Terranerin
Henrike Ybarri in der Solar Hall war unterbrochen und würde erst in einigen Stunden wieder
aufgenommen werden. Auch in der Verbindung zum Flottenoberkommando in der neuntausend Meter
durchmessenden Tief bunkerkugel unterhalb von Antares City war vorläufig Ruhe eingekehrt,
Ähnliches galt für die Standleitung zu NATHAN.
Lech Hallon reckte die schlanksehnige Gestalt, sein Gesicht erschien Bully noch schmaler.
»Selbst mit dem Meta-Orter der JV-1 ist sie nicht mehr anzumessen. Es sieht fast so aus, als sei
der Kreuzer spurlos verschwunden oder an ein unbekanntes Ziel transitiert - obwohl keine
Strukturerschütterung angemessen wurde.«
Dafür gab es in der Nebelkuppel selbst heftige Reaktionen - eine Art hyperphysikalisches
Gewitter mit zum Teil beachtlichen Entladungen, die weit in die Erdatmosphäre hinaufreichten.
»Vielfach gibt es hierbei äußerliche Ähnlichkeiten zu exotischen Blitzformen, im Kern handelt
es sich aber um hyperenergetische Prozesse.«
Die schmalrückige
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