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2579 - Der Spieler und die Toten

2579 - Der Spieler und die Toten

Titel: 2579 - Der Spieler und die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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letzte Stück wollte er mittels Flugaggregat zurücklegen.
    Der Sontaron-Generator wirkte an der fast fugenlos glatten Unterseite der Plattform wie ein

riesiges Tor von etwa zweihundert Metern Durchmesser. Im Innern des kreisrunden Rahmens pulsierte

in irisierendem Dunkelblau eine Fläche, die Saedelaere an ein Kristallgitter erinnerte.
    Während des Fluges hörte Saedelaere nur das Summen des Rückentornisters und seine eigenen

hastigen Atemstöße.
    Das Wispern, auf das sich das mahnende Schauspiel in den letzten Minuten reduziert hatte,

verschwand gänzlich.
    Er nahm an, dass er von einem ähnlichen Effekt profitierte, wie er im Zentrum eines Sturms

herrschte: Die Kräfte neutralisierten sich gegenseitig.
    Die Erleichterung währte nur kurz.
    Bevor er auf der Plattform aufsetzte, glaubte er im pulsierenden Kristallgitter das Antlitz

eines Mannes zu erkennen. Er erschrak heftig - ohne zu wissen, weshalb.
    In diesem Moment explodierte das Cappinfragment in seinem Gesicht mit einer Lichtkaskade.
    Saedelaere schrie auf, als sich der Klumpen mehrmals heftig zusammenzog. Es fühlte sich an,

als würde ihm jemand den Fremdling mit einem glühenden Messer herausschneiden.
    Sekundenlang sah er nur gleißende Helligkeit. Er wollte die Augen schließen, merkte aber, dass

er sie längst reflexartig geschlossen hatte und das Licht durch seine Lider derart grell

wahrnahm.
    Er spürte, wie er gegen die Plattform stieß. Der SERUN milderte den Aufprall ab. Mehrere wilde

Herzschläge lang verarbeitete er die widersprüchlichen räumlichen Eindrücke, bis er begriff, dass

auf der Plattform künstliche Schwerkraft herrschte und die Unterseite für seine Wahrnehmung nun

»oben« war.
    Etwas Weiteres erkannte er ebenfalls: den Grund, weshalb er zuvor so erschrocken war. Das

Gesicht, das er kurzzeitig gesehen hatte - oder es zumindest gemeint hatte -, war sein eigenes

gewesen.
    Das Gesicht von Alaska Saedelaere.
    Das Gesicht des einfachen Technikers, der er vor dem Transmitterunfall gewesen war.
    Ohne Maske, ohne Cappinfragment - sogar ohne die wächserne Blässe, die es nach dem Verlust des

ersten Fragmentes gezeigt hatte.
    Er öffnete die Augen, stierte durch die flirrende Helligkeit, bis er das ins Riesenhafte

vergrößerte Gesicht deutlich vor sich sah. Es schwebte über dem Kristallgitter, als wolle es ihn

aufmerksam betrachten.
    Saedelaere erkannte, dass das Bild gespiegelt war, vermochte dieses Detail aber ebenso wenig

einzuordnen wie den Rest dieser bizarren Situation.
    Was sollte er tun?
    Mit dem Strahler auf das Kristallgitter schießen in der Hoffnung, dass er damit die Sendung

des mahnenden Schauspiels beendete?
    Bevor er den Gedanke zu Ende denken konnte, zerstob das Abbild seines unbedeckten Gesichts in

einer Kaskade aus Myriaden von Bildern.
    In irrer Geschwindigkeit sah er Momentaufnahmen aus dem mahnenden Schauspiel: die Halle der

Harmonie, das Schloss Elicon, die Zwillingssonnen, der See - glatt und aufgewühlt zugleich -, die

einzelnen Figuren in unzähligen unterschiedlichen Situationen. Bilder der Angst, der Freude, der

Verzweiflung, der Wut ... so viel Wut!
    Gequält senkte er den Blick.
    So viele Bilder. Eindrücke.
    In jedem Splitter innerhalb des Kristallgitters verbarg sich wahrscheinlich eine

Momentaufnahme des mahnenden Schauspiels.
    »Was tust du hier?«
    Saedelaere schrak zusammen. Hatte er sich die Stimme nur eingebildet? Suchend sah er sich

um.
    »SERUN, woher kam diese Stimme?«
    »Ich kann niemanden erkennen, Alaska. Dafür messe ich seit zwei Sekunden einen starken,

achtzig Meter durchmessenden Schutzschirm an, der uns umschließt. Er reicht bis an die Membrane

des Sontaron-Generators. Und er wird gerade mit Luft geflutet.«
    »Du darfst nicht hier sein!«
    Es war eine weibliche Stimme. Sie kam Saedelaere bekannt vor.
    »Sieh mich an, wenn ich mit dir spreche, Maskierter!«
    Saedelaeres Kopf ruckte herum. Keine zwanzig Schritte von ihm entfernt stand wie hingezaubert

die Prinzessin aus dem mahnenden Schauspiel. Oder besser gesagt: die Mimin Arden Drabbuh in der

Verkleidung der Prinzessin.
    »Was hast du hier verloren?«, fuhr sie ihn an. »Du solltest in deiner Logenkapsel sein!«
    »Das Schauspiel hätte mich beinahe getötet!«, rief Saedelaere. »Die Emotionen sind zu

stark!«
    »Was fantasierst du da, Maskierter?«, fragte eine bassige Stimme von der linken Seite her.
    Saedelaere fuhr herum. Noser Netbura in der Kostümierung des alten

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