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258 - Chronik des Verderbens

258 - Chronik des Verderbens

Titel: 258 - Chronik des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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von E'fah zurück, die einst als Halbschwester und Gattin von Ramses in einem Menschenkörper über Ägypten geherrscht hatte. Damals war sie der Macht verfallen. Allein um ihren Kombacter zurückzuerlangen, hatte sie Tausende von Menschen in den Tod geschickt. Als Krönung ihrer Schreckensherrschaft hatte sie sich dem HydRat entzogen und seinen Abgesandten getötet.
    Und nun spielt sie hier mit aller Unschuld eines Kindes.
    Nun ja, nicht ganz. Gilam'esh war nicht verborgen geblieben, dass E'fahs Körper schon weiter entwickelt war als der seine. Sie überkamen bereits die ersten hormonellen Schübe. Noch waren ihre Gefühle nur korallenrote Verliebtheit, doch wie lange noch?
    »Ich habe ein altes Messer gefunden!« E'fah schwamm aufgeregt zu ihm hinüber und hielt ihm das Messer hin. Es war aus dem spitzen Horn eines Sord'finns - eines mutierten Schwertfisches - geformt. »Willst du es haben?«
    Gilam'esh beschloss, sie auf ihre Schwärmerei anzusprechen. »E'fah… Du gibst dir viel zu viel Mühe, mir zu gefallen.«
    Das Hydritenmädchen verzog die schmalen Lippen. »Du magst mich doch, oder?«
    »Sicher, aber ich…«
    »Dann nimm!« Sie hielt ihm das alte Messer, das vielleicht seit Jahrtausenden im Sand am Rande der Muschelstraße gelegen hatte, direkt vors Gesicht.
    »E'fah, ich muss nachdenken und mich auf die Zukunft vorbereiten«, sagte er leise. »Das Volk der Hydriten hat viel zu erfahren. Die Stunde der Wahrheit rückt näher. Ich weiß nicht, ob alle damit umgehen können.«
    E'fah legte das Messer neben ihm ab und setzte sich neben ihn. »Das werden sie. Es wäre doch verrückt, wenn sie sich gleich gegenseitig die Köpfe einschlagen würden, nur weil ihnen jemand die Wahrheit sagt.«
    Gilam'esh sog gequält Wasser zwischen die Kiemen. »Aber genau davor habe ich Angst. Du kennst die Menschen. Du warst selbst wie sie. Sind die Hydriten ihnen wirklich so unähnlich? Sind wir nicht trotz aller Fremde wesensverwandt? Wäre es nicht vielleicht besser, zu schweigen und den Hydriten ihre Vergangenheit vorzuenthalten?«
    »Du kannst die Wahrheit nicht verschweigen und deine Anwesenheit in Gilam'esh'gad verleugnen.« E'fah stand auf und stemmte ihre kleinen Flossenhände über dem Lendenschurz in ihre Seiten. »Und jetzt hör auf, Trübsal zu blasen! Lass uns zu den Blaugrasstauden schwimmen! Um diese Zeit kommen immer die Buntbärte. Es macht so viel Spaß, sie an den Schwanzflossen zu ziehen.«
    Gilam'esh verzog das Gesicht. Er wollte jetzt wirklich nicht nach Fischen Ausschau halten. Während er sich alle Mühe gab, seinen begrenzten Geistbereich zu vergrößern, genoss es E'fah in vollen Zügen, wieder ein Kind zu sein. Er aber wollte das nicht. Es gab zu viel, was er bedenken musste.
    E'fah versuchte ihn mit sich zu ziehen. »Komm schon, Gila, wir werden Spaß haben!«
    »Ich möchte nicht, E'fah! Weder den Spaß, noch dich!«
    Der Satz war ihm einfach herausgerutscht. Als er in E'fahs verletztes Gesicht sah, wünschte er sich, er hätte geschwiegen. Diese verdammten Hormone, die jedes taktisch kluge Gespräch unmöglich machten!
    »Es ist wegen meiner Vergangenheit, nicht wahr?«, sagte die Hydritin traurig. »Aber ich gebe nicht auf! Ich kann auch gut sein! Ich bleibe bei dir und beschütze dich, bis du erkennst, was du für mich fühlst!«
    »E'fah…«, wehrte Gilam'esh schwach ab. Wie konnte er ihr seine Lage begreiflich machen?
    Eine Bewegung lenkte ihn ab. Die Muschel an seinem Hüftgürtel vibrierte leicht. Gilam'esh machte sie vom Gürtel ab. »Ja? Was ist los, Clarice?« Er war dankbar über die Störung.
    »Ich brauche dich hier im Labor.«
    »Was ist denn so dringend?«
    »Die neuen Klonkörper sind bezugsfertig.«
    »Jetzt schon? Das ist ja großartig! Wie hast du das geschafft?« Erleichterung überschwemmte ihn wie eine Flutwelle. Das war die Lösung seines aktuellen Problems. Endlich würden E'fah und er aus dem vorpubertären Zustand befreit werden!
    »Ich komme sofort, Clarice!«, plapperte er weiter, ohne ihre Antwort abzuwarten. »Bis gleich!«
    E'fah blickte ihn misstrauisch an. »Das ist aber schnell gegangen. Es sollte doch noch Monate dauern, bis die Klone fertig sind.«
    »Irgendwie muss Clarice den Prozess beschleunigt haben«, tat Gilam'esh ihre Bedenken ab. »Lass uns ins Labor schwimmen, dort werden wir es erfahren.« Er wartete auch ihre Entgegnung nicht ab, nahm das Messer, schob es in den Lendenschurz und schwamm hastig voran. Die Aussicht, bald in einem erwachsenen Körper

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