Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2582 - Ein Kind der Funken

2582 - Ein Kind der Funken

Titel: 2582 - Ein Kind der Funken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
Vom Netzwerk:
zu verankern, dass er

der reißenden Strömung widerstand.
    Eine Weile hielt Tanio inne und zitterte vor sich hin. Dann stieß er sich ab, sprang auswärts

und materialisierte, schwer atmend, an einem unbekannten Ort.
    Zweifellos befand er sich nicht mehr innerhalb der JULES VERNE. Zu fremdartig streng war die

Architektur.
    Die Umrisse der flachen, kastenförmigen, blausilbern glänzenden Aufbauten wirkten extrem

scharfkantig und wie mit dem Lineal gezogen. Vom Größten ins Kleinste schien alles denselben

Proportionen zu folgen: eins zu vier zu neun in Höhe, Breite und Länge, schätzte Tanio.
    Er war allein.
    Seine Schritte hallten verloren in dem Saal, an den sich hinter einem offen stehenden,

rechteckigen Portal ein weiterer, identisch gestalteter Saal anschloss und dahinter noch einer

und noch einer. In der Luft lag ein kaum hörbares Britzeln.
    War er mit einer einzigen Versetzung, die ihm sehr kurz und zugleich unendlich lang

vorgekommen war, im Handelsstern gelandet? Oder wo sonst?
    Nur die Ruhe!, ermahnte sich Tanio. Du hast den ersten Ausflug relativ glimpflich

hinter dich gebracht und, wie es aussieht, unbeschadet überstanden. Das ist doch schon mal was.

Erhol dich, gewinn Abstand zu der unerquicklichen Erfahrung. Dann überleg dir, wie es weitergehen

soll.
    Er hockte sich auf einen der Quader. Allmählich ließ die Anspannung nach.
    Dafür überfiel ihn tiefe Frustration. Unterm Strich war er gescheitert. Er hatte kläglich

versagt.
    Tanio lachtweinte. Wie hatte er sich nur einbilden können, sein menschlicher, keineswegs mehr

taufrischer, an enge Konventionen gewöhnter Geist fände sich in diesem unüberschaubaren Medium

zurecht! Wo es keine nach menschlicher Logik aufgebauten Regeln gab, schon gar nicht die

unmissverständlichen, über Jahrtausende ausgefeilten militärischen Vorschriften, die er so

schätzte.
    Diese Umgebung überanstrengte ihn heillos. Nie würde er sich dort drinnen orientieren, Ordnung

in das Chaos der Wahrnehmungen bringen können. Zu groß war die Menge der Informationen, die auf

ihn einprasselte, zu verwirrend.
    Es hatte den Falschen getroffen. Eine solche Gabe, ein solches Bündel von Paratalenten wollte

von klein auf, langsam, Schritt für Schritt erschlossen und gemeistert werden; nicht auf einen

Schlag, binnen weniger Stunden.
    Ein offenes, kindliches, heranwachsendes Bewusstsein wurde dafür gebraucht. Kein abgenutzter,

eingefahrener, in bequemer Routine verfangener Kleingeist, der Uniformen liebte, weil er sein Ego

so gern in Uniformität versteckte.
    Ich bin's nicht, dachte Tanio Ucuz bitter. Ich bin's nicht, und ich bring's

nicht.
    *
    Andererseits ...
    Vor dem Erwachen, im Traum, hatte er leichthin Kontakt zu jenem fremden, räumlich weit

entfernten Geistesverwandten hergestellt, der sich Agrester nannte. Mühelos, weil unbewusst.

Schlafwandlerisch einfach.
    Vielleicht ging er die Sache von der falschen Seite her an. Vielleicht war hierbei nicht

Rationalität gefragt, sondern ...
    Intuition.
    Er musste sein Unterbewusstsein mobilisieren!
    Toller Ansatz, verhöhnte Tanio sich gleich darauf. Denk nicht dran, dann wird es

schon funktionieren. Prima. Und wie soll das gehen?
    Eine Passage aus einem antiken Roman, den er einmal gelesen hatte, fiel ihm ein. Der Autor -

ein gewisser, mit dem gleichnamigen Aktivatorträger weitläufig verwandter ... Tekener, nein:

Adams - behauptete darin, jedermann könne ohne technische Hilfsmittel fliegen. Die Kunst bestünde

darin, hinzufallen und im richtigen Augenblick den Boden zu verfehlen. Und schon hebe man ab.
    Eine hübsche Pointe, aber gewiss nicht ernst gemeint. Oder steckte dahinter eine

verschlüsselte Weisheit?
    Tanio griff sich an den Helm. Ener gie-Spürer, hatte Julian Tifflor ihn genannt. Nicht

Energie-Denker.
    Erst fühlen, dann handeln. Konnte es so simpel sein?
    *
    Er sah nicht hin, er hörte dran vorbei.
    Entspannte stattdessen die Muskeln, erfühlte die Wärme in Fingerund Zehenspitzen. Ließ sich

atmen, horchte seinem Pulsschlag zu. Zentrierte sich im Bauch, in seinem Sonnengeflecht.
    Die Energieströme und Kraftfelder, die er nicht erblickte, summierten sich zu einem

Gesamtmuster. Tanio vermied, es rational zu erfassen. Je weniger der kritische Verstand regierte,

desto besser.
    Dann kippte das Bild und er glitt hinein.
    Allmählich ... ertastete er Mikro- und Makrostrukturen. Vertraute sensorische Eindrücke

gewannen eine neue Bedeutung,

Weitere Kostenlose Bücher