2582 - Ein Kind der Funken
ANTHURESTA kurz darauf unfreiwillig verlassen. Das Obeliskenschiff wurde beim
Kontakt mit einer Dispenser-Sonde entmaterialisiert und ist seither verschwunden.«
Auch diese Informationen, die ihm das Rechnernetzwerk zugespielt hatte, konnte man so oder so
interpretieren: Clun'stal war mit den Eindringlingen geflogen, weil er ihnen vertraute - oder sie
hatten ihn entführt, um eine Reparatur der Psi-Materie-Dispenser zu unterbinden ...
Die Frau reagierte auf seine Eröffnungen mit einer Mischung aus Überraschung und Besorgnis.
»Ich rekapituliere: Um das Übel an der Wurzel zu packen, muss man zu diesen Dispensern. Sie sind
nur mit einem Raumschiff zu erreichen. Wir haben ein Schiff. Du nicht.«
»Das entspricht den Tatsachen.«
»Himmel, warum kooperieren wir dann nicht? Unsere JULES VERNE ist deine einzige Möglichkeit,
an die Psi- Materie-Dispenser heranzukommen! Also befrei endlich die Besatzung, damit das Schiff
so schnell wie möglich wieder einsatzfähig gemacht werden kann.«
»So einfach ist das nicht.«
»Warum?«
»Ihr habt Fogudare getötet.«
*
»Ich kann diesen Satz nicht mehr hören!«, schrie sie.
»Eine einleuchtende Abneigung, da er mittlerweile falsifiziert wurde«, erklang hinter ihr eine
Lautsprecherstimme.
Mondra fuhr herum. Pral war rematerialisiert, mitsamt seinem Schutzanzug, in voller Größe und
Schulterbreite. »Fogudare lebt - ich kann ihn wahrnehmen.«
»Was bedeutet das nun wieder?«, dröhnte das Holo des Stalwarts. »Wo kommt der Vieräugige auf
einmal her?«
»Der Leib deines Meisters mag gestorben sein, doch dein Meister ist nicht tot«, sagte der Grek
1 der Schattenmaahks von Andromeda. »Fogudares geistige Essenz hat sich im psionischen Netz
erhalten.«
Schon einmal, erinnerte sich Mondra, hatte Pral eine solche Andeutung gemacht. Damals war sie
mit einem Fragezeichen versehen gewesen.
Weiß er jetzt mehr? Oder blufft er? Oh, wie ich diese Rätselraterei hasse!
Jemand lachte leise. Aber es war keiner von den Umstehenden, auch nicht Agrester, sondern eine
Stimme ...
In Mondras Kopf.
Ihr wurden die Knie weich.
ES?
8.
Die goldene Gondel
Zunächst hatte er seine neuen Fähigkeiten kaum unter Kontrolle.
Tanio Ucuz fand sich im selben rasant fließenden Medium wieder wie bei seiner vorigen, nicht
willkürlich eingeleiteten Entstofflichung. Auch diesmal hatte er keine Ahnung, wo genau er war;
jedoch wusste er zumindest theoretisch, worin.
Die Vermutung lag nahe, dass es sich um einen der unzähligen Verteilerknoten an der Peripherie
der Hauptzentrale handelte. Allerdings erkannte Tanio nicht den geringsten Anhaltspunkt
dafür.
Nun, eine Tafel mit Umgebungsplan, einem roten Pfeil und der Aufschrift »Du befindest dich
HIER« hatte er auch nicht erwartet. Keine Hinweisschilder, keine Verkehrszeichen ... Er musste
das Reich der Energie selbst erforschen und kartografieren.
Bloß - wie? Er spürte Tendenzen, Flussgeschwindigkeiten, Stromstärken, Richtungen; aber so
viele verschiedene - und alles so schwer unterscheidbar!
Hätte Tanio in diesem Zustand Augen besessen, er hätte sie zusammengekniffen. Denn das Problem
war keineswegs, dass er zu wenig wahrnahm, ganz im Gegenteil: Ihn umgab nicht undurchdringliche
Dunkelheit, sondern gleißende, blendende, einladende, auf zahllose Arten lockende Helligkeit.
*
Er ließ sich treiben, fädelte sich aufs Geratewohl in eine Strömung ein und wurde
mitgezogen.
Mitgerissen!
Ansatzlos setzte wahnwitzige Beschleunigung ein. Tanio fühlte jene Form, die er als die seine
empfand, in die Länge gedehnt, so weit, so dünn, dass er fürchtete, jeden Moment abzureißen.
Der Faden reichte über eine unfassbare Strecke. Jedoch nicht geradlinig: Er wurde gebogen,
umgeleitet in unmöglichen Winkeln, hin und her gerissen, um Ecken und Hindernisse gewickelt,
aufgespaltet, zerfasert, verknäuelt ...
Und er konnte nicht bremsen, geschweige denn anhalten. Außer er lernte es, und zwar flott.
Tanio kämpfte verbissen gegen die aufwallende Panik an. Etwas in ihm wusste, dass er unbedingt
die Selbstkontrolle bewahren musste.
Nur wenn er seine fünf oder mehr Sinne beisammenhielt, kam er wieder lebend heraus. Es gab
keinen Schutz, keine Abschirmung gegen die rasende, reine Energie.
Einzig seine Willenskraft bewahrte ihn davor, zerfleddert und in alle Winde verweht zu werden,
unwiederbringlich.
*
Irgendwann schaffte er es irgendwie, sich irgendwo festzuklammern und so
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