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2593 - Das Paralox-Arsenal

2593 - Das Paralox-Arsenal

Titel: 2593 - Das Paralox-Arsenal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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und nuancenreiche

Sprache.
    Die Hünen missachteten Julian Tifflor. All ihr Interesse galt dem jeweiligen Partner. Die

Gesprächsstoffe waren fast ausschließlich philosophischer Natur, und so lernte der Unsterbliche,

während er dem untrüglichen Richtungsweiser des Perianth-Detektors folgte, einige bemerkenswerte

Einsichten zum Thema »Sinn des Lebens« kennen.
    Irgendwann durchdrang ein lang anhaltendes Geräusch wie von einem Gong das Land dieser

Zeitkorn-Kruste. Die Wesen, die für ihre Art keinen Namen kannten, wurden unruhig.
    Immer wieder nahmen sie das Wort Sieben in den Mund, als handle es sich um eine heilige Zahl.

Sie blieben stehen oder umtänzelten einander. So lange, bis in ihren faltigen Antlitzen eine

bemerkenswerte Änderung geschah: Ein Stückchen Haut löste sich an der Stirn, dann an den breiten

Schläfen, und rasch riss der graue, kaum mehr durchblutete Lappen des »Gesichts« ab.
    Darunter kam etwas ... Unfertiges zum Vorschein. Ein neues Gesicht - das binnen weniger

Minuten verfestigte und eine Physiognomie zeigte, die Tifflor Sorgen bereitete.
    Er assoziierte Aggressivität mit dem Muskel- und Faltenspiel, Paarungsbereitschaft und

Wildheit. So rasch er konnte, entfernte er sich aus der Gesellschaft der fast sechs Meter großen

Riesen - und er tat gut daran.
    Denn ebenso schnell, wie die Gesichter von ihnen abgefallen waren, änderte sich auch ihr

Charakter. Sie fanden sich zu Gruppen zusammen, fielen übereinander her und taten, was Wesen nun

mal so taten, wenn sie Lust aneinander empfanden.
    Ringsum wirbelte Staub auf. Bald war Tiff vom Sand eingebacken. Nur mit Glück gelang es ihm,

unversehrt zu entkommen und eine Anhöhe zu erklimmen.
    *
    Das Zeitkorn war recht klein, stellte er nach einem Rundumblick fest. Offenkundig hatte er es

beinahe zu einem Drittel durchquert.
    Die Spuren der Horde waren überall zu erkennen. Es waren Spuren, die gleichermaßen auf

Zerstörung wie auf Betulichkeit und Neuaufbau hindeuteten.
    In sicherer Entfernung wartete Tiff, bis wieder Ruhe einkehrte - und ein weiterer

Gesichtswechsel eintrat. Wiederum wurde die Ziffer Sieben genannt. Die Wesen flüsterten einander

das Wort zu, von einem zum anderen. So als wäre es der Begriff für dieses merkwürdige Ritual. Aus

paarungswilligen Gestalten wurden nun im Halbschlaf vor sich hin torkelnde Tölpel, die keinen

Sinn für die Geschehnisse links und rechts ihres Pfades hatten.
    »Sie haben sieben Gesichter«, sagte sich Julian Tifflor. »Sieben Gemütszustände, die sie

während jedes einzelnen ihrer Tage durchlaufen. Es wäre vielleicht vernünftig, jetzt

abzuhauen und nicht darauf zu hoffen, dass das vierte Gesicht ebenso friedfertig ist wie das

dritte.«
    Er nahm die Beine in die Hand und machte sich auf die Suche nach dem Kristall. Um dann, als er

ihn aus einem Schrein am Fuß einer besonders großen Düne geborgen hatte, weiter zu eilen, ohne

sich noch einmal umzudrehen.
    Das Fauchen und Brüllen, das ihm folgte, hörte sich nicht eben einladend an ...
    *
    Eine zerwühlte, zerzauste Welt ...
    Es roch nach Torf, nach Fäkalien und abgestandenem Wasser. Stickige Hitze brach über Julian

Tifflor herein. Regentropfen platschten schwer auf Bodenblätter, die bis zu drei Meter

Durchmesser aufwiesen.
    Sollte er in den Jahrmillionentunnel zurückkehren und ein Ende des Regenschauders abwarten?

Tiff entschied sich dagegen. Er wollte die Aufgabe so schnell wie möglich erledigen und dann in

die Beschaulichkeit seines eigentlichen Umfelds zurückkehren.
    War das wirklich er, der so dachte?
    Tiff lachte hohl. Er hatte im Tunnel weitaus mehr Zeit verbracht als irgend- wo sonst. Das

mattwattige Weiß der Gänge, das diffuse Licht, die geruchlose Umgebung, die Kavernen ... Dies

alles war ihm Heimat geworden. Für Jahrmillionen!
    Ein Blitz zuckte herab und fuhr in den Boden, keine fünfzig Meter von Tifflor entfernt. Er

wurde von den Beinen gefegt, von einer Druckwelle, und prallte gegen einen riesigen Haufen,

während ohrenbetäubender Donner erklang.
    Er hatte Mühe, sich aus dem Schlamm zu befreien, so fest war der Aufprall gewesen. Doch der

Morast hatte weitaus schlimmere Folgen seines Sturzes gemildert. Mehrere Bäume standen in

Flammen. Andere waren wie riesige Mikado-Stäbchen übereinander verkeilt und völlig entlaubt.
    Julian Tifflor holte tief Atem. Er spuckte Matsch aus und massierte die Ohrläppchen.
    Sein Gehör war eingeschränkt. Donner, der

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