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2593 - Das Paralox-Arsenal

2593 - Das Paralox-Arsenal

Titel: 2593 - Das Paralox-Arsenal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung«, murmelte Julian Tifflor, während

er ebenso angewidert wie fasziniert den Putsch der Vatrox gegen ihre ehemaligen Retter

mitverfolgte.
    »Zeit ist relativ.« Sein dunkleres Ebenbild schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht, dass sie

überhaupt nicht damit rechneten. Freilich, die Rebellion war perfekt vorbereitet. Und die

Grausamkeit, mit der die Vatrox zuschlugen, überstieg jede Vorstellungskraft.«
    »Ich sehe es«, sagte Tiff mit belegter Stimme. Viele Schlüsselszenen in den Rahmen der

Zeitfenster waren an Drastik nicht zu überbieten. Abermillionen Anthurianer starben, ihre Körper

erstarrten. Nur die an übergroße Schneeflocken erinnernden psimateriellen Artefakte blieben,

genau wie bei den anderen, den 50 Milliarden ...
    »Ich habe es schon viel zu oft gesehen«, gab der andere zurück.
    »Aber du kannst es, obwohl es jetzt, vor unseren Augen geschieht, nicht

verhindern.«
    »Nein. Nicht von hier aus. Nicht ohne die zwanzig Perianths.«
    *
    Tifflor sog unwillkürlich scharf die Luft ein. Die wenigen kurzen Sätze eröffneten eine neue,

durchaus beklemmende Perspektive.
    Sein Doppelgänger sprach weiter: »Fünfhundert Millionen Anthurianer.
    Allesamt ermordet, brutal abgeschlachtet. Aus freien Stücken waren sie zurückgeblieben, hatten

darauf verzichtet, im >grenzenlosen Glück< aufzugehen.«
    »Stopp«, bat Tifflor. »Grenzenloses Glück? Ich nehme an, das ist nicht einfach so

dahingesagt, sondern bezeichnet eine Superintelligenz, so wie ... «
    »ESTARTU«, sagte der Doppelgänger. »Ja, du kennst sie, die Mentorin meines Volkes, obwohl sie

erst mit und durch uns wieder vollends ESTARTU wurde. Aber über sie sprechen wir hier und jetzt

nicht. Wir sprechen über die, die zurückblieben. Weil sie für einen Fortbestand des

Polyport-Systems sorgen wollten. Und das«, er umfasste mit einer Armbewegung die lange Reihe der

Schreckensbilder, »war der Dank.«
    Er klang so verbittert, so persönlich betroffen, dass bei Tiff der Groschen fiel. »Du bist ...

einer von ihnen.«
    »Ja.«
    »Ein Anthurianer. In Projektionsgestalt?«
    »Natürlich. Mein Name ist Banlaroguel.«
    »Du wurdest durch die Fragmentierung des PARALOX-ARSENALS in den Zeitspeer versetzt. Quasi als

Strandgut der Katastrophe, so wie alle anderen Bewohner der Mächtigen Garbe. Seither hast du dich

und deine Fähigkeiten weiterentwickelt.«
    »Gratuliere. Du ziehst die richtigen Schlussfolgerungen.«
    Tiff zuckte die Achseln. »Weißt du, was ich nicht verstehe?«
    »Frag!«
    »Deine Artgenossen. Viele von ihnen«, Tiff wies auf die entsprechenden Zeitfenster, »nehmen

nicht nur ohne Gegenwehr hin, was ihnen die Vatrox antun. Sondern sie wirken, sofern ich ihre

Körperhaltung nicht missinterpretiere, fast schon erfreut. Als hofften sie, nach ihrem Tod in

ESTARTU aufzugehen.«
    »Unsinn. Sie sind bloß perplex über den schmählichen Verrat.«
    »Hm. Mag sein. Was rede ich? - Außerdem war ja nach dem Abzug ESTARTUS das Duo ES/Anti-ES für

die gemeinsame Mächtigkeitsballung in der Lokalen Gruppe und den Fernen Stätten verantwortlich.

Aber ... Wäre es nicht ebenso möglich, dass die Sterbenden nun Teil von ES werden? Sollten sie

absichtlich in ... «
    Tiff schluckte, statt den Satz zu vollenden. Hatten die Anthurianer ihre Mündel von Anfang an

durchschaut?
    Vielleicht wussten sie von deren skrupelloser Eigenart und beneideten sie darum. Oder hatten

sie die Vatrox gar deshalb zu ihren Helfern und Erben gemacht?
    Hatte die Vergeistigung, das Aufgehen in einer der Superintelligenzen ESTARTU oder ES, solch

einen hohen Wert für die verbliebenen 500 Millionen Anthurianer, dass sie körperlich ausgelöscht

werden wollten - von einer Spezies, der eine solche Untat zuzumuten war?
    »Du brabbelst absurdes Zeug!«, rief Banlaroguel erbost. »Versündige dich nicht an meinem

Volk!«
    Hart packte er Tiff am Arm und teletemporierte mit ihm.

8.
    Erinnerungen an eine mögliche Zukunft
     
    Er fand sich unter Wasser schwebend wieder, allerdings von einer großen Luftblase umschlossen.

Tifflors Doppelgänger war verschwunden.
    Dafür schwamm durch die grünblauen Fluten mit majestätisch langsamen Flossenschlägen ein

dunkelgrauer, riesenhafter Leib auf die Blase zu: ein Walwesen, gut hundert Meter lang, somit

doppelt so groß wie die bisher bekannten Anthurianer.
    »Banlaroguel?«
    »Der nämliche«, dröhnte eine mentale Stimme in Tifflors Gehirn.

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