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2598 - Tod einer Superintelligenz

2598 - Tod einer Superintelligenz

Titel: 2598 - Tod einer Superintelligenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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du?«
    »Von dem, der sich hier drin breitmacht!« Die Mutantin klopfte sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe. Früher hatte man jemandem so signalisiert, dass man ihn für verrückt hielt. Ob das wohl immer noch eine gebräuchliche Geste war? Schon wieder so eine Ablenkung! »Als ob es nichts Besseres zu tun gäbe!«
    Eritrea schaute sie verwirrt an.
    »Vergiss es!«, bat Betty. »Uns bleibt keine Zeit mehr. Wie viel ...« Sie sprach ihre Frage nach der Uhrzeit nicht aus - Eritrea hob im selben Augenblick ihren linken Arm und blickte auf das Multifunktionsarmband.
    Es war erstaunlich, in welchem Gleichtakt die beiden Frauen inzwischen handelten. Wir sind fast wie Schwestern, dachte die Mutantin erneut, wie vor einigen Stunden, vor ihrem gedanklichen Vorstoß nach Wanderer und zur sterbenden Superintelligenz. Und mehr noch, wie Zwillinge, die sich in ihren Intuitionen und ihrem Denken so sehr ähneln, dass es fast unheimlich ist.
    »18.29 Uhr«, sagte Eritrea. »Noch zwei Minuten bis zur prognostizierten Ankunft.«
    Beide blickten zu den Transferkaminen. Sie pulsierten rot. Eine Lieferung vom Distribut-Depot ESHDIM stand bevor.
    Betty konnte nur hoffen, dass es dort zu keinen weiteren Zwischenfällen gekommen war. Überraschen würde es sie nicht - in diesen Minuten ging alles drunter und drüber. Alles griff zur selben Zeit ineinander, jede Sekunde zählte an mehr als nur einem Ort. Und der Brennpunkt der Ereignisse hatte sich von einem Moment auf den anderen vom Solsystem nach Anthuresta verlagert.
    Das Solsystem in der Milchstraße ... und TALIN ANTHURESTA in der Galaxis Anthuresta. Sie bildeten zwei Eckpunkte, einerseits geradezu unendlich weit voneinander entfernt und doch über das Polyport-Netz miteinander verbunden.
    Und nicht nur über das Netz. Die Verbindung beschränkte sich auch nicht nur darauf, dass es an beiden Polen Terraner gab, was ES über das Sternenfenster schon vor Jahrzehnten vorbereitet hatte.
    Viel mehr spielte dabei eine Rolle. Ein viel größeres, viel bedeutenderes kosmisches Geschehen, auf dessen Vorbereitung Betty Toufry während ihres verzweifelten Ringens um Klarheit einen Blick geworfen hatte.
    Die Mutantin schloss die Augen. Immer wieder kehrten ihre Gedanken dahin zurück. Vielleicht war es doch eher Fluch als Segen, dass sie hinter die Kulissen geblickt hatte. Aber was geschehen war, ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Nein, es war gut, dass Betty diesen Schritt gegangen war. Gut für sie. Gut für ES. Gut für diesen mörderischen Krieg. Gut für die kosmische Entwicklung dieses Teils des Universums.
    »Betty?«, fragte Eritrea.
    Die Mutantin lächelte, als sie die Sorge und das Mitgefühl hörte, mit dem die Freundin ihren Namen aussprach. Es war ein schmerzliches Gefühl. »Wir werden die Krathvira entgegennehmen und tun, was wir tun müssen.«
    »Glaubst du, es wird ... «
    »Was ich glaube, spielt keine Rolle.«
    »Doch, das tut es. Für mich schon.«
    Die Mutantin atmete tief durch, mit einem Körper, der nicht der ihre war. Zumindest nicht im eigentlichen Sinn. Er war nur geliehen, wenn überhaupt. Vielleicht war er ihr auch aufgezwungen.
    Doch wie dem auch sei, er sah aus wie sie, als ihr biologischer Alterungsprozess zuerst durch Zellduschen und dann durch den Zellaktivator gestoppt worden war. Dennoch war es nicht ihr eigener. Das Fleisch und Blut, das sie mit ihrer Geburt erworben und danach viele Jahrhunderte tapfer verteidigt hatte, gab es nicht mehr. Dies war ein neues Leben im alten.
    Die Hände, die sie nun hob und auf die sie blickte, wie ein kleines, staunendes Kind in den Sternenhimmel schauen mochte ... sie gehörten nicht ihr. Eine Mutter konnte ihr Kind nicht wieder in sich aufnehmen - aber ES konnte das mit ihr tun.
    Sie lächelte bitter, als hätte sie ein Geheimnis verraten.
    »Du hast recht«, sagte die Mutantin. »Es spielt tatsächlich eine Rolle, was ich glaube. Aber ich weiß nicht, was aus dir werden wird, Eritrea. Ich wünsche mir, dass du es überstehst und die Zeit danach erleben darfst.«
    Sie hatte diesen Satz bewusst hinausgezögert auf genau diesen Augenblick. Es war 18.31 Uhr. Die ersten Personen traten aus den Transferkaminen. Exakt rechtzeitig, sodass Eritrea keine weiteren Fragen mehr stellen konnte.
    Für Betty war alles gesagt, was gesagt werden musste.
    *
    Lloyd/Tschubai:
    Der mentale Druck, der sich auf sie legte, kam so plötzlich und mit solcher
    Intensität, dass Ras - oder war es Fellmer? - gepeinigt aufschrie.
    Was ist

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