261 - Ein falscher Engel
aussehende Männer in schwarzen Uniformen und Fellmützen zwischen den Schneemobilen hervor traten. Sie trugen Sturmgewehre mit halbrund gebogenen Magazinen, ähnlich den früheren Kalaschnikows, eventuell ein weiterentwickeltes Modell.
Als sie sein Interesse bemerkten, fixierten die Soldaten Rulfan sofort. Einer hob, wie zur Warnung, die Waffe ein wenig an. Der andere verscheuchte drei kleine Jungs, die ebenfalls Interesse zeigten, mit einem Zischen.
»Wisst ihr, wer das ist?«, fragte Rulfan seine Begleiter, als sie vom Bock stiegen.
»Keine Ahnung«, erwiderte Pellam. »Die Kerle habe ich noch nie gesehen. Und solche Maschiins auch noch nicht.«
Ein älterer Mann trat aus dem Gasthaus. Er trug den Mecgreger-Tart und besaß nur noch den linken Arm. Die langen blonden Haare, die sich vorne bereits bis zur Schädelmitte zurückgezogen hatten, umrahmten ein freundliches, bärtiges Gesicht mit roten Wangen.
Ein weit nach hinten geschobener Bont ohne Feder saß auf seinem Kopf, am Gürtel baumelte ein Schwert.
»Willkommen im Gasthaus ›Zum besten Tröpfchen‹«, begrüßte er die Neuankömmlinge. »Ich bin Scot, der Wirt. Was kann ich für euch tun? Widder füttern und putzen? Macht nur drei Coiins ( Zahlungsmittel in weiten Teilen Britanas aus Münzen aller Art ) insgesamt. Zwei Zimmer dazu für heute Nacht? Das wären weitere fünf Coiins. Billig, billig, wie ihr seht. Und für zwei weitere Coiins überhol ich gerne auch den gesamten Schlitten. Essen und den wunderbaren Mecgreger-Uisge gibt es bei uns natürlich auch. So viel ihr wollt.« Er grinste breit. »Weil ihr es seid und weil mir eure offenen und ehrlichen Gesichter so gut gefallen, mach ich euch ‘nen Sonderpreis. Alles zusammen zehn Coiins. Was sagt ihr nun?«
Rulfan grinste zurück. Er wusste längst von Pellam, dass das »Beste Tröpfchen« auch das beste Preis-Leistungsverhältnis hatte. »Abgemacht, Scot. Du warst mir auf den ersten Blick sympathisch, deswegen nehmen wir dein Angebot gerne an. Ich bin Rulfan, das sind Myrial und Pellam.«
Scots Grinsen wurde noch breiter. »Das ist doch ein Wort, Rulfan. Lass uns einschlagen. Leider müssen wir das mit links tun, wie du siehst.«
»Hast du einen Colley geärgert?«, fragte der Albino.
Scot lachte laut und zeigte dabei eine Reihe etwas schief stehender, aber immer noch gesunder Zähne. »Du bist gut, Rulfan. Nein, ich hab den Arm verloren, als ich noch ein Sooldscher von König Arfaar war und mit ihm durch Britana gezogen bin. Bei Saalsbury gab’s einen Kampf gegen die dortigen Bunkermenschen, dabei ist mein Arm drauf gegangen. Eigentlich hatten wir schon gesiegt, aber Arfaar ist von den Technos heimtückisch ermordet worden, obwohl er Frieden und die Einigung aller Britanier wollte.«
Rulfan überlief es heiß und kalt bei diesen Worten. Er sah wieder den Kopf des charismatischen Jungen in einer Fontäne aus Blut und Knochen explodieren, nachdem er ihn mit einem einzigen Schuss aus einem Laserphasen-Gewehr getroffen hatte. Der Albino war sich noch heute sicher, dass er mit dem Mord an Arfaar das einzig Richtige getan hatte, weil sonst die mühsam aufgebaute Allianz von Technos und Barbaren gegen die Daa’muren zerstört worden wäre.
»Äh, ja, ich habe von Arfaar gehört«, erwiderte er lahm.
»Hast ihn aber nicht gekannt?«
»Nein.«
»War ein feiner Mensch, der König, das sag ich dir. Wir hier bei den Mecgregers verehren ihn heute noch. Nimuee hat uns seine Botschaft gebracht, Arfaars Priesterin, weißt du? Sie kommt hin und wieder vorbei und erzählt uns von ihm. Wir haben Arfaar gleich nach Wudan zum Gott erhoben und ihm ein Steinhaus gebaut, das aussieht wie er.« Scot zeigte über die Häuser hinweg in Richtung Deestyl. »Da oben kannst du es sehen, Rulfan. Dort wohnt Arfaars Geist und wacht über uns.«
Rulfan fühlte sich plötzlich gar nicht mehr wohl in seiner Haut.
Sollten die Mecgregers je erfahren, welches dunkle Geheimnis er mit sich herumschleppte, würden sie die nächste Uisge-Produktion wahrscheinlich mit seinem Blut abschmecken.
»Was sind das für Typen dort drüben?«, wechselte er das Thema.
»Die haben ja tolle Schneemaschiins.«
»Ja. Das sind Männer von den Reenschas aus Glesgo. Gerade verhandelt eine Abordnung von denen mit unserem Chieftain Wallis, weil die Reenschas ab jetzt unseren Uisge wollen und nicht mehr den der Freesas.« Scot lachte laut. »Seit heute Morgen laufen die Verhandlungen im Parliament, und ich denk, dass es noch länger dauert.
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