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261 - Ein falscher Engel

261 - Ein falscher Engel

Titel: 261 - Ein falscher Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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denn ich hasse sinnloses Töten. Dann habe ich deine Prüfungen jetzt also alle bestanden und darf bei dir bleiben? Ich freue mich so sehr.«
    Rulfan glaubte noch immer im Boden versinken zu müssen. Er hatte schon viel Schreckliches erlebt und auch getan. Aber dass er, wenn auch unbeabsichtigt, das Massaker von Kileeg ausgelöst hatte, ging im Moment weit über sein Begreifen hinaus. Professor Dr. Jacob Smythe war der gefährlichste Irre gewesen, den er bisher gekannt hatte. Soeben war Smythe allerdings auf Rang zwei verdrängt worden. »Was… was genau hast du getan?« Ninian erzählte so plastisch, dass Rulfan die Szenen förmlich vor seinem geistigen Auge ablaufen sah.
    ***
    Ninian, die ihr Einschlafen nur vorgetäuscht hatte, beobachtete Chieftain Gallo durch die halb geschlossenen Augenlider, wie er sich schnaufend neben ihr erhob wie ein übergewichtiger Kamauler.
    Im flackernden Schein der Öllampen schlich er zu dem Kästchen mit den beiden Handgranaats und strich behutsam darüber.
    Ninian wollte jetzt so schnell wie möglich handeln. Sie hatte Gallos Ende hinausgezögert, solange Geräusche von draußen davon zeugten, dass die Burg noch nicht zur Ruhe gekommen war. Nun, nach Mitternacht, konnte sie davon ausgehen, dass die meisten Wachen und Bediensteten zu Bett gegangen waren und niemand mehr Gallo stören würde.
    Jeder Wimpernschlag ohne ihren geliebten Aynjel war verlorene Zeit. Und Rulfan erwartete sicher von ihr, dass sie schnell und gründlich zu Werke ging. Geschmeidig erhob sie sich vom Lager und umarmte Gallo von hinten.
    Der zuckte zusammen und ließ das Kästchen beinahe fallen. »Beim Wudan, jetzt haste mich aber erschreckt«, schnaufte er und stellte die Boombs auf dem Tisch ab, ließ sich von dem warmen, eng an ihn gedrückten Körper aber erneut erregen.
    Ninian rieb ihre Wange an seinem Rücken, während sie mit der rechten Hand nach ihrem Riemenkleid tastete, das über einer Stuhllehne hing. Mit sicherem Griff zog sie die Drahtschlinge aus einer der kleinen, unauffällig in das Geflecht eingearbeiteten Taschen und warf sie Gallo blitzschnell über den Kopf.
    Der Chieftain erstarrte, als er plötzlich den Draht an seinem Hals fühlte. Eine unglaubliche Kraft zog die Schlinge zu. Gallo würgte und schlug verzweifelt um sich, buckelte wie ein Horsey und versuchte die gemeine Mörderin auf seinem Rücken loszuwerden.
    Doch Ninian ließ nicht locker, selbst als sie mehrere Male den Bodenkontakt verlor. Unbarmherzig zog sie die Schlinge weiter zu.
    »Mein Aynjel weiß, dass ihr hinter dem Anschlag auf die Mecgregers steckt!«, zischte sie ihm ins Ohr. »Und er hat mich beauftragt, euch zu strafen! Darum stirb!«
    Der Fleischberg zuckte jetzt unkontrolliert, die Augen traten ihm aus den Höhlen. Langgezogene, würgende Laute kamen aus seinem Mund, während er verzweifelt die Schlinge zu lockern versuchte.
    Blut lief über seine Finger. Plötzlich erschlaffte er und brach zusammen.
    Ninian betrachtete ihr Werk. Ihr Aynjel würde zufrieden mit ihr sein. Aber das war erst der Anfang. Sie schlüpfte in ihr Kleid, zog den Mantel über und schulterte den Tornister mit ihren Habseligkeiten. Dann nahm sie die beiden Boombs aus dem Kästchen. Ohne den toten Chieftain noch einmal anzuschauen, öffnete sie die Tür und huschte aus dem Zimmer.
    Lautlos und unsichtbar wie ein Schatten bewegte sie sich, wie es die Art der Exekutoren war. Ihr erstes Ziel waren die Unterkünfte der Wachmannschaft. Sie öffnete die Tür nur einen Spalt, zog den Hebel von der ersten Handgranaat und ließ sie mit kräftigem Schwung in den Raum rollen. In Gedanken begann sie zu zählen, während sie die Tür wieder schloss und weiter hastete, über die nächste Treppe hinab in den Keller.
    Sie hatte die Waffenkammer beinahe erreicht, als ein urgewaltiger Knall die Burg erzittern ließ. Staub rieselte von der Decke, etliche aufgestellte Rüstungen schepperten lautstark zu Boden. Bevor sich die Gänge mit aufgeschreckten Burgbewohnern füllen konnten, hatte Ninian ihr zweites Ziel erreicht. Natürlich war die Waffenkammer abgesperrt. Sie klemmte die zweite Boomb zwischen Schloss und Wand und entsicherte auch sie. Dann ging sie rasch auf Abstand.
    Zwanzig Sekunden später flog die massive Stahltür aus dem Rahmen. Ninian hielt die Luft an, hastete durch die Rauchschwaden in den Raum und entzündete eine Pechfackel in einer Halterung. In ihrem Licht sah sie gleich ihre Flügelschwerter und die drei Dolche, die man ihr abgenommen

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