262 - Route 66
oben gerundete Holzstück der Brücke zu. Matt fühlte die Kraft des Motors. Er packte das Lenkrad so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
»Jippie!«, rief er übermütig, als der Wagen ein Stück in die Luft schnellte. Sie flogen.
Der Sprung erschien ihm ewig. Liz hatte ihren Kopf schützend in den Armen verborgen.
Der Wagen schlug hart auf der anderen Seite auf.
»Jaaa!«, jubelte Matt - und wurde blass vor Schreck, als es unter ihnen krachte. Ein Inferno aus splitterndem Holz. Die hinteren Räder rutschten zurück. Verzweifelt gab Matt Gas. Der Wagen griff nicht.
Verlor den Halt. Rutschte krachend in den Graben, Meter um Meter.
»Nein, nein, nein!« Matt gab weiter Gas, obwohl es längst zu spät war.
Liz schrie erschrocken neben ihm. Ihre Stimme war alles, was er für einen ewig erscheinenden Augenblick hörte.
Unaufhaltsam rutschten sie hinunter, auf den Grund des Grabens zu dem halb eingetrockneten Bachlauf. Sie wurden heftig durchgeschüttelt. Der Gurt presste sich hart gegen seine Brust. Matt konnte kaum mehr atmen. Er hatte das Gefühl, seine Rippen müssten brechen.
Dann gab es einen lauten Knall. Der Wagen sackte endgültig ab. Sie kamen zum Stillstand. Langsam begriff Matt, dass sie standen und seine Rippen zwar schmerzten, er aber ansonsten nicht verletzt war. Er sah besorgt zu Liz. »Bist du okay?«
Liz öffnete die Augen wieder. Sie hob vorsichtig die Arme. »Zumindest ist noch alles an mir heil. War das die Achse?«
Matt öffnete den Gurt, riss die Tür auf und sprang hinaus. Rauchschwaden stiegen aus der Motorhaube. Der Wagen sah nicht gut aus. Die Achse hatte sich verzogen, und der Kühler dampfte, als wolle er Matt komplett die Sicht nehmen und den zerstörten Wagen in gnädigen Nebel hüllen.
»Der Kühler«, murmelte er kleinlaut. Er sah zur Brücke hin. Der hintere Teil war weiter eingestürzt. »Es hätte geklappt, wenn das Holz gehalten hätte. Elendes Drecksding!«
Liz stieg ebenfalls aus. Sie hielt ihr Handy in der Hand und wedelte unwillig mit der anderen Hand in der Luft.
»Eines muss man dir lassen: Mit dir wird es nicht so schnell langweilig, Mister Drax .« Sie sah kopfschüttelnd auf ihren dampfenden Wagen. Tränen stiegen in ihre Augen.
Matt fühlte sich elend. »Ich… ich mach's wieder gut, Liz, ehrlich.«
»Schon klar. Du zahlst die Bergung, den Abschleppwagen und die Reparatur!«
Man sah es ihr nicht an, aber Matt wusste, dass Liz stinkwütend war. Wahrscheinlich auch auf sich selbst, weil sie sich auf diese Sache eingelassen hatte.
Matt kratzte sich am Kopf. Was hier passiert war, erschien ihm irgendwie… falsch. Ich bin mir sicher, dass der Sprung hätte klappen müssen. Ich war so gottverdammt überzeugt davon. Warum eigentlich?
Nachdenklich ließ er sich im Schatten des Wagens zu Boden sinken. Dieses Abenteuer hatte er sich anders vorgestellt.
***
CARTER IV, Messe
Matt, Aruula und Clarice saßen bei einer kargen Mahlzeit zusammen. Matt schob den leichten Kunststoffteller von sich. Er hatte keinen Appetit mehr. Alles schmeckte für ihn gleich. Im Grunde wusste er, dass er essen musste, um während des langen Fluges bei Kräften zu bleiben. Doch heute gelang es ihm einfach nicht, sich zu überwinden.
»Vielleicht…«, begann er, »sollte ich es doch tun.«
Clarice sah von ihrem graugrünen Brei auf, der wohl irgendeine Gemüsesorte darstellen sollte und im hydroponischen Garten im Sportbereich angepflanzt wurde. In diesem Garten wuchsen neben den wenigen Gemüsesorten vor allem besonders große Melon-Büsche, die sich im Laufe der Jahre als brauchbare Luftreiniger und effektive Sauerstofflieferanten bewährt hatten. »Tatsächlich? Bist du endlich so weit?«
Matt lehnte sich auf der hohen Bank zurück. »Vielleicht ist es wirklich eine Alternative. Ich schaff's einfach nicht, abzuschalten.«
Aruula nickte und zeigte mit ihrem Kunststofflöffel anklagend auf ihn. »Mach das! Dann komme ich auch endlich zur Ruhe. Du machst mich wahnsinnig.« Sie sah Clarice erbost an. »Weißt du, was er letzte Nacht getan hat? Zweitausend Liegestütze hat er gemacht, weil er nicht schlafen konnte! Angeblich, um fit zu bleiben. Die ganze Zeit dieses Gehechel in der Kabinenecke! Ich bin froh, wenn das aufhört!«
Matt sah sie bittend an. »Willst du nicht mitkommen? Wir könnten es doch zusammen machen.«
Aruulas Augen verengten sich. »Ich soll mich freiwillig an diesen Dämon anschließen lassen? Nein, danke. Dazu erinnere ich mich noch zu gut an die
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