Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2666

2666

Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
Vom Netzwerk:
zur Seite: Auf einer Holzbank im Schatten saß eine blonde Frau mit schwarzer Sonnenbrille und passte auf. Er grüßte. Die Frau sah ihn einige Sekunden lang an und machte eine Bewegung mit dem Kinn, als könnte sie den Blick nicht von ihren Kindern wenden.
    Fate ging die Stufen hinunter und setzte sich ins Auto. Die Hitze im Innern war unerträglich, und er kurbelte die Scheiben herunter. Ohne zu wissen warum, dachte er wieder an seine Mutter, an ihre Art, auf ihn aufzupassen, als er klein war. Als er den Motor anließ, stand eins der Albinokinder auf und sah ihn unverwandt an. Fate lächelte und hob die Hand zum Gruß. Der Junge ließ den Ball fallen und nahm eine militärische Haltung an. Als der Wagen auf die Zufahrt zur Straße bog, hob der Junge die Hand an die Mütze und blieb so, bis Fates Wagen in südlicher Richtung verschwand.
    Auf der Fahrt dachte er erneut an seine Mutter. Er sah sie gehen, sah ihre Schultern, sah ihren Nacken, während sie eine Fernsehsendung sah, hörte ihr Lachen, sah sie Teller in der Spüle abwaschen. Ihr Gesicht jedoch blieb ihm die ganze Zeit verborgen, als wäre sie irgendwie schon tot oder als würde sie ihm mit Gesten, nicht mit Worten, sagen, dass Gesichter nicht wichtig waren, weder in diesem noch im nächsten Leben. Im Sonora Resort traf er keinen einzigen Journalisten und musste den Rezeptionisten fragen, wie man zum Arena gelangte. Als er bei der Sporthalle eintraf, gab es dort ein größeres Gedränge. Er fragte einen Schuhputzer, der sich in einem der Gänge postiert hatte, was los sei, und der Schuhputzer sagte, der nordamerikanische Boxer sei angekommen.
    Dann sah er Count Pickett, der in Anzug und Krawatte im Ring stand und ein breites, selbstbewusstes Lächeln zur Schau trug. Die Fotografen schossen ihre Fotos, und die Journalisten, die um den Ring herumstanden, nannten ihn beim Vornamen und riefen ihm Fragen zu. Wann, glaubst du, wirst du um den Titel kämpfen? Ist es wahr, dass Jesse Brentwood Angst vor dir hat? Wie viel hat man dir für den Kampf in Santa Teresa bezahlt? Stimmt es, dass du in Las Vegas heimlich geheiratet hast? Picketts Manager stand neben ihm. Er war klein und dick, und er war derjenige, der fast alle Fragen beantwortete. Die mexikanischen Journalisten redeten Spanisch mit ihm und nannten ihn beim Nachnamen. Sol, Señor Sol, und Señor Sol antwortete ihnen auf Spanisch, und manchmal nannte auch er die mexikanischen Journalisten beim Namen. Ein nordamerikanischer Journalist, ein großer Typ mit kantigem Gesicht, fragte, ob es politisch korrekt sei, Pickett in Santa Teresa kämpfen zu lassen.
    »Was soll das heißen, politisch korrekt?«, fragte der Manager.
    Der Journalist wollte antworten, aber der Manager kam ihm zuvor.
    »Boxen«, sagte er, »ist Sport, und Sport ist wie Kunst über jede Politik erhaben. Bringen wir Sport und Politik nicht durcheinander, Ralph.«
    »Wenn ich Sie richtig verstanden habe«, sagte der Ralph genannte Journalist, »haben Sie keine Angst, Count Pickett nach Santa Teresa zu bringen.«
    »Count Pickett hat vor niemandem Angst«, sagte der Manager.
    »Der ist noch nicht geboren, der mich besiegen kann«, sagte Count Pickett.
    »Na gut, Count ist ein Mann, das sieht man. Die Frage wäre also: Haben Sie in ihrem Team eine Frau dabei?« sagte Ralph.
    Ein mexikanischer Journalist auf der gegenüberliegenden Ringseite stand auf und wünschte ihn zum Teufel. Ein anderer in Fates Nähe schrie, er solle keine Mexikaner beleidigen, sonst werde man ihm die Fresse polieren.
    »Halt's Maul, Weichei, oder du kriegst eine rein.«
    Ralph schien die Beleidigungen nicht zu hören und blieb scheinbar seelenruhig stehen, während er auf die Antwort des Managers wartete. Einige nordamerikanische Journalisten, die neben ein paar Fotografen an einer Ecke des Rings standen, sahen den Manager fragend an. Der Manager räusperte sich und sagte dann:
    »Wir haben keine Frau im Team, Ralph, Sie wissen doch, dass wir nie Frauen dabeihaben.«
    »Nicht einmal Señora Alversohn?«
    Der Manager lachte, und einige Journalisten stimmten ein.
    »Sie wissen ganz genau, dass meine Frau nichts für Boxen übrig hat, Ralph«, sagte der Manager.
    »Wovon zum Teufel haben sie geredet?«, fragte Fate Chucho Flores, als sie in einer Bar unweit des Sportpalasts Arena del Norte zusammen frühstückten.
    »Von den Frauenmorden«, sagte Chucho Flores gelangweilt. »Sie nehmen überhand«, sagte er. »In regelmäßigen Abständen nehmen sie überhand und es kommt zu

Weitere Kostenlose Bücher