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Tradition und Ernährung. Eine Frage der Morphologie. Jetzt haben sie einen Staatspräsidenten, der größer ist als der Präsident der Vereinigten Staaten. Das ist ein Novum. Die mexikanischen Präsidenten werden allmählich immer größer. Früher war das undenkbar. Ein mexikanischer Präsident reichte einem amerikanischen Präsidenten bestenfalls bis zur Schulter. Manchmal überragte der Scheitel eines mexikanischen Präsidenten den Nabel eines unserer Präsidenten nur um wenige Zentimeter. So war es Tradition. Jetzt aber verändert sich die mexikanische Oberschicht. Ihre Vertreter werden immer reicher und suchen sich ihre Ehefrauen nördlich der Grenze. Sie nennen das die Rasse aufpolieren. Ein mexikanischer Zwerg schickt seinen zwergenhaften Sohn zum Studium an eine Universität in Kalifornien. Der Kleine hat Geld und macht, was er will, und das beeindruckt einige Studentinnen. An keinem Ort der Welt gibt es mehr dumme Hühner pro Quadratmeter als an einer kalifornischen Universität. Die Folge: Der Kleine bekommt einen Titel und findet eine Ehefrau, mit der er zurück nach Mexiko geht. Auf diese Weise bekommt der mexikanische Zwerg Enkel, die keine Zwerge mehr sind, sondern von mittlerer Statur, und nebenbei auch weißer. Diese Enkel vollziehen, wenn der Moment gekommen ist, den gleichen initiatorischen Rundumschlag wie ihr Vater. Nordamerikanische Uni, nordamerikanische Ehefrau, immer größere Kinder. Tatsächlich macht die mexikanische Oberschicht auf eigene Faust das, was die Spanier einst gemacht haben, nur umgekehrt. Die Spanier, Lüstlinge ohne Weitblick, vermischten sich mit den Indianerinnen, vergewaltigten sie, zwangen ihnen ihre Religion auf und glaubten, auf diese Weise werde das Land weiß werden. Die Spanier glaubten an den weißen Bastard. Sie hielten ihren Samen für allmächtig. Aber sie hatten sich geirrt. So viele Menschen kannst du gar nicht vergewaltigen. Das ist mathematisch unmöglich. Der Körper hält das nicht aus. Du machst schlapp. Außerdem vergewaltigten sie von unten nach oben, wo doch erwiesen ist, dass es zweckmäßiger ist, von oben nach unten zu vergewaltigen. Das System der Spanier hätte funktioniert, wenn sie fähig gewesen wären, ihre Bastardkinder, dann ihre Bastardenkel und sogar ihre Bastardurenkel zu vergewaltigen. Aber wer hat schon Lust, jemanden zu vergewaltigen, wenn er erst einmal siebzig ist und sich kaum noch auf den Füßen halten kann. Das Ergebnis kann jeder sehen. Der Samen der Spanier, die sich für Titanen hielten, versickerte in der amorphen Masse Tausender Indianer. Die ersten Bastarde, die je zur Hälfte das Blut bei der Rassen in sich trugen, übernahmen das Land, wurden Staatsbeamte, Soldaten, Einzelhändler, Städtegründer. Und sie vergewaltigten weiter, aber mit den Früchten ging es schon damals bergab, da die Indianerinnen, die sie vergewaltigten, Mestizen mit einem wieder kleineren Anteil weißen Blutes gebaren. Und so immer fort. Bis hin zu jenem Boxer, Hércules Carreño, der anfangs Kämpfe gewann, weil entweder seine Rivalen größere Flaschen waren als er oder weil jemand die Sache so gedeichselt hatte, wovon einigen Mexikanern die Brust schwoll, die sich einzubilden begannen, sie besäßen einen echten Schwergewichtschampion, und ihn eines Tages in die Vereinigten Staaten schleppten und gegen einen besoffenen Iren kämpfen ließen, dann gegen einen unter Drogen stehenden Schwarzen und dann gegen einen schwammigen Russen, die er alle besiegte, was die Mexikaner mit Glück und Stolz erfüllte: Endlich hatten sie einen Champion für die ganz großen Auftritte. Und dann handelten sie einen Kampf gegen Arthur Ashley in Los Angeles aus, ich weiß nicht, ob einer von euch den Kampf gesehen hat, ich schon. Man nannte Arthur Ashley ja auch Art der Sadist. Und er machte seinem Spitznamen alle Ehre. Vom armen Hércules Carreño blieb nichts übrig. Von der ersten Runde an war klar, es würde ein Gemetzel werden. Art der Sadist boxte, als hätte er alle Zeit der Welt, suchte sich seelenruhig die passende Stelle für seine Haken aus und gestaltete die Runden monographisch, widmete die dritte ganz dem Gesicht, die vierte ganz der Leber. Kurz, Hércules hatte Mühe, überhaupt bis zur achten Runde durchzuhalten. Nach diesem Kampf trat er nur noch bei drittklassigen Veranstaltungen an. Fast immer ging er schon in der zweiten Runde zu Boden. Dann versuchte er sich als Türsteher in Diskotheken, war aber bereits so verblödet, dass er nirgends länger als
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