2666
ich nicht glauben, sagte Lalo Cura. Ist ja auch egal, vielleicht irre ich mich auch, oder der Kerl, von dem ich es weiß, hat sich geirrt, obwohl er jede Menge Ahnung hatte, sagte Epifanio. Dann sprachen sie über Pedro Rengifo, und Lalo Cura fragte sich, wieso er nicht gemerkt hatte, dass Pedro Drogenhändler war. Weil du noch ein Grünschnabel bist, sagte Epifanio, und: Was glaubst du, warum er so viele Leibwächter hat? Na, weil er reich ist, sagte Lalo Cura. Epifanio lachte. Kommen Sie, junger Mann, sagte er, ab ins Bett, Sie fallen ja schon um vor Müdigkeit.
Im Oktober tauchte in Santa Teresa keine weitere Tote auf, weder in der Stadt noch in der Wüste, und die Arbeiten zur Abwicklung der wilden Müllkippe El Chile kamen endgültig zum Erliegen. Ein Reporter von La Tribuna de Santa Teresa, der über die Verlegung oder Auflösung der Müllhalde berichtete, sagte, er habe in seinem ganzen Leben noch kein solches Chaos gesehen. Auf die Frage, ob die städtischen Arbeiter, die sich vergeblich mit der Aufgabe abmühten, dieses Chaos verursachten, antwortete er nein, das Chaos verursache dieser gigantische Misthaufen. Im Oktober trafen fünf Kriminalbeamte aus Hermosillo ein, um ihre Kollegen in Santa Teresa zu unterstützen. Einer kam aus Caborca, ein anderer aus Ciudad Obregón und die drei übrigen aus Hermosillo. Offenbar alle sehr energisch. Im Oktober trat Florita Almada wieder in der Sendung Eine Stunde mit Reinaldo auf und sagte, sie habe ihre Freunde (manchmal nannte sie sie Freunde, manchmal Beschützer) um Rat gefragt, und die hätten ihr gesagt, die Morde würden weitergehen. Sie hätten ihr auch gesagt, sie solle aufpassen, es gebe Leute, die sie schief ansähen. Aber darum kümmere ich mich nicht, sagte sie, warum? Ich bin ja schon alt. Dann versuchte sie vor laufender Kamera mit dem Geist eines der Opfer Kontakt aufzunehmen, aber das gelang nicht, stattdessen wurde sie ohnmächtig. Reinaldo glaubte, die Ohnmacht sei gespielt, und versuchte selbst, sie wiederzubeleben, streichelte ihre Wangen und flößte ihr schlückchenweise Wasser ein, aber die Ohnmacht war durchaus nicht gespielt (tatsächlich handelte es sich um Lipothymie), und Florita landete im Krankenhaus.
Blond und sehr groß. Besitzer oder auch leitender Angestellter eines Computerladens. In der Innenstadt. Epifanio hatte das Geschäft schnell gefunden. Der Typ hieß Klaus Haas. Er maß eins neunzig und seine Haare waren sehr blond, kanariengelb, als würde er sie jede Woche färben. Als er zum ersten Mal in den Laden kam, saß Klaus Haas an seinem Schreibtisch und unterhielt sich mit einem Kunden. Ein junger Bursche, klein, mit dunkelbrauner Haut, kam auf ihn zu und fragte, womit er dienen könne. Epifanio zeigte auf Haas und fragte, wer das sei. Der Chef, erwiderte der Junge. Ich möchte mit ihm sprechen, sagte er. Im Moment ist er beschäftigt, sagte der Junge, wenn Sie mir sagen, was Sie suchen, kann ich Ihnen vielleicht helfen. Nein, sagte Epifanio. Er setzte sich, zündete sich eine Zigarette an und wartete. Zwei weitere Kunden betraten den Laden. Dann kam ein Typ im Blaumann herein und stellte ein paar Kartons in die Ecke. Haas an seinem Schreibtisch hob grüßend die Hand. Er hatte kräftige lange Arme, dachte Epifanio. Der Junge brachte ihm einen Aschenbecher. Hinten im Laden saß ein Mädchen und tippte auf einer Schreibmaschine. Als die Kunden gingen, kam eine nach Sekretärin aussehende Frau herein, die sich Laptops anschaute und dabei deren Preise und Leistungen notierte. Sie trug einen Rock und hochhackige Schuhe, und Epifanio dachte, dass sie sicher mit ihrem Chef ins Bett ging. Dann betraten zwei weitere Kunden das Geschäft, und der Junge ließ die Frau allein, um sich um sie zu kümmern. Haas, von allem unberührt, unterhielt sich weiter mit dem Mann, den Epifanio nur von hinten sah. Haas' Augenbrauen waren fast weiß, und von Zeit zu Zeit lachte oder lächelte er über etwas, das der andere sagte, und seine Zähne strahlten wie die eines Filmstars. Epifanio drückte die Zigarette aus und zündete sich eine neue an. Die Frau drehte sich um und schaute auf die Straße, als würde draußen jemand auf sie warten. Ihr Gesicht kam ihm bekannt vor, als hätte er sie vor einiger Zeit verhaftet. Vor wie langer Zeit? Vor etlichen Jahren. Aber sie wirkte nicht älter als fünfundzwanzig, wenn er sie also verhaftet hatte, dann konnte sie damals nicht älter als siebzehn gewesen sein. Möglich, dachte Epifanio. Und dachte dann, dass
Weitere Kostenlose Bücher