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Menschen aus der Umgebung trafen, die kein Auge zugetan hatten: Pfleger und Krankenschwestern aus dem Krankenhaus General Sepúlveda, Krankenwagenfahrer, Angehörige und Freunde von Verunglückten sowie Nutten und Studenten. Die Cafeteria hieß Runaway, und auf dem Gehweg vor einer der Fensterfronten gab es einen Kanaldeckel, aus dem große Dampfschwaden aufstiegen. Das Namensschild des Runaway war grün, und manchmal färbte sich der Rauch grün, sattgrün wie ein subtropischer Urwald, und wenn Garibay das sah, sagte er jedes Mal: Scheiße, ist das schön. Dann sagte er nichts mehr, und die drei Gerichtsmediziner warteten auf die Kellnerin, eine etwas mollige und sehr dunkelhäutige Jugendliche, soviel sie wussten aus Aguascaliente, die ihnen Kaffee brachte und fragte, was sie zum Frühstück wollten. Der junge Frías aß im Allgemeinen nichts oder allenfalls einen Donut. Arredondo bestellte gewöhnlich ein Stück Kuchen mit Eis. Und Garibay ein noch blutiges Rinderkotelett. Vor geraumer Zeit hatte Arredondo ihm gesagt, das werde für seine Gelenke böse enden. In Ihrem Alter sollten Sie das lassen, sagte er. An Garibays Antwort erinnerte er sich nicht genau, aber sie war knapp und deutlich. Während sie auf ihr Frühstück warteten, blieben die Mediziner stumm. Arredondo besah sich seinen Handrücken, als suchte er nach Blutspritzern, Frías besah sich den Tisch oder gedankenverloren die ockerfarbene Decke des Runaway und Garibay sah auf die Straße und die wenigen vorbeifahrenden Autos. Hin und wieder, ganz selten, wurden sie von zwei Studenten begleitet, die sich ein Zubrot als Laboranten oder Schreibkräfte verdienten, und dann waren sie etwas gesprächiger, aber im Allgemeinen blieben sie stumm, versunken bis zum Hals in etwas, das Garibay das sichere Gefühl gut getaner Arbeit nannte. Schließlich bezahlte jeder seine Rechnung, dann traten sie wie Aasgeier ins Freie, und wer von ihnen an der Reihe war, kehrte ins Institut zurück, die anderen verschwanden in der Tiefgarage und gingen grußlos auseinander. Kurz darauf kam ein Renault heraus, Arredondo, beide Hände ans Lenkrad geklammert, und wenig später ein zweiter Wagen, der Gran Marquis von Garibay, den die Straßen verschluckten wie einen alltäglichen Kummer.
Zur gleichen Zeit versammelten sich die Polizisten, die Dienstschluss hatten, zum Frühstück in der Cafeteria Trejo's, einem länglichen, sargähnlichen Lokal mit wenigen Fenstern. Dort tranken sie Kaffee, aßen Rührei oder Eier mexikanische Art oder Eier mit Speck oder Spiegeleier. Und erzählten sich Witze. Manchmal sehr monographisch. Die Witze. Die meisten handelten von Frauen. Ein Polizist sagte zum Beispiel: Wie sieht eine Traumfrau aus? Einen halben Meter groß, Segelohren und platter Schädel, zahnlos und hässlich. Warum? Einen halben Meter groß, damit sie genau bis zum Gürtel reicht, Segelohren, um sie gut im Griff zu haben, platter Schädel, damit man sein Bier irgendwo abstellen kann, zahnlos, um sich den Schwanz nicht zu verletzen, hässlich, damit nicht irgendein Idiot sie einem ausspannt. Einige lachten. Andere aßen weiter ihre Eier und tranken ihren Kaffee. Und der, der den ersten Witz erzählt hatte, legte nach: Warum können Frauen nicht Ski fahren? Schweigen. Weil es in der Küche niemals schneit. Einige hatten das nicht verstanden. Die meisten waren noch nie in ihrem Leben Ski gefahren. Wo auch Ski fahren mitten in der Wüste? Aber einige von den Bullen lachten. Und der Witzeerzähler sagte: So, Herrschaften, wer kennt die biologische Definition der Frau? Schweigen. Antwort: Ein halbwegs geordneter Zellhaufen um eine Vagina. Da lachte einer, ein Kriminalpolizist, der war gut, González, ein Zellhaufen, Bingo, Mann! Und noch einer, diesmal international: Warum ist die Freiheitsstatue eine Frau? Weil man für die Aussichtsplattform einen Hohlkopf brauchte. Und noch einer: In wie viele verschiedene Teile zerfällt das weibliche Gehirn? Kommt ganz drauf an, Herrschaften! Kommt worauf an, González? Darauf, wie hart du zuschlägst. Und besonders scharf: Warum können Frauen nicht bis siebzig zählen? Weil sie bei neunundsechzig bereits den Mund voll haben. Und auch scharf: Was ist dümmer als ein Dummkopf? (Das war leicht.) Eine kluge Frau, natürlich. Noch schärfer: Warum leiht ein Mann seiner Frau nicht sein Auto? Weil zwischen Schlafzimmer und Küche keine Straßenverbindung existiert. Und vom gleichen Kaliber: Was macht eine Frau außerhalb der Küche? Warten, bis der
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