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269 - Andronenreiter

269 - Andronenreiter

Titel: 269 - Andronenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
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Nestes fingen, sondern züchteten innerhalb des Baus Nahrung in Form von Pilzfäden heran. Sie musste also nur ihrer Nase und dem charakteristischen Pilzgeruch folgen.
    Die Andronenreiterin schnüffelte in alle Stollen hinein. Sie meinte einen Hauch von pilzigem Duft und auch einen etwas wärmeren Luftzug aus dem mittleren, neu gegrabenen Gang wahrzunehmen. Wo es Wärme und Nahrung gibt, finde ich auch das, was ich suche!
    Also ging es weiter ins Nest hinab, immer tiefer unter die Erde. Wenn eine Androne vorbei stelzte, kauerte sie sich an die Wand, um die geschäftigen Insekten nicht zu stören. Der abschüssige Gang machte eine sanfte Biegung und der Geruch nach Pilzen nahm immer mehr zu. Ihr wurde fast schwindelig, als sie, um einer weiteren Androne auszuweichen, in eine der etwa hausgroßen Kammern geriet, die offenbar zur Pilzzucht bestimmt waren.
    Hinter ihr betrat die Riesenameise die Höhle. Sie zog einen grünen Ast von etwa doppelter Manneslänge hinter sich her. In der Kammer selbst befanden sich schon drei weitere Exemplare. Durch Luftkanäle in der Decke strömte Frischluft herein und milderte den strengen Gestank von verfaulendem organischen Material, sonst hätte Gosy das Bewusstsein verloren.
    Eine Androne nahm das Aststück vom Neuankömmling entgegen und begann, mit ihren Beißwerkzeugen am Holz herumzunagen. Der so entstehende Holzbrei wurde dann mit dem vordersten Beinpaar auf die älteren Ablagerungen an den Wänden aufgetragen, von denen die beiden anderen Andronen die weißen, fast durchsichtigen Pilzfäden ernteten.
    Gosy erstarrte, als der Lichtkegel ihrer Lampe auf die überwucherte Wand fiel. Der klebrige Brei bestand nicht nur aus pflanzlichen Teilen. Immer wieder ragten Knochen und Chitinteile aus der Masse heraus. Schimmelige Fleischbrocken wurden von dünnen Ästen im Pflanzenbrei gehalten, halb überwuchert vom Myzelgeflecht. Der Andronenreiterin wurde speiübel. Nur mit Not konnte sie einen Brechreiz unterdrücken.
    Sie konzentrierte sich auf die Ernte-Andronen. Es waren kleinere Exemplare, nur etwa halb so hoch wie Gosy selbst.
    »Das sind Männchen!«, flüsterte sie. Sie hatte zwar schon von den männlichen Arbeitern gehört, aber noch nie welche gesehen, da diese sich fast ausschließlich in den Nestern aufhielten. Die Andronenreiter fingen und domestizierten nur weibliche Exemplare, da diese viel größer und kräftiger waren und außerdem etwa fünfmal so lange lebten; etwa zehn Jahre.
    Die beiden Ernter reagierten nicht auf ihre Anwesenheit. Sie zirpten leise und betasteten sich mit den Fühlern. Dann, wie auf ein unsichtbares Kommando, drehten sie sich herum und eilten aus der Kammer. Offenbar waren ihre Kröpfe mit den eiweißhaltigen Pilzfäden voll befüllt, und jetzt brachten sie sie zu den Eikammern und den Larven.
    Fast hätte Gosy: »Hey! Wartet auf mich!« gerufen. Eilig rannte sie hinter den beiden Männchen her. Dabei versuchte sie sich den Weg einzuprägen. Sie hatte keine Lust, später bei der Suche nach dem Ausgang stunden- oder gar tagelang hier unten herumzuirren.
    Als die Arbeiter am Ende des Ganges in die rechte Abzweigung abbogen, sah Gosy, dass sie am Ziel ihrer Suche angelangt war. Sie befand sich jetzt in einer großen, nahezu rund angelegten Kammer, in die ein halbes Dutzend Gänge hineinführte. Auch hier sorgten Luftschächte für ein erträgliches Klima.
    Was Gosy Angst machte, war die schiere Menge an Andronen, die sich hier aufhielt. Sie waren überall, kletterten an den Wänden und an der kuppelförmigen Decke umher, klackerten und klicken, zirpten und tasteten.
    Gosy hielt den Atem an, als gleich vier Männchen auf sie zu kamen, sich leicht aufrichteten und mit den Fühlern sachte über ihren Körper strichen. Völlig steif stand sie da und ließ die Prozedur über sich ergehen. Nach einem kurzen Augenblick wandten sich die Andronen wieder ab und verschwanden in einem der Ausgänge.
    Offenbar hatte sie die Prüfung bestanden und die Insekten hatten entschieden, dass von ihr keine Gefahr ausging. Nur langsam bekam Gosy das Zittern ihrer Glieder in den Griff. Sie atmete noch einmal tief durch, dann bahnte sie sich vorsichtig einen Weg zwischen den Beinpaaren der Andronen hindurch in die Mitte des Raumes. Dort, auf einem kleinen Erdhügel, sah sie das, weswegen sie hier war.
    Gosy nahm das Andronenlasso vom Gürtel und schaute in ein großes Paar Facettenaugen.
    »Na, kleine Prinzessin?«, sagte sie, lässiger als sie sich fühlte. »Lust auf einen

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