27 - Im Lande des Mahdi I
es ihm nicht geheißen. Allah ist mein Zeuge!“
„Schweig! Ich weiß, daß du diesen Leuten gebietest, Trinkgelder zu verlangen, die du dann mit ihnen teilst.“
„Man hat dir falsch berichtet. Zum Beweis, daß ich dir die Wahrheit sage, werde ich dem Frevler die Bastonade geben lassen!“
„Dessen bedarf es nicht, denn ich habe ihn schon selbst gezüchtigt. Und wenn du mit ihm teilen willst, so laß dir von ihm das geben, was er von mir erhalten hat. Melde mich dem Pascha, deinem Herrn!“
„Verzeih, daß ich das nicht tun kann, da der hohe Gebieter mit viel Gefolge nach der Oase Dachel gereist ist.“
„Wann kehrt er zurück?“
„Es kann über eine Woche vergehen, ehe die Augen seiner Diener das Glück haben werden, sein Angesicht wiederzusehen.“
Ich hielt diesen unförmlichen Schwarzen für einen Diener, und zwar, weil er in Seide gekleidet war, für einen bevorzugten, vielleicht einen Haremsdiener, mußte aber meinen Irrtum erkennen, als der Emir jetzt zu ihm sagte:
„So will ich dir die Befehle geben, welche er dir als seinem Haushofmeister erteilen würde. Dieser Herr hier ist ein sehr gelehrter und vornehmer Effendi aus Germanistan und will einige Tage in Siut bleiben. Ich hatte die Absicht, ihn dem Pascha als Gast zu empfehlen, da dieser aber nicht anwesend ist, so beauftrage ich dich, ihn so aufzunehmen und so für ihn zu sorgen, als ob er ein Verwandter deines Herrn sein.“
Der Neger bekleidete also die nicht geringe Stelle eines Haushofmeisters! Er musterte mich mit nicht eben den freundlichsten Blicken und antwortete dann dem Emir:
„Dein Wille soll geschehen, Herr! Ich werde dem Fremden ein Zimmer anweisen, welches seinem Rang angemessen ist. Tretet näher, und erlaubt, daß ich euch mit Pfeifen und Kaffee erquicke!“
„Ich habe nicht Zeit, mich niederzusetzen, da ich schleunigst absegeln muß; ich werde nur so lange hierbleiben, als nötig ist, zu sehen, daß der Effendi eine würdige Wohnung bekommt. Du wirst uns also in dieselbe führen. Beeile dich!“
Es war mir gar nicht lieb, daß der Emir den Mann in dieser Weise behandelte, denn es stand zu erwarten, daß ich später die Folgen zu tragen haben würde. Der Schwarze runzelte die Stirn, verbeugte sich aber höflich und forderte uns auf, ihm zu folgen. Er führte uns in ein großes Gemach, dessen blaue Wände mit goldenen Koransprüchen geschmückt waren, und bedeutete uns, daß dasselbe meine Wohnung sein werde. Der Emir zeigte sich zufrieden und sagte, daß er sich genau nach meiner Zufriedenheit erkundigen werde, und daß der Haushofmeister jetzt meine Sachen bringen lassen solle. Der letztere entfernte sich. Nach kurzer Zeit kam ein anderer Schwarzer, welcher den Matrosen die Effekten abgenommen hatte. Diesem folgte ein zweiter Neger, welcher mir einen Tschibuk nebst Kaffee brachte und sich, um mich zu bedienen, vor mir niedersetzte. In jedem besseren Haus des Orients ist heißes Wasser für den Kaffee zu jeder Zeit zu haben. Diese schnelle Bedienung schien dem Emir Bürgschaft genug zu sein, daß man seiner Empfehlung vollständig nachkommen werde. Er gab mir eine Adresse, durch welche ich in Khartum über ihn Auskunft erlangen könne, reichte mir dann die Hand und meinte:
„Und nun zum Abschied, du bist hier gut aufgehoben und kannst gehen und kommen, wie es dir beliebt. Sollte man aber deine Wünsche nicht erfüllen, so berufe dich auf mich und werde grob. Allah segne dich und geleite dich glücklich zu mir!“
Er ging. Ich gestehe, daß ich mich gar nicht so sehr behaglich fühlte. Es war mir, als ob ich recht bald Veranlassung haben würde, die mir empfohlene Grobheit in Anwendung zu bringen; doch konnte es mir nicht einfallen, diesem Rat zu folgen. Ich mußte mich als einen unwillkommenen Eindringlich betrachten. Die Art und Weise, mit welcher der Emir mich eingeführt hatte, war nicht geeignet, mir die Sympathie des schwarzen Haushofmeisters zu erwecken. Ich nahm mir vor, den Palast, falls man mich unfreundlich behandeln sollte, sofort zu verlassen und mir eine andere Wohnung zu suchen.
Wohl eine Stunde lang hatte ich rauchend auf meinem Polster gesessen. Ich glaubte, man werde kommen, um sich nach meinen Wünschen zu erkundigen. Der Emir hatte den Hafen gewiß schon verlassen. Ja, man kam, doch nicht, um auf meine Wünsche zu lauschen. Der Haushofmeister trat ein, und der Diener, welcher so lange Zeit wortlos vor mir gekauert hatte, entfernte sich mit ehrerbietiger Schnelligkeit. Der Schwarze setzte sich
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