2717 – Vothantar Zhy
verschränkten Armen auf und ab. »Ich habe natürlich meine Warnung an den Imperator geschickt. Ich gehe davon aus, dass er sie erhalten hat und handeln wird. Er muss sich verstecken, so weit entfernt wie nur möglich. Sie werden Jagd auf ihn machen. Ob nun vor oder hinter dem Schirm. Alle.«
Er warf einen düsteren Blick zum Sarg. »Es wird schwer, die Leute unter Kontrolle zu halten. Ich sollte eine Truppe zum Schutz des Imperators zusammenstellen, falls er doch eintrifft – aber wer garantiert mir die Loyalität? Die Aussicht auf Unsterblichkeit korrumpiert irgendwann jeden. Am Ende schicke ich Bostich statt Leibwächtern nämlich Attentäter auf den Hals. Immerhin will ihn das Tribunal lebend in die Hände bekommen. Trotzdem ... ich weiß nicht, was ich tun kann, wie ich ihn schützen soll. Wie ich eine galaxisweite Treibjagd verhindern soll. Das könnte den Bestand des gesamten Imperiums in Gefahr bringen ...«
Es wackelte bereits bedenklich. Deshalb wurde von ihm erwartet, dass er handelte. Das Imperium sollte sich nicht schwach und apathisch zeigen. Der kranke Mann aus M 13 ...
Sollte er entgegen seinen Überlegungen alles, was er besaß, in die Schlacht werfen? Den Onryonen in einem verlustreichen Kampf ihre Grenzen aufzeigen, auch auf die Gefahr hin, dass dann nur noch der Kristallschirm als Schutz blieb?
Doch selbst wenn er alle achtzigtausend Feindschiffe vernichtete – was tat er, wenn sie noch einmal achtzigtausend nach Arkon beorderten? Die Streitmächte aus ganz Thantur-Lok zusammenrufen, das Galaktikum um Hilfe bitten? Und was, wenn das immer noch nicht reichte und nochmals achtzigtausend Schiffe kamen? Die Bevölkerung mit Axt und Messer bewaffnen und dem Feind entgegenschleudern?
»Ich habe zu meinen Beratern gesagt, dass wir Zeit haben, doch ist das so?«, fuhr Tormanac fort. »Diese Frage stellt sich mir am meisten: Habe ich denn Zeit?«
Er lebte gerade in dieser Zeit des enormen politischen Drucks in ständiger Angst vor einer weiteren Attacke, vorzeitig durch die starke Belastung hervorgerufen, die seinen unheilbar kranken Zustand offenbaren würde. Momentan nahmen seine Mitarbeiter an, dass er eben vorzeitig alterte, schließlich war er »schon« 130, und falls er exzessiv lebte oder gelebt hatte, laugte das nun einmal aus. Sein Aussehen war also nachvollziehbar – noch. Sie wussten nichts Privates über ihn, da war er stets genauso zurückhaltend wie Bostich gewesen.
In diesem Moment der Furcht bedauerte er, dass er außer einem toten Leibwächter niemanden hatte, mit dem er reden, dem er sich anvertrauen konnte. Der ihm emotional nahestand und ihm den Rücken stärkte. Aber er war nie der Typ gewesen, der sich an jemanden band, mit dem er auf Dauer zusammenleben wollte. Zu Beginn seiner Herrschaft hatte er natürlich wie in den Jahren davor intime Beziehungen zu Frauen gepflegt, hatte auch einiges an Vergnügungen unternommen.
Doch seit seine Krankheit ausgebrochen war, war es damit vorbei gewesen; seither lebte er wie ein Eremit. Und Asket dazu. Ein Zustand, den er niemals freiwillig gewählt hätte, aber er durfte unter gar keinen Umständen riskieren, dass jemand von der Ursache seines körperlichen Verfalls erfuhr. Von dem geistigen Abbau ganz zu schweigen. Sicher merkte er jetzt noch nichts davon, aber Vavcanto konnte ihm nicht weismachen, dass die zunehmenden und länger andauernden Bewusstseinsausfälle keine Auswirkungen auf seine Synapsen hätten! Wahrscheinlich zerschoss es ihm jedes Mal ein paar tausend Gehirnzellen und unterbrach neuronale Verbindungen, die irgendwann nicht mehr durch Umleitungen aufgefangen werden konnten.
Wenn Bostich nicht hier ist und ich nicht mehr handlungsfähig bin, dann sehe ich den Untergang des Reiches voraus. Die Onryonen werden nicht abziehen, auch wenn sie ihren Hauptbeschuldigten bekommen haben. Sie werden bleiben und dem arkonidischen Volk ihre Obergerichtsbarkeit aufdrücken und es zwingen, fortan ihren Leitsätzen zu folgen. Dann mögen die Sternengötter mit den Arkoniden sein ...
»Dazu werde ich es nicht kommen lassen«, sagte Tormanac laut und fest entschlossen. Er schüttelte die Niedergeschlagenheit ab, die kurze Pause hatte gutgetan. Nun war er bereit, wieder in seinen Regierungssitz zurückzukehren. Er durfte nicht nachgeben, er musste abwägen, in seiner Position Stärke und Überlegenheit demonstrieren, und bald würde er handeln.
»Ich werde einen Weg finden.«
Das klang wie ein Schwur, und so sollte es auch
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