2717 – Vothantar Zhy
draufgekommen und der Sache erst einmal gründlich nachgegangen, bevor ich dich informiert habe. Aber es kann kein Zweifel bestehen.«
»Ich glaube, mir wird nicht gefallen, was du mir gleich eröffnen wirst«, stellte die Kommandantin fest. Unwillkürlich zupfte sie an einem ihrer beiden sternförmigen Ohrstecker wie zumeist in solchen Situationen. Ein Geschenk eines lange verflossenen Liebhabers, der keinen Anteil an ihrer »geheimen« Karriere haben wollte, weil ihm das zu anstrengend sei.
»Geheimnisse zwischen uns sollte es nicht geben, und ich will nicht zwischen dir und deiner Arbeit stehen«, hatte er beim Abschied gesagt. »Aber wenn ich dir einen guten Rat geben darf, pass auf dich auf und schütze dich.« Dann hatte er ihr den hübschen kleinen Ohrschmuck überreicht, den sie seither nie mehr abgelegt hatte. »Das soll dich ebenfalls schützen. Es steckt eine Überraschung darin – wer weiß, vielleicht benötigst du sie eines Tages.«
Yscrou hatte damals, als er ihr die »Überraschung« erklärte, herzlich darüber gelacht – da war sie noch nicht ganz so streng und herb gewesen wie mittlerweile – und gemeint, er habe zu viele Spionageserien gesehen. Ihre Arbeit habe damit gar nichts zu tun, auch wenn sie geheim sei. Sie müsse weder kämpfen noch Waffen tragen. Aber es war ihm so ernst gewesen, und sie war ihm so herzlich zugetan gewesen, dass sie ihm das Versprechen gab, seinen Schutz niemals abzulegen, weder tags noch nachts.
Inzwischen war ihr die Erinnerung an diese lange vergangene Romantik lieb, dass sie auch weiterhin nicht auf den Schmuck verzichtete und ihn nie gegen einen anderen austauschte, nicht einmal für besondere Gelegenheiten. Fast schon abergläubisch kam sie sich dabei vor, aber was machte das aus? Es hatte eben jeder so seine kleinen Marotten und Schwächen.
»Nein«, bestätigte der Naat. »Es wird dir nicht gefallen. Jemand hat versucht, in den Kern der Schaltzentrale einzudringen.« Er zeigte seiner Vorgesetzten die Protokolle. »Es kommt immer mal zu einer Fehlermeldung, aber das konnten wir bisher jedes Mal aufklären. Es war stets ein harmloser Grund. Doch hier konnte ich nicht einmal herausfinden, wer versucht hat, sich Zugang zu verschaffen.«
Yscrou studierte die Daten. Die numerische Kennung war eindeutig manipuliert, denn sie konnte nicht zugeordnet werden. Ein Zufall war ausgeschlossen. Jemand hatte absichtlich seine Zugangsberechtigung geändert. Hätte er eine fremde Kennung benutzt, wäre die Sache schnell aufgeklärt gewesen, weil derjenige, dem sie gehörte, ausfindig gemacht werden konnte. Der Geheimnisvolle hatte wohl geglaubt, den Zutritt so schnell zu schaffen, dass niemand darauf aufmerksam würde.
»Hast du die Dienstpläne verglichen, wer die Zeit gehabt hätte, den Versuch zu unternehmen?«
Es gab nicht nur einen Versuch, sondern zwei: zwei Tage vor der onryonischen Invasion – und heute. Nach der Invasion.
»Selbstverständlich«, bestätigte Faldyrs. »Hier ist die Liste.«
Keiner der Namen war besonders auffällig. Langjährige, zuverlässige Mitarbeiter; wie überhaupt jeder in diesem Komplex. Sie alle waren vor der Anstellung gründlich überprüft worden und wurden es auch weiterhin. Kein Lebenswandel blieb im Verborgenen, das wusste jeder, der hier arbeitete. Der Dienstort durfte lediglich im Wochentakt für zwei bis drei Tage verlassen werden, mit genauer Ab- und Anmeldung. Und das war eigentlich die einfachste Stufe.
Wer direkt in Yscrous Stab arbeiten wollte, hatte noch einige Hürden mehr zu bewältigen. Beispielsweise während der Dienstzeit von mindestens einem halben Jahr den geheimen Arbeitsort überhaupt nicht verlassen zu dürfen, dazu herrschte strengstes Kontaktverbot zu Freunden und Familie.
»Die Onryonen haben ihre Invasion von längerer Hand geplant«, resümierte die Kommandantin. »Irgendjemand unserer Leute ist gekauft oder ersetzt worden.«
»Sollen wir den Vizeimperator in Kenntnis setzen?«
»Das können wir nicht. Wir haben die höchste Sicherheitsstufe, solange der Belagerungszustand währt. Wir beide müssen die Sache umgehend klären, Faldyrs.«
*
Es war eine aufwendige Arbeit, den Tagesablauf der infrage kommenden Mitarbeiter genau zu durchleuchten. Zunächst hatten sie nach dem Ausschlussprinzip gearbeitet und alle Personen von der Liste genommen, die zu den fraglichen Zeiten Dienst gehabt und Zeugen für die Anwesenheit hatten. Aber es blieben trotzdem noch genügend Leute übrig, die entweder
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