2724 – Zeitzeuge der Zukunft
schien es undenkbar, diesen Mann mit Begriffen wie Eile oder Hast in Verbindung zu bringen. Tifflor war, wenn die Berichte stimmten, an einem Ort gewesen, den man den Jahrmillionengang nannte.
Und er hatte ihn durchwandert.
Cheung fühlte sich wie ausgehebelt. Sie sagte: »Es ist gut, dass du zurück bist« und biss sich vor Ärger auf die Zunge. Was plappere ich da?
Tifflor sah aus, als dächte er über diesen Satz nach wie über ein kompliziertes Rätsel.
Sie sagte: »Ich meine nur ...« Sie unterbrach sich gleich wieder. »Diese Sache mit dem Schirm – ist der Kristallschirm defekt?«
»Soweit ich weiß, nein«, sagte Tifflor verwundert. »Spielt das eine Rolle?«
Sie schüttelte den Kopf, obwohl das selbstverständlich eine Rolle spielen würde.
Tifflor lächelte. »Ihr braucht euch wegen meiner Fähre nicht zu sorgen«, sagte er. »Und auch nicht wegen Flottenadmiral Fenckenzer.«
»Gut«, sagte sie. »Darf ich fragen, wer dich schickt? Oder bist du«, sie machte eine Geste, die alles und nichts bedeuten mochte, »aus keinem besonderen Grund im Solsystem?«
»Ich folge einer Einladung«, erklärte Tifflor. »Ist dir das nicht klar?«
Cheung sah ihn verwirrt an. »Nein. Ist es nicht. Du brauchst doch keine Einladung, um ins Solsystem zu kommen. Du bist Terraner.«
Er schien darüber nachzudenken.
»Wer hat dich eingeladen?«, fragte sie.
»Matan Addaru Dannoer«, sagte Tifflor. »Er hat mich gebeten, als Zeuge im Prozess auszusagen.«
Sie musste schlucken.
»Erhalte ich Landeerlaubnis für Terrania?«
»Ja«, krächzte Cheung. »Natürlich.«
Sie spürte, wie sie errötete. Wenn jemand wie Julian Tifflor in Sachen Perry Rhodan zur Erde kam, hätte sie erleichtert sein müssen. Warum hatte sie das bittere Gefühl, dass ihre Zusage ein katastrophaler Fehler war?
*
Tifflor hatte nichts dagegen, dass die GAUPELLAR GUZDRIN von den acht Schlachtkreuzern eskortiert wurde. Sie ärgerte sich, dass sie ihn überhaupt gefragt hatte – Tifflor besaß kein Amt im Solsystem. Sie war es, die die Entscheidungen traf.
Warum hatte sie de Vos übrigens nicht darüber informiert, wen sein Geleitzug nach Terra geleitete? Die Gerüchteküche an Bord der Kreuzer würde jetzt genauso hochkochen wie an Bord des LORETTA-Tenders.
Über kurz oder lang würde sowieso jeder solare Bürger, ja die ganze LFT wissen, wer da mit Billigung der Solaren Premier nach Terrania gekommen war.
Jemand, der sich an sein Menschsein kaum noch erinnert. Jemand, der alles Mögliche, Sonderbare tun wird, aber nicht Rhodan aus dem Zugriff des Atopischen Tribunals befreien.
Obwohl sie, wenn sie ehrlich war, immer noch genau das hoffte wie sonst nichts auf der Welt.
*
Die GAUPELLAR GUZDRIN sollte auf dem Flottenraumhafen im Südwesten der Stadt landen. Cai Cheung hatte ihr Kabinett unterrichtet, danach Attilar Leccore. Die Öffentlichkeit wusste noch nicht Bescheid. Cheung wollte zunächst mit Tifflor direkt sprechen.
Die Solare Premier sah aus dem Haupt-Tower zu, wie sich vier gewaltige Schalen aus der Wolkendecke senkten – die unteren Polregionen der Begleitkreuzer, die synchron mit der Walze zur Landung ansetzten.
Nun löste sich auch der Walzenkörper aus den Wolkenschwaden. Zwischen den 500-Meter-Kugeln wirkte das Schiff, mit dem Tifflor zurück zur Erde kam, geradezu winzig.
Aber es ist das Schiff, das den Kristallschirm durchbrochen hat – das ist nicht einmal TRAITOR gelungen.
Es war wohl auch kaum der Springerwalze gelungen. Eher dem Mann, den der lächerliche Admiral seinen Passagier genannt hatte.
Welche Macht verkörperte Tifflor?
Und wieso hatte das Atopische Tribunal ihn einbestellt?
Sie fuhr mit dem Antigravschacht nach unten, verließ den Tower und bestieg den wartenden Gleiter, dessen Glassitkuppel diskret verdunkelt war.
Sie hatte auf jede Begleitung verzichtet. Was sollten Raumlandesoldaten an ihrer Seite oder TARAS? Sie hätte sich Tifflor gegenüber nur lächerlich gemacht.
Die Maschinen der GAUPELLAR GUZDRIN donnerten und fauchten, während die Kreuzer lautlos niedersanken wie Phantome.
Die Landestützen der Walze berührten den Boden; der Rumpf schwankte noch ein wenig in die eine, dann in die andere Richtung. Dann lag er still.
Cheung hatte den Gleiter gestoppt. Sie stieg aus.
Eine Mannschleuse öffnete sich, eine Gangway fuhr aus. Tifflor stieg die Stufen herunter.
Er hatte Cheung längst gesehen und kam nun auf sie zu. Ihr war, als ginge ihm eine unsichtbare Bugwelle voraus,
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