2725 - Preis der Gerechtigkeit
gelaunt.
»Wir kommen bewusst ohne sie«, sagte Zouza. Ihre Stimme harmonierte in idealer Weise mit ihrem Äußeren – beides schmeichelte auf unfassbare Weise. Sie war die Perfektion schlechthin. Ein Wunder, wie eine solche Ebenmäßigkeit ohne Genmanipulation hatte entstehen können.
Vemia hingegen war jemand, der sofort aus dem Gedächtnis aller verschwand, die sie sahen: unscheinbar und klein, und das in mehr als nur einem Sinn. Aber etwas an ihr hatte Vetris von Anfang an fasziniert – etwas, das Vemia über alle anderen erhob, sogar über Amyon und über Zouzas äußerliche Schönheit ohnehin. Was es war, vermochte der Tamaron nicht zu sagen – er dachte seit Jahren darüber nach.
»Gibt es Probleme?«, fragte Vetris. Er griff nach der Wasserflasche, die Zouza ihm hinhielt. Es tat gut, den Salzgeschmack wegzuspülen.
»Das Kind«, sagte Vemia, und ein eiskalter Dorn bohrte sich in Vetris' Brust. »Sei unbesorgt, es ist nur vorübergehend, wie die Mediker bestätigen. Sie behandeln Amyon, und weder dem Baby noch der Mutter wird in einer Woche etwas anzumerken sein.«
»Sie werden zur Zeremonie gesund sein?«
»Den Aussagen der Mediker zufolge, ja.«
»Sehr gut. Ich brauche sie, wenn ich an die Öffentlichkeit trete und ewiges Leben empfange.« Er legte die Arme um seine beiden Partnerinnen. »Ich brauche euch alle drei an diesem Tag an meiner Seite.«
»Aber was wird sein«, fragte Zouza, »wenn die Zeit vergeht? Die Jahre und Jahrzehnte? Wenn wir altern und du nicht?«
»Dann werde ich bei euch sein bis ans Ende«, sagte Vetris. »Und auch noch danach werdet ihr in mir weiterleben und Tefors Weg zur Herrlichkeit mitverfolgen.«
1. Oktober 1514 NGZ
Die Operation lag hinter ihm. An sein neues Gesicht konnte sich Schechter leichter gewöhnen als an die zusätzlichen Arme. Sie reagierten auf die Impulse seines Gehirns, aber mit leichter Verzögerung, und sie fühlten sich fremd an.
Dennoch war Caus-Iver ein Meisterwerk gelungen, zumal Schechters gebundene Arme bei entsprechender Kleidung tatsächlich wirkten wie ein muskulöser Oberkörper.
So konnte der Tomopat durch die Klinik gehen und vorgeben, ein Tefroder zu sein ...
... und nicht nur in der Klinik. Die Wunden und Schnitte in seinem Gesicht waren dank modernster medizinischer Mittel binnen Stunden verheilt. Sein Körper war stark, und am zweiten Abend nach der Operation verließ Schechter zum ersten Mal die Klinik.
Er ging durch die Straßen von Apsuma, ließ das Leben in der tefrodischen Hauptstadt auf sich wirken. Es fühlte sich fremd an. Wie seine Arme.
Kelen-Setre hatte ihm einige Kreditchips ausgehändigt, die ihn finanziell unabhängig machten und nicht zurückverfolgt werden konnten. Überall in den Straßen wimmelte es von Tamanischen Milizionären – Freiwilligen, die im Auftrag des Verteidigungsministeriums Kontroll- und Überwachungsfunktionen übernahmen.
Die Stadt war sicher. Alles und jeder bereitete sich auf das Ereignis schlechthin vor – auf die Unsterblichkeit für den Tamaron, auf den Startschuss für die neue Rolle der Tefroder in der Milchstraße.
Ein Volk, das einst so bedeutend gewesen war, würde aus den Ruinen der Mittelmäßigkeit auferstehen und seine Herrlichkeit ausbreiten. Die Aufbruchsstimmung war allgegenwärtig, genau wie die Milizionäre. Sie stand in jedem Gesicht, sie war ablesbar in jedem Schaufenster, in jeder Holowerbung. Tefroder zu sein war etwas Großes, etwas Herrliches.
Nur nicht für Schechter. Er gab vor, etwas zu sein, was er nicht war, und es ekelte ihn an. Aber er tat es zu einem Zweck. Um einen Auftrag zu erfüllen und um dieser Stadt, diesem Aufbruch die Basis zu entziehen. Apsumas neuer Glanz würde wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen, wenn das Fundament fehlte, wenn Vetris-Molaud starb.
Ob er dabei einen Tyrannenmord zelebrierte, der Gerechtigkeit zum Recht verhalf, oder ein Verbrechen an einem Unschuldigen beging und ein ganzes Volk ins Chaos stürzte – das spielte für Schechter keine Rolle. Für ihn war es der Mord seines Lebens. Die Erfüllung, die Krönung seines Daseins, und die Krone würde er in Gestalt des Zellaktivators an sich nehmen.
Drei Milizionäre kamen auf ihn zu. Gekennzeichnet waren sie wie alle ihre Kollegen mit der schmalen, fingerbreiten scharlachroten Schärpe, die quer über die Brust verlief. Dort, wo die Schärpe die Herzgegend kreuzte, war das stilisierte Bild der Milchstraße zu sehen.
Schechter ignorierte die drei Tefroder, wie sie
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