273 - Die Wandlung
Oder ihr Hass auf Grao war zu groß, um sich beschwichtigen zu lassen.
»Ich weiß, du hast Furchtbares erlitten!«, rief Bahafaa über den Abgrund. »Und das, was Tumaara tat, war falsch. Aber möchtest du dich wirklich auf eine Stufe mit den Göttern stellen und über Tumaara richten? Denkst du nicht, sie bedauert ihre Verfehlung und hat die Jahre in der Verbannung genug gelitten?«
»Sie hat ihren unversehrten Körper! Ihre Hand wurde nicht von einer Bestie zermalmt!« In Ludmeelas Worten klang ein Hass, der Matt schaudern ließ.
»Ludmeela, bitte! Sei vernünftig!« Bahafaa redete mit Engelszungen, doch Matt spürte, dass ihre Beeinflussung nicht wirkte. Ihr Hass war zu stark.
»Tumaara bedauert es nicht!«, rief Ludmeela zornig. Sie trat noch näher an die Brücke heran und senkte ihr Messer. Wollte sie die Halteseile zerschneiden? Matt spannte seine Muskeln an. Er musste handeln. Jetzt, bevor es zu spät war! Er blickte zu Aruulas und sah, dass auch sie bereit war.
Auf sein Nicken hin spurteten sie gemeinsam los.
»Bleibt stehen!«
Sie ließen sich nicht von Ludmeelas Ruf irritieren und rannten auf die Brücke. Gut, dass wir ihre Festigkeit vorhin so gründlich überprüft haben , schoss es Matt durch den Kopf. Ansonsten wäre er kaum das Wagnis eingegangen.
Ludmeela machte ernst. Sie säbelte an einem der Seile herum - bis es mit lautem Knall riss! Die Brücke geriet in eine seitliche Schwingung. Aruula fluchte, als sie stürzte. Matt zögerte einen winzigen Moment, doch ihr »Lauf weiter!« peitschte ihn vorwärts. Es war nicht mehr weit.
Dann kappte Ludmeela das zweite Seil.
Knackend und ächzend lösten sich die Verstrebungen. Es knallte und peitschte. Die Brücke verlor ihre Stabilität.
Keine Chance! Matt erkannte, dass er Ludmeela nicht mehr erreichen würde. Er warf sich herum und sah erleichtert, dass Aruula das diesseitige Ende fast wieder erreicht hatte.
In diesem Moment gab die Brücke endgültig unter ihm nach; er verlor den Halt. Vor sich sah er Aruula springen. Die Kriegerin flog die letzten beiden Meter durch die Luft und packte Dykestraas Arme, die sie zu sich zog. Beide fielen auf sicheren Boden.
Matt suchte verzweifelt nach Halt. Sein linker Arm wickelte sich um eines der erschlaffenden Seile, seine Rechte umklammerte ein schmales Holzbrett. Hinter sich hörte er Ludmeelas Stimme. »Folgt mir nicht! Ich werde euch töten, wenn ihr mir folgt!«
Matt stürzte - bis ein Ruck ihm schier die Arme aus den Gelenken reißen wollte. Er schlug gegen den mit einem dicken Eispanzer überzogenen Felsen. Die Luft wurde ihm aus den Lungenflügeln getrieben, doch seine Finger umklammerten nach wie vor das Brett. Und das Seil hielt! Über sich hörte er die besorgten Rufe von Aruula und den anderen.
Matt nahm sich keine Zeit, auszuruhen. Er zog sich an den Brettern und dem Seil nach oben, Stück für Stück. Ich schaffe es! Noch einen Meter bis zur Kante!
Doch da spürte er, dass die Spannung des Seils abrupt nachließ. Als wäre es durchtrennt worden! Von einer scharfen Eiskante, einem Felsengrat… oder der Messerhand eines Formwandlers? Nutzte Grao die Gelegenheit für seine Rache?
Hektisch griff Matt an seinen Gürtel und riss einen der spitzen Metallhaken hervor, die Grao ihm als Hermon gegeben hatte. Er holte weit aus und rammte den Haken mit aller Gewalt ins Eis. Keine Sekunde zu früh. Seil und Planken rauschten haltlos an ihm vorüber und verschwanden in der Tiefe der Schlucht. Matt hing mit seinem ganzen Gewicht an dem Haken. Er spürte, wie er unter der Belastung nachgab und aus dem Eis zu rutschen drohte.
Da tauchte am Rand der Kante Grao'sil'aana in Gestalt Hermons auf. Um ihm den Todesstoß zu versetzen? Nein… er streckte seine Hand aus. »Greif zu!«
Über ihm erschien Aruula und hob ihr Schwert. »Wage es nicht, ihn hinabzustoßen!«, warnte sie ihn.
Matt sah hinauf. Graos Hand war noch ein gutes Stück von ihm entfernt - und jetzt veränderte sie sich, wurde grünblau und schuppig. Grao nahm seine Echsengestalt an! Matt sah, wie der Daa'mure seinen Arm länger und dünner machte. Die Hand wuchs ihm buchstäblich entgegen.
Matt packte zu, und Grao zog ihn nach oben. Schwer atmend kam er auf allen vieren im Schnee auf und sackte ein Stück ein. Er blickte Grao aus großen Augen an. Auch Aruula starrte auf ihren einstigen Feind. Die Schwertspitze in ihrer Hand sank langsam zu Boden.
»Du… du hast mir das Leben gerettet…«, keuchte Matt.
Grao sah ihn aus
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