274 - Die dunkle Seite des Mondes
»Da ist er! Verdammt, warum haben wir ihn nicht kommen sehen?«
»Was ist los, Shang?«, fragte Braxton, erkennbar um Ruhe bemüht.
»Der Kerl mit dem Säbel! Er steht vor der Station beim Packschlitten.« Dann, offenbar nicht mehr für Braxtons Ohren bestimmt: »Warum hast du nicht aufgepasst, Mann?«
»Ich dachte, Sie beobachten die Monitore!« Einer der Techniker, die mit dem Arzt in der Zentrale geblieben waren.
»Ich? Das war deine Aufgabe!«
»Aber…«
»Ruhe!«, brüllte Braxton, dass seine Stimme im Helmfunk schepperte. »Schluss mit dem kindischen Gezanke. Ich will laufend informiert werden, wo sich der Säbelschwinger aufhält.«
»Er ist noch immer am Packschlitten.« Shang klang zittrig und weiterhin aufgebracht. »Er… so ein Mist!«
»Was? Verdammt, Shang, berichten Sie!«
»Er hat die Kamera zerstört. Wir können nicht mehr sehen, was er tut.«
Ein eisiger Schauer überlief Damon bei diesen Worten. »Wir müssen warten. Wenn wir zur Schleuse gehen, laufen wir ihm direkt in die Arme.«
»Sie haben recht. Wir sollten…«
»Ich sehe ihn wieder!«, fiel Shang Braxton ins Wort. »Er ist… er ist durch die geschlossene Schleusentür gesickert!«
»Wie in den Archivaufnahmen«, murmelte, Damon.
»Das weiß ich selbst!«, fuhr Braxton ihn an. »Ich hatte gehofft, er wäre so massiv geblieben, wie wir ihn im Film zuletzt gesehen haben.«
»Sie können weitergehen«, sagte Shang. »Er durchschreitet den Modulring in entgegengesetzter Richtung.«
Also setzte sich der Trupp wieder in Bewegung. Doch nur kurz darauf erklang wiederum Shangs Stimme. »Wir haben ein Problem.« Stille.
»Soll ich versuchen, es zu erraten?«, fragte Braxton in kaltem Tonfall. »Reden Sie, Mann!«
»Der Eindringling zerstört systematisch jede Kamera auf seinem Weg. Und jedes andere technische Gerät. Dabei muss er einen der Verteiler erwischt habe. Wir sehen auf unseren Monitoren keine Live-Bilder mehr, sondern nur noch das Archivmaterial, das wir zum Mars senden.«
Braxton fluchte. »Schalten Sie die Übertragung aus. Vielleicht hilft das.« Und an sein Team gewandt: »Los! Wir brauchen dieses Messgerät!«
Dennoch verlangsamten sie das Tempo. Keiner von ihnen hatte Lust, plötzlich dem säbelschwingenden Gespenst gegenüberzustehen, falls es sich - unbeobachtet von allen - dazu entschloss, doch in die andere Richtung zu marschieren.
Sie hörten Stimmengemurmel aus dem Helmfunk. »Die Übertragung ist angehalten.« - »Auf den Monitoren läuft sie noch. Sind Sie sich sicher?« - »Ja. Nein. Oder hier?« - »Wie lässt sich dieses blöde Ding wieder stoppen?«
Für einige Sekunden kehrte Ruhe ein. Dann erklang erneut Shangs Organ: »Ich sehe immer noch die Archivbilder!« Und plötzlich ertönte das Getöse von splitterndem Glas und sich verformendem Metall durch den Helmfunk.
»Verdammt!«, schrie Shang. »Was…? O nein, er ist hier… er kommt… o nein, ich…«
Dann: Stille.
»Shang! Melden Sie sich!«, brüllte Braxton.
Keine Antwort.
»Los! Rasch! Solange er in der Zentrale ist.«
So schnell es die Schwerkraft des Mondes zuließ, erreichten sie die Schleuse und den Packschlitten . Auch er bot ein Bild der Verwüstung.
»Völlig feinstofflich kann er nicht sein«, sagte Ric. »Sonst hätte er es nicht geschafft, alles zu zertrümmern.«
»Soll ich das jetzt als gute Nachricht auffassen?«, fragte Braxton.
Sie durchsuchten das, was der Säbelmann von der Ausrüstung übrig gelassen hatte, und fanden das Messgerät. Es erinnerte an eine kleine Radioschüssel. Ric schaltete es ein.
»Es funktioniert nicht!« Er warf einen sehnsuchtsvollen Blick in Richtung der CARTER IV. »Sollten wir nicht besser zum Raumschiff gehen und zu entkommen versuchen?«
»Da sind noch Leute von uns in der Station!«, sagte Damon. »Die können wir nicht einfach zurücklassen.«
»Nein!«, meinte auch Braxton nach kurzem Nachdenken. »Die CARTER ist kein Gleiter, in den wir einsteigen und davonflitzen können. Bis wir das Schiff startklar haben, hat uns der Kerl fünfmal in Stein verwandelt!«
»Was sollen wir dann tun?«
»Wir müssen ihn vernichten.«
***
Elysium, Mars
Für einige Augenblicke herrschte betretenes Schweigen im Ratssaal. Jeder im Raum hielt die Übertragung für echt, das konnte Chandra in ihren Gesichtern lesen. In ihrem tiefsten Inneren gestand sie sich ein, dass auch sie nicht mehr an eine Fälschung glaubte. Auf dem Mond musste etwas geschehen sein, das ProMars so nicht geplant hatte.
Das
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