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277 - Xij

277 - Xij

Titel: 277 - Xij Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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einer Frau, die in einem Topf aus Messing rührte. An Marder erinnernde Tiere schnüffelten zwischen den Zelten und der Tschörtsch herum. Offenbar waren sie ungefährlich, da niemand sie mit Steinwürfen verscheuchte.
    »Gut geschlafen?« Axya schob sich, zwei grob gewebte Handtücher über der Schulter, hinaus. Sie deutete an einen Ort hinter der Tschörtsch. Xij wusste inzwischen, dass es dort ein »Badehaus« gab.
    »Nicht unbedingt.«
    »Komm mit. Die Gelegenheit ist günstig.« Axya zog Xij hinaus. Sie huschten durch den Nebel. Wer sie sah, musste annehmen, dass sie zum Badehaus wollten. Irgendwie stimmte es ja auch. Nur war das Badehaus nicht Axyas Ziel: Gleich daneben, von der Küche und dem Rest der Zelte aus unsichtbar, führte eine Tür in einen Nebenraum der Tschörtsch - die Sackistey. Von dort aus gelangte man sowohl in die Tschörtsch als auch in verschiedene Kammern und Gemächer, die in den alten Zeiten von Geistlichen und ihrem Gesinde bewohnt gewesen waren. Dort gab es auch ein Treppenhaus, das zum Turm und ins Gewölbe hinab führte.
    Dorthin zog es Xij und Axya, nachdem sie sich mit zwei Öllaternen ausgerüstet hatten, die sie einem Wandschrank entnahmen. Da die Treppe aus Stein war, hatte sie tausend Jahre überdauert. Je tiefer sie kamen, umso kühler und stiller wurde es. Ihre Schritte hallten. Ihre Atemzüge klangen in der Leere fast wie ein Röcheln.
    Axya, die schon hier unten gewesen war, war von dem Labyrinth nicht sonderlich beeindruckt. Xij jedoch dachte an einen bizarren Abend in der Feste ihrer Familie: Sie sah ihren Vater und Roobur vor sich, wie sie am Kaminfeuer gesessen, Gin getrunken und über das dunkle unterirdische Reich gesprochen hatten, in das Roobur vorgedrungen war. Er hatte von wundersamen metallenen Gerätschaften erzählt, die die Hände der Altvorderen erschaffen hatten: Laternen, die ohne Öl Licht machten. Dolche, in deren Griff tausend nützliche Dinge versteckt waren. Messer, aus denen man viele andere Werkzeuge herausklappen konnte.
    Ihr Vater hatte geglaubt, sie spiele unter dem Tisch, doch sie hatte die Ohren gespitzt und den Männern gelauscht: Rooburs Worte von »göttlicher« Schmiedekunst klangen ihr noch in den Ohren. Ihr Vater hatte alte Legenden von Zwergen erzählt, die in unterirdischen Reichen Wunderdinge schmiedeten.
    Zum Beispiel Nadler? Ihr Vater hatte den Plan verfolgt, im Labyrinth bei Croobai entweder weitere Nadler oder Pläne für ihren Bau zu finden.
    Als Kauffahrer war er daran interessiert, dass seine Schiffe ihre Fracht dort ablieferten, wo sie sie abliefern sollten. Leider wurde dies oft von seefahrenden Halunken verhindert, die sich schönfärberisch »Freibeuter« nannten, aber nur »Ratten der Meere« waren. Ihr Vater war bereit gewesen, alles zu tun, um diese Pest ins Jenseits zu befördern. Mit Nadlern ausgerüstete Schiffsmannschaften, so meinte er, konnten jede Piratenbande daran hindern, ein Schiff zu entern, denn im Gegensatz zu Armbrust- oder Bogenschützen brauchten sie nicht ständig nachzuladen.
    Xij seufzte. Ihr Vater hatte ein hehres Ziel verfolgt.
    Ihr hingegen ging es um profanere Dinge: Sie wollte Söldner ausrüsten. Sie wollte nicht für den Rest ihres Lebens von den Meuchlern gejagt werden. Sie wollte nach Hause zurückkehren und reinen Tisch machen. Köpfe würden rollen.
    »Halt!« Ein metallisches Schleifen. Jemand zückte eine Klinge.
    Axya war so erschreckt, dass sie aufschrie. Xij nahm ihren Stock und schob sie beiseite. Dann erkannte sie den Mann, der urplötzlich aus einer Nische getreten war: Dopee.
    Er sah Roobur nicht ähnlich. Außerdem fehlte ihm das Tiefgründige, das den Freund ihres Vaters so interessant gemacht hatte. Nun ja, bei einem Namen wie Dopee…
    »Was macht ihr hier?« Dopees Säbel sah aus, als sei er noch nie poliert worden.
    »Ja, was wohl, Blödmann?«, erwiderte Axya frech. »Du hast doch wohl gehört, dass Xij nun zu uns gehört. Ich zeige ihm unser Quartier. Und dazu gehört ja wohl auch das Gewölbe.«
    »Wirklich?« Dopees Blick saugte sich an Xijs Gesicht fest.
    Xij wusste um ihre androgynen Züge. Manchmal waren sie von Vorteil, manchmal aber auch nicht. Sie brauchte Dopee nicht lange anzuschauen, um zu wissen, dass er sie für ein Weichei hielt, auch wenn er diesen Ausdruck nicht kannte. Er war eifersüchtig. Er hatte ein Auge auf Axya geworfen.
    »Duncayn hat zwar angekündigt, dass dein schmales Freundchen bei uns mitmacht, aber ich glaube kaum, dass Xij etwas hat, das ihn

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