278 - Der Gott der Mar'osianer
aufgeregt. Er schwamm in Sar'kirs Schussfeld. »Hört auf zuschießen!«
Sar'kir hätte ihn vielleicht mit dem Kombacter über den Haufen geschossen in ihrer Raserei, doch Quart'ol erreichte sie und riss ihr die Waffe aus den Händen.
»Hört auf!«, klackte auch er.
Die Algen teilten sich und das schwarze Geschöpf schwamm hervor. Es hielt E'fah mit mehreren Tentakeln umschlungen und trat den Rückzug an.
»Lasst es ziehen!«, befahl Gilam'esh. »Wir verfolgen es in sicherem Abstand!«
Sar'kir wirkte, als habe sie jemand mit Eiswasser übergossen. Sie sah zu Quart'ol, der ihren Kombacter hielt. Woher sie die Waffe wohl hatte? Sie wirkte neu. Vielleicht war sie nachgebaut worden. Die selbsternannte Herrin der Meere streckte die Flossenhand aus. »Dürften Wir bitten?« Von einem Moment zum anderen war sie wieder die exaltierte Herrscherin.
Quart'ol streckte ihr die Waffe zögernd entgegen. Sie riss sie ihm aus der Hand und verstaute sie in einem goldenen Einschluss an ihrem geschlitzten Rock.
»Wir werden Hykton umgehend verlassen«, entschied sie. »Neu-Martok'shimre muss vor dieser gefährlichen Kreatur gewarnt werden.«
Gilam'esh beachtete sie gar nicht. Er war bereits dabei, eine Transportqualle der Ordnungswächter anzuhalten, um die Verfolgung aufzunehmen. Quart'ol folgte ihm. Dabei warf er einen Blick auf Kal'rag. Der Oberste wirkte ruhig und entschlossen. Er sprach mit zwei weiteren Wachen und wies auf das Leck in der Energieversorgung. Wahrscheinlich war die Hälfte der Innenstadt jetzt ohne Energiezufluss. Besonders die Laboratorien und die Klonfabrik konnten dadurch Schaden nehmen.
Quart'ol war dankbar, dass sich Kal'rag darum kümmerte. Er schwang sich hinter Gilam'esh in die Qualle. Sie mussten das Wesen verfolgen und aufhalten, bevor es E'fah tötete.
***
»Was bist du?« Wieder versuchte E'fah mit dem rätselhaften Geschöpf Kontakt aufzunehmen, das sie mit sich in Richtung Stadttor schleppte. Wann immer ihnen Hydriten auf den Muschelstraßen begegneten, machte es einen Bogen um sie und griff sie nicht an. Als Geistwanderin spürte E'fah instinktiv, dass dieses Geschöpf nicht bösartig war. Es war nur - ja, was? - fehlgeleitet? Etwas an ihm war ihr vertraut. »Wurdest du von Hydriten geschaffen?«, fragte sie weiter.
Durch die Körperberührung gelang es ihr, ein paar Bilder zu sehen. Es waren geistige Momentaufnahmen, Erinnerungen des Anderen. Gleichzeitig überrollte sie ein Schmerz, der ihr nur allzu vertraut war: der Stachel der Enttäuschung. Während das Wesen sie durch Hykton trug, spürte sie, dass es sich verraten und verstoßen fühlte. Mitleid regte sich in ihr.
»Was ist dir geschehen?«
Endlich erhielt sie eine Reaktion. »Die Schöpfer wollen mich nicht«, erklang eine geistige Antwort in ihr.
Das Wesen war also von Hydriten erschaffen worden. Mit der Intuition einer Quan'rill erfasste E'fah, dass dies ein künstliches Geschöpf war, das in Jahrtausenden ein eigenes Bewusstsein entwickelt hatte. Aber nicht ausschließlich. Da war noch etwas anderes, das sie nicht erfassen konnte…
»Ich kenne den Propheten Gilam'esh«, sagte sie. »Ich kann mit ihm reden über dich.«
»Ich habe versucht zu reden. Und wie hat es geendet? Sie sind böse. Sie wollen Hykton zerstören!«
E'fah war verwirrt. Ihre Angst war ganz und gar verschwunden. Dieses Wesen war nicht ihr Feind; sie glaubte nicht, dass es sie töten würde. »Wer will Hykton zerstören?«
»Die goldene Königin.«
»Sar'kir?« E'fah durchzuckte es wie ein Schlag. Das Wesen musste Sar'kir meinen! Nur sie war in Gold gekleidet. »Was hat Sar'kir gedacht, als du mit ihr verbunden warst?«
»Sie hat mich verraten. Sie hat gesagt, ich käme von einem Bund, den ich nicht kenne.«
E'fah hatte aus ihrem Versteck mitbekommen, wie Sar'kir laut und deutlich verkündet hatte, das Geschöpf sei das Werk des Gilam'esh-Bundes, dazu geschaffen, den Neun-Städte-Bund zu vernichten. Sie hatte es damit zum Feind erklärt und gleichzeitig den Gilam'esh-Bund diskreditiert. Um ihre eigenen Pläne zu vertuschen? Was hatte sie vor?
Sie hatten inzwischen das Stadttor erreicht. Die Wachen ließen sie passieren. Offensichtlich hatte Gilam'esh sie bereits über die Verbindungsanlage in der Qualle informiert und ihnen verboten, anzugreifen.
»Ich kann dir helfen«, klackte E'fah. »Schwimm in Richtung des Kontinents, da liegt ein riesiger Kelpwald. Während du dich darin verbirgst, kann ich mit Gilam'esh sprechen. Es wird alles gut
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