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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mir möglich, den Palmfaserstrick, der meine Hände hinten vereinigte, zu zerreißen oder an einer scharfen Ecke oder Kante zu zerscheuern. Das übrige hätte sich dann gefunden. Bequemer aber war es jedenfalls, die sich jetzt bietende Gelegenheit zu benutzen. Der Mann konnte uns nicht nur ein scharfes, schneidendes Werkzeug liefern, sondern uns auch diejenigen Auskünfte erteilen, ohne welche die Flucht schwer oder gar unmöglich war. Ich kroch ganz nahe zur Tür hin und sagte leise:
    „Hast du gehört, daß mir die Nägel herausgerissen werden sollten?“
    „Ja, Effendi.“
    „So weißt du, was man gegen mich vorhatte, und wie es uns noch ergehen soll.“
    „Ihr werdet wohl sterben müssen!“
    „Aber dann Abd Asl auch mit all seinen Leuten!“
    „Oh, Ibn Asl läßt seinen Vater sterben, nur um dich martern zu können.“
    „Was sagen seine Leute dazu?“
    „Viele sind dafür. Viele wollen aber, daß ihr freigegeben werden sollt, falls unsere Kameraden, welche ihr gefangen habt, dadurch ihre Freiheit auch erhalten.“
    „Welche Partei ist zahlreicher?“
    „Das kann ich jetzt nicht sagen. Aber ich bitte dich um Allahs willen, nichts von dem, was du von mir erfahren hast, an Ibn Asl zu verraten! Er würde mich einfach niederschießen oder den Krokodilen vorwerfen lassen!“
    „Dann tut es mir leid, daß ich dich nicht schonen kann.“
    „Nicht? Allah kerihm – Allah ist gnädig! Willst du nicht auch Gnade üben, da du ein Christ bist?“
    „Ein Christ liebt sein Leben nicht weniger als ein Moslem.“
    „Aber du kannst es dir doch dadurch, daß du plauderst, gar nicht retten!“
    „Da irrst du dich. Du hast mir manches gesagt, was ich zu meinem Vorteil benutzen kann.“
    „Aber du hast mir ja Schweigen gelobt!“
    „Soviel ich mich erinnere, nur in Beziehung auf einen einzigen Punkt. Und auch dieses Gelöbnis ist hinfällig, denn ich habe es nur unter der Voraussetzung gegeben, daß ich für den gehalten würde, für den ich mich ausgegeben habe. Das ist nun aber anders geworden. Deine Mitteilungen geben mir die letzte und wichtigste Waffe in die Hand.“
    „O Allah, o Prophet! So bin ich verloren!“
    Er schwieg, und ich sagte auch nichts. Es galt, nun zuerst die Wirkung meiner Drohung abzuwarten. Diese fiel günstiger aus, als ich für so kurze Zeit hatte erwarten können. Nach einer Weile klopfte er wieder leise und fragte:
    „Effendi, höre, wenn du fliehen könntest!“
    „Das wäre freilich gut, auch für dich, denn da wäre ich nicht gezwungen von dir zu sprechen.“
    „Es ist aber unmöglich, vollständig unmöglich. Du bist gefesselt, es wird stets eine Wache hier stehen. Und drittens, wenn das alles nicht wäre, wie wolltet ihr vom Schiff kommen?“
    „Hast du noch andere Bedenken?“
    „Nein, nur diese drei, und das ist jedenfalls mehr als genug.“
    „O nein! Diese drei Punkte genieren mich ganz und gar nicht. Nur würde ich einen brauchen, der mir behilflich ist.“
    „Das ist gefährlich, Effendi!“
    „Ganz und gar nicht. Kein einziger Mensch würde etwas merken oder erfahren.“
    „Was hätte der Mann zu tun?“
    „Zweierlei, wovon das eine ebenso leicht und ungefährlich ist wie das andere. Er müßte mir zunächst ein scharfes, spitzes Messer hereingeben.“
    Es trat eine Pause ein. Er überlegte. Dann erklärte er zu meiner Freude:
    „Du sollst ein Messer haben.“
    „Wann?“
    „Sobald unser Gespräch zu Ende ist. Es steht dort hinten eine offene Kiste mit Messern und andern Werkzeugen, die man immer braucht. Und was ist das zweite, was du verlangst?“
    „Auskunft, weiter nichts. Gibst du uns diese und das Messer, so hast du alles getan, was ich verlange, und ich verspreche dir, kein Wort von dir zu reden.“
    „So frage! Ich werde dir antworten, denn es ist – halt, still, man kommt!“
    Die Stiege knarrte. Es kam jemand herabgestiegen, blieb unten stehen und brannte ein Licht an. Ich sah den Schein desselben durch viele Ritzen, welche sich in der Wand unseres Gefängnisses befanden. Die Hitze des Sudans hatte die Bretter ausgedörrt; sie waren zurückgegangen und hatten Lücken zwischen sich geöffnet, von denen mehrere breiter als ein starker Messerrücken waren. Sofort kam mir der Gedanke an den Riegel. Ich suchte ihn mit dem Auge und fand ihn sehr leicht. Er war in der Mitte der Tür angebracht, wohl eine Elle lang und vielleicht vier Zoll breit. Er lag gerade zwischen zwei Brettern auf und verdeckte eine Spalte, welche mit zu den breitesten

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