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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vereinigen. Du brauchst das Boot nicht zu verlassen. Ich kenne den Effendi. Er wird dich in seinen Schutz nehmen.“
    „Das kann er nicht!“
    „Zweifle doch nicht daran! Er kann alles, was er will.“
    „Wenigstens will ich nur das, was ich kann“, bemerkte ich. „Abu en Nil, du brauchst dich nicht zu fürchten. Der Raïs Effendina wird dir das Vergangene verzeihen.“
    „Oh, Effendi, wenn das wahr wäre! Ich wollte ihm auf meinen Knien dafür danken. Ich bin kein so schlimmer Mensch, wie es den Anschein hatte!“
    „Das weiß ich, und das wußte ich; darum ließ ich dich entkommen.“
    „Und niemals wird man mich wieder an Bord eines Sklavenhändlers sehen!“
    „Auch das glaube ich dir, und darum werde ich den Raïs Effendina bitten, dir das, was vergangen ist, zu vergeben.“
    „Effendi, du träufelst Balsam in die Wunde, welche ich selbst meinem Gewissen geschlagen habe. Wenn der Raïs Effendina mir vergibt, so kann auch ich selbst mir verzeihen. Dann habe ich nichts und niemand mehr zu fürchten, kann mich vor jedermann sehen lassen und auch in die Heimat gehen, ohne denken zu müssen, daß mich der Rächer wieder von den Meinen reißt.“
    „Sei getrost! Ich sage dir, daß alles vergeben und vergessen sein wird.“
    „Ich will dir glauben. Du hast mich schon damals gerettet und würdest mich nicht mit zum Raïs Effendina nehmen, wenn du nicht überzeugt wärest, daß es ohne Schaden für mich geschehen kann. Was aber soll ich ihm antworten, wenn er mich fragt, in welcher Weise ich damals die Flucht ergriffen habe?“
    „Belüge ihn nicht, sondern sage ihm die Wahrheit!“
    „Dann würde er dir sehr zürnen.“
    „Das denke nicht. Übrigens hat dein Enkel hier ihm einige gute Dienste geleistet, und so gebietet ihm die Dankbarkeit, dir die Bitte um Verzeihung zu erfüllen.“
    Das beruhigte ihn vollends, und nun war das Schweigen gebrochen. Sein Herz war ihm leicht geworden, und darum wurde ihm auch die Zunge leicht. Er begann, mir seine Erlebnisse zu erzählen, und er hatte soviel erlebt, daß es uns um Stoff für die Unterhaltung während der einsamen Fahrt nicht bange zu sein brauchte.

DRITTES KAPITEL
    Am Sumpf des Fiebers
    Die angeregte Unterhaltung, welche wir während unserer nächtlichen Talfahrt im Boot führten, tat unserer Aufmerksamkeit keineswegs Abbruch. Wir paßten sehr gut auf, hielten auch einigemale an, wenn ein phantastischer Uferschatten die Gestalt eines Schiffes zeigte, sahen uns aber allemal getäuscht. Wir verbrannten nach und nach alle sechs Fackeln, die ich in das Boot geworfen hatte, und mußten endlich ohne Licht fahren. Gegen morgen wurde der Wind stärker und infolgedessen unsere Schnelligkeit größer. Natürlich hatten wir nicht ohne Unterbrechung gerudert, denn das wäre nicht auszuhalten gewesen. So oft wir uns in guter Strömung befanden, hatten wir ausgeruht.
    Es war noch nicht fünf Uhr früh, als wir die Stelle erreichten, an welcher die ‚Eidechse‘ geankert hatte. Eine kleine Strecke weiter oben hatte Abu en Nils Schiff gelegen; es war fort. Wir stiegen am Lagerplatz aus, in der Hoffnung, jemand zu finden. Es war vergeblich. Nun hieß es, noch bis Hegasi zu segeln. Traf ich den Raïs Effendina auch dort nicht, so hatten wir ihn entweder heute nacht umgangen oder er war nach Karthum zurückgekehrt. In diesem Fall war ich in Beziehung auf die Sicherung unserer Karawanen nur auf mich selbst angewiesen.
    Als wir uns Hegasi näherten, glänzte uns ein kleines Licht entgegen. Die Sterne begannen bereits zu erbleichen, demnach sah ich, daß das Licht zu einem Schiff gehörte, welches an der Mischrah lag. Ich erkannte den scharfen, eleganten Rumpf und die drei schiefen Masten. Es war der ‚Falke‘, den wir suchten. Das Licht kam aus der Laterne, welche am Mittelmast brannte. Wir hielten natürlich auf das Fahrzeug zu, demnach rief uns, noch bevor wir es erreicht hatten, vom Verdeck eine Stimme an:
    „Boot hier an der Seite anlegen!“
    Zum Scherz gab ich dem Alten die Weisung, etwas abzufallen, als ob wir dem uns erteilten Befehl nicht gehorchen wollten. Wir nahmen also eine mehr seitwärtige Richtung; da aber rief der Mann:
    „Halt, ich schieße!“
    Zu gleicher Zeit ertönten die scharfen Klänge einer kleinen Glocke. Es war die Alarmglocke des ‚Falken‘. Gab die Deckwache mit ihr das Zeichen, so standen gewiß binnen einer Minute alle Mannen, und wenn sie im tiefsten Schlaf gelegen hätten, gefechtsbereit. Ich durfte den Scherz nicht weiter treiben, denn

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