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28 Tage lang (German Edition)

28 Tage lang (German Edition)

Titel: 28 Tage lang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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immer noch ein bisschen nach Kloake.
    «Danke für das Kompliment», grinste nun auch Iwanski, stand vom Tisch auf und versprach zum Abschied: «Ich werde euch weitere Waffen besorgen.»
    Wir bedankten uns. Dabei spielte ich einen Augenblick mit dem Gedanken, ihn zu umarmen, ließ es aber doch bleiben, weil es mir zu vertraulich erschien. Als der Hauptmann draußen war, sprach Amos aus, was auch ich dachte, nur formulierte er es etwas derber: «Schön, dass es Polen gibt, die bereit sind, für uns durch die Scheiße zu gehen.»
    «Was glaubst du, wie lange können wir mit Iwanskis Waffen und denen, die wir schon haben, den Deutschen widerstehen?»
    Amos wurde ernst: «Wenn es gut läuft, ein paar Stunden.»
    Ich hätte diese Frage nicht stellen sollen.
    «Egal was wir machen, es ist vergeblich», sagte ich niedergeschlagen.
    «Ist es nicht», hielt Amos entgegen. «Denk daran, wie stolz die Juden im Ghetto sind, seitdem wir im Januar die Deutschen getötet haben. Wenn wir gegen die Deutschen Krieg führen, werden ganze Generationen von Juden stolz auf uns sein. So wie auf die Juden, die vor Jahrtausenden bei Masada gekämpft haben. Dabei ist es ganz egal, wie lange wir aushalten. Einen Tag, einen Monat oder wenige Stunden. Hauptsache, wir lassen uns nicht wehrlos zur Schlachtbank führen!»
    Aufrütteln konnte mich seine Ansprache nicht so recht. Bedrückt erwiderte ich: «Wenn es denn nach uns überhaupt noch Generationen von Juden gibt.»
    Amos legte sanft seine Hand auf meine Wange. Das fühlte sich gut an. Er sagte: «Es wird sie geben.»
    Und das hörte sich so gut an, dass ich lächelte.
    «Mira, hat dir schon mal jemand gesagt, dass du hübsch bist, wenn du lächelst?»
    Das war kein spielerisches, einfach nur dahingesagtes Kompliment, um mich aufzumuntern. Seitdem Amos mir sein Geheimnis gestanden hatte, benahm er sich anders. Einerseits ernsthafter als zuvor, andererseits zeigte er mehr Gefühle. Wenn wir alleine waren, das hatte er begriffen, brauchte er mir nichts mehr vorzuspielen.
    «Nein, das hat mir noch niemand gesagt», antwortete ich wahrheitsgemäß. Selbst Daniel hatte das nie erwähnt, eigentlich hatte er mir nie Komplimente gemacht. Was hatte er überhaupt an mir gefunden oder in mir gesehen? Wir hatten über so etwas nie geredet. Wir waren damals ja noch Kinder gewesen. Mit einer Kinderliebe, die über das Küssen nicht hinausgegangen war.
    Ich war jetzt ein ganz anderer Mensch als noch im letzten Sommer. Auf traurige Weise erwachsen.
    Und für den unrealistischen Fall, dass Daniel noch leben würde, würde auch er ein anderer sein. Mit etwas Glück würde er mich nicht mehr hassen, aber lieben würden wir uns beide gewiss nicht mehr.
    «Wenn dir das noch keiner gesagt hatte», sagte Amos freundlich, «dann kennst du nur Blinde, Idioten oder Stumme.»
    Ich lachte. Und genoss seine Hand auf meiner Wange.
    «Du tust mir gut», sagte ich, ohne vorher darüber nachzudenken.
    «Danke gleichfalls», gab er ehrlich zurück.
    Wir sahen uns in die Augen. Und küssten uns. Ganz anders als beim ersten Mal. Aufrichtig. Und dadurch zärtlicher. Intensiver. Nach dem Kuss zitterten wir beide. Einen zweiten wagten wir erst mal nicht, so aufgewühlt waren wir beide. Stattdessen ließen wir voneinander ab, machten uns, ohne zu reden, bereit zum Schlafen, und als wir im Bett lagen, hielten wir uns zum Einschlafen an den Händen fest. So lange bis Amos ganz vorsichtig fragte: «Mira?»
    «Ja?»
    «Ich … ich würde dich gerne noch mal küssen.»
    Und diesmal sagte ich: «Danke gleichfalls.»

51
    In dieser Nacht schliefen wir nicht miteinander und auch in den folgenden nicht. Auf eine zauberhafte Weise hatten wir das Gefühl, dass unsere Liebe vom Himmel beschützt war und jede Zeit der Welt besaß, obwohl doch alles dagegen sprach. So glücklich wie in jenen Tagen, in denen wir die Verbindungsleute zu den Polen um Iwanski waren, war ich noch nie zuvor gewesen. Meine Albträume machten Pause – oder waren sie womöglich für immer verschwunden? Ich traute mich sogar wieder zu den 777  Inseln zu reisen:
    Die
Langohr
segelte in der Sonne, die Wellen ließen das Piratenschiff sanft hin- und herschaukeln, und an Bord gab es ein Fest mit Musik und Tanz – man liebte es in dieser Welt zu feiern. Gut, die Matrosen sangen manchmal so schlecht, dass vorbeischwimmende Delfine das Weite suchten, aber sie hatten Spaß dabei.
    Gemeinsam mit Hannah tanzte ich zu der Akkordeonmusik des Werwolfs über das Deck, und sie

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