2887 - Der Tod gab mir die Hand
an und fragte: »Zufrieden?«
Alain Hosse nickte.
***
Bevor der Mann aus Marrakesch seine Arbeit fortsetzte, vergewisserte er sich, dass Zoe und Kitty nicht mehr beobachtet wurden. Es wäre ihm nicht entgangen, wenn das Gegenteil der Fall gewesen wäre, und er hätte das mit Sicherheit nicht länger geduldet.
Am Ende des Tages hätten dem Drogenbaron zwei Männer weniger zur Verfügung gestanden, denn Alain Hosse hätte keine Skrupel gehabt, sie zu erledigen. Hosse begrüßte es, dass Willard Banks nachgegeben hatte. Leicht war es Banks nicht gefallen, das hatte der Franzose ihm angesehen, aber er hatte sich seinem Willen gebeugt, weil ein törichtes Kräftemessen jetzt nicht angebracht gewesen wäre. Du hast dich klug entschieden, Willard, dachte Alain Hosse zufrieden. Hast erkannt, dass der mir übertragene Job oberste Priorität hat und auf keinen Fall gefährdet werden darf.
Er ging die Namen auf seiner Liste durch. Lester Hoblit war erledigt. Wen er als Nächstes drannehmen würde, kümmerte Willard Banks nicht. Diesbezüglich konnte sich der Mann aus Marrakesch völlig frei entscheiden. Wichtig war nur, dass am Ende alle Namen abgehakt waren.
»Reni Fisher«, murmelte der Killer. Er schloss die Augen und rief sich ihr Bild ins Gedächtnis.
Reni war eine sehr attraktive Frau, und Zoe wollte sowieso nichts von mir wissen. Trotzdem wurde ich mit Reni Fisher nie intim. Sie war wohl nicht ganz mein Typ. Zwischen uns hat es nie richtig geknistert. Vielleicht hat die Chemie irgendwie nicht gestimmt.
Hosse zuckte mit den Achseln. Manchmal funkt es eben nicht, ging es ihm jetzt durch den Sinn. Das lässt sich nicht erzwingen.
Seit er Reni Fisher zum letzten Mal gesehen hatte, hatte sie Karriere gemacht. Sie leitete heute für Chester Banks gewisse Clubs für spezielle Gäste. In jedem New Yorker Bezirk gab es mindestens einen, und die Zentrale des Ganzen lag in Manhattan.
Die Wall Street befand sich in Steinwurfnähe. Dementsprechend erlesen war die Klientel. Bei Reni konnte man fein speisen, relaxen, Drogen bekommen, den SPA-Bereich nutzen oder sich von geschulten Händen am ganzen Körper massieren lassen. In Renis Clubs wurden einem alle Wünsche erfüllt.
Chester Banks war mit ihr sehr zufrieden. Und genau deshalb stand ihr Name auf Alain Hosses Liste. Weil Willard Banks seinen Bruder an allen Fronten schwächen wollte.
Alain Hosse beobachtete Reni Fisher aus sicherer Entfernung und folgte ihr auf Schritt und Tritt, ohne dass es ihr auffiel.
Reni Fisher traf sich mit einem gut aussehenden Mann in einer Cocktail-Bar in der Fifth Avenue und suchte mit ihm ein nahes Hotel auf. Alain Hosse nahm an, dass der Typ verheiratet war.
Oder gibt es einen anderen Grund für diese Heimlichtuerei?, überlegte er. Warum empfängt sie ihren Galan nicht zu Hause oder geht zu ihm? Wieso vergnügt sie sich mit ihm im Hotel? Warum nicht in einem der Etablissements, die sie leitet? Er schüttelte den Kopf. Unwichtig. Sie ist heute zum letzten Mal mit ihm zusammen. Alles, was sie heute tut, hat sie zum letzten Mal getan, weil es für sie kein Morgen mehr gibt. Das Schicksal, Willard Banks und ich wollen es so.
Reni Fisher hatte eine knappe Stunde Spaß mit ihrem Lover. Als Hosse die beiden wiedersah, wirkte Reni entspannt und zufrieden.
Der Knabe scheint gute Arbeit geleistet zu haben, ging es dem Killer durch den Kopf. Reni küsste ihre heimliche Affäre flüchtig.
Dann trennten sie sich. Reni Fisher ging die Fifth Avenue hinunter, ihr Freund ging sie hinauf. Das ahnungslose Opfer des Franzosen schnappte sich das nächste freie Taxi und ließ sich nach Hause kutschieren.
***
Reni Fisher wohnte in einem prächtigen Haus mit Blick auf den Hudson River. Chester Banks ließ sie gut verdienen, und sie revanchierte sich dafür mit entsprechendem Eifer, großer Zuverlässigkeit und Loyalität. Der Mann aus Marrakesch war ihr gefolgt. Während sie sich umzog, machte er sich am Schloss der Haustür zu schaffen. Zwei Minuten später trat er ein.
Früher war ich einen Tick schneller, sagte er sich, während er die Tür hinter sich schloss. Mir fehlt die Übung. Aber zwei Minuten sind trotzdem okay. Er hörte Reni einen Take-That-Song singen und zog seine schallgedämpfte Pistole aus dem Halfter. Ihr Lover scheint ihren Hormonhaushalt höchst routiniert und effizient in Ordnung gebracht zu haben, dachte er grinsend. Deshalb ist sie so vergnügt. Tja, Baby, und bald wirst du tot sein.
Das Telefon läutete. Hosse versteckte sich.
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