2889 - Schüsse aus dem Nichts
jedenfalls, dass ich ebenfalls hier war. Mein Wortwechsel mit dem Verletzten war jedenfalls nicht zu überhören gewesen.
Wertvolle Minuten verstrichen. Ich hatte inzwischen die Hoffnung aufgegeben, die Flüchtende erneut einholen zu können. Wir mussten es mit einer Großfahndung versuchen und mit Hilfe des NYPD großräumig Straßensperren errichten.
Schrilles Kreischen und Fluchen von draußen rissen mich aus meinen Überlegungen. Die Kirchentür wurde aufgestoßen. Phil trat grinsend ein, wobei er Tabea Conroy vor sich her stieß. Offenbar hatte mein Freund ihr soeben Handschellen angelegt. Und mein Partner hielt einen kleinen Hartschalenkoffer in der Linken.
»Miss Conroy wollte sich gerade durch den Hintereingang verdrücken, Jerry. Aber ich finde es sehr unhöflich, wenn man eine Reise antritt, ohne sich zuvor zu verabschieden.«
Tabea Conroy ließ einige nicht druckreife Flüche vom Stapel, womit sie Phil und mich nicht beeindrucken konnte. Nur der Geistliche war entsetzt.
»Tabea, mein Kind! Was ist nur in dich gefahren?«
»Das FBI hat mich gekrallt, ist das vielleicht nicht schlimm genug? Verdammt, ich hielt es für eine geniale Idee, mein Zeug in der Kirche zu lagern. Ich musste Ihnen nur ein wenig Honig um den Bart schmieren, und schon haben Sie meinen Koffer aufbewahrt. Und jetzt bin ich so richtig im Eimer, zum Henker!«
Ich ging zu Phil und Tabea Conroy hinüber. Dann nahm ich meinem Freund den Koffer ab und öffnete ihn. Außer einigen Damenkleidern enthielt er chemische Drogen mit einem Straßenverkaufswert von mindestens 20.000 Dollar. Phil pfiff durch die Zähne.
»Das sind aber keine Kopfschmerztabletten, oder?«
Wenn Blicke töten könnten, wäre für meinen Freund jede Hilfe zu spät gekommen. Ich wollte die Befragung der Verdächtigen an der Federal Plaza fortsetzen. Zum Glück traf wenig später die angeforderte Ambulanz ein. Wir überließen den Gottesmann der Obhut des Notarztes und der Sanitäter.
Dann traten wir auf die Straße hinaus.
Tabea Conroy starrte düster vor sich hin und verzichtete einstweilen auf einen weiteren Kommentar. Ich klopfte meinem Freund anerkennend auf die Schulter.
»Gut gemacht, Phil. Am besten wartest du hier mit der Verdächtigen. Ich hole schnell den Wagen.«
»Lass dir Zeit, Jerry. Ich habe ja charmante weibliche Gesellschaft.«
Tabea Conroy spuckte auf den Bürgersteig und starrte Phil mit einer Mischung aus Abscheu und widerwilligem Respekt an. Offenbar konnte sie es immer noch nicht fassen, dass wir sie verhaftet hatten.
***
Ich eilte zurück zu der Seitenstraße, in der ich meinen Jaguar-E-Hybriden geparkt hatte. Ich stellte mir vor, was Tabea Conroy seit ihrem überstürzten Untertauchen getrieben hatte. Offenbar wollte sie unbedingt in New York City bleiben, denn andernfalls hätte sie sich ja schon längst absetzen können. Und natürlich war es hochriskant, in einer kriminellen Gegend wie Crown Heights mit einem Koffer voller Drogen herumzulaufen. So gesehen war es clever von ihr gewesen, den Stoff ausgerechnet in einer Kirche zwischenzulagern. Und was für eine Rolle spielte ihr angeberischer Verehrer Owen?
Bevor ich zur Kirche zurückfuhr, rief ich Joe Brandenburg an.
»Seid ihr schon bei Julie Connors, Joe?«
»Ja, Jerry. Ich wollte mich auch gerade bei dir melden. Die Lady ist nicht in ihrem Büro. Die anderen Angestellten wissen nicht, wohin sie gegangen ist. Die Connors ist ja eine Freiberuflerin und muss sich nirgendwo abmelden, wenn sie Außentermine hat. Aber für mich sieht es so aus, als ob sie ihren Arbeitsplatz überstürzt verlassen hätte.«
Ich biss die Zähne zusammen. Ahnte Julie Connors, dass wir ihr auf den Fersen waren? Aber sie konnte doch unmöglich wissen, dass wir ihr auf die Schliche gekommen waren, oder?
Mir kam eine Idee. Ich sagte Joe, dass ich ihn später wieder anrufen wollte. Dann ließ ich mich über unsere Telefonzentrale noch einmal mit der Sozialbehörde in Wisconsin verbinden. Jane Lincoln klang erstaunt, als sie meine Stimme hörte.
»Hallo, Agent Cotton. Ist alles in Ordnung, konnten Sie auf die elektronische Akte von Joyce Hollow zugreifen? Ich habe Ihrer Kollegin auch schon gesagt, dass …«
Ich unterbrach die Sozialarbeiterin.
»Was für eine Kollegin, Miss Lincoln?«
»Agent Linda La Vega. Sie rief kurze Zeit nach Ihnen an und sagte, dass sie Ihre Assistentin sei. Sie wollte wissen, ob es noch mehr Unterlagen über Joyce Hollow bei uns gibt. Aber das ist nicht der Fall.«
»Ich
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