2889 - Schüsse aus dem Nichts
einen langen Hals. Der Mann ist ein Schwarzer mit einer Figur wie ein Football-Profi. Er trägt einen teuren Designer-Trainingsanzug und eine dicke Goldkette.«
»Gang-Mitglied?«
»Glaube ich nicht, Agent. Unsere Bandenmitglieder hier aus Crown Heights kenne ich fast alle persönlich. Und fremde Gang-Typen trauen sich nicht allein hierher. Sie wissen ja, wie das läuft. Der Kerl sieht für mich eher wie ein Zuhälter aus. Oder wie ein Dealer.«
Ich erblickte bereits das NYPD-Patrolcar. Die beiden uniformierten Cops hatten in einer Seitenstraße Position bezogen und waren von dem Diner aus kaum zu bemerken. Ich parkte meinen roten Boliden hinter dem Ford Crown Victoria. Phil und ich stiegen aus und begrüßten Sergeant Tim McBride und Officer Viola Scaletti.
»Ist das die gesuchte Person?«, fragte der sommersprossige McBride und deutete mit einer Kopfbewegung auf die Frau, die in einer der Sitzecken des Diners hockte. Wir konnten sie nur von der Seite sehen. Aber Tabea Conroy – falls sie es war – hatte momentan sowieso nur Augen für ihren schwarzen Gesprächspartner. Das konnte uns nur recht sein.
»Wahrscheinlich, wir werden sie gleich mal ins Gebet nehmen. Vielen Dank für die Hilfe.«
»Okay, wir setzen dann unsere Streife fort. Falls Sie Unterstützung brauchen – Anruf genügt.«
Die beiden Cops setzten ihre Patrouillenfahrt fort. Phil und ich näherten uns dem Diner. Dort war es ziemlich voll. Wir achteten darauf, dass wir von Tabea Conroy nicht vorzeitig bemerkt wurden. Eigentlich hatten wir nichts gegen sie in der Hand. Dass sie Jerome Feathers’ Dealerin gewesen war, konnten wir ihr bisher nicht beweisen. Aber mir kam es vor allem auf ihre Aussage an. Ich wollte unbedingt wissen, warum sie sich nach den Schüssen praktisch sofort unsichtbar gemacht hatte.
Tabea Conroy plauderte angeregt mit dem Schwarzen. An ihrer ganzen Körpersprache sah ich, dass sie mit ihm flirtete. Das war mir nur recht. Phil und ich bauten uns direkt vor der Sitznische auf. Nun war ein Entkommen für die Verdächtige praktisch unmöglich.
»Tabea Conroy? Ich bin Special Agent Jerry Cotton vom FBI New York. Das ist Special Agent Phil Decker. Wir müssen dringend mit Ihnen reden.«
Die Blonde zuckte zusammen, als ich sie ansprach. Sie versuchte, sich cool zu geben.
»Ich heiße nicht Tabea Conroy, habe den Namen nie gehört. Sie müssen mich verwechseln, Agents.«
»Wir können Sie auch Ann Swift nennen, aber das ist ja nicht Ihr richtiger Name. An der Federal Plaza können wir jedenfalls klären, wer Sie wirklich sind. Begleiten Sie uns bitte.«
Bevor die Frau mir antworten konnte, warf sich ihr Begleiter in seine breite Brust. Offenbar wollte er für Tabea Conroy den harten Burschen spielen.
»Verdrückt euch, bevor ich sauer werde, verfluchte FBI-Schnüffler!«
»Sie halten die Klappe, sonst kriegen Sie gleich den Ärger Ihres Lebens«, erwiderte Phil. Es ging uns schließlich nur um Tabea Conroy, und bisher war sie nicht mehr als eine Zeugin. Aber der bullige Kerl war nun wirklich wild entschlossen, der blonden attraktiven Frau zu imponieren.
Plötzlich hielt er ein Butterfly-Messer in der Faust und fuchtelte angeberisch damit herum. Phil machte eine blitzschnelle Bewegung mit der rechten Hand und drückte einen bestimmten Punkt am Gelenk unseres Widersachers. Im nächsten Moment stieß der Schwarze einen Schmerzensschrei aus und ließ die gefährliche Klinge zu Boden fallen. Ich kickte das Messer weg.
Doch nun sprang einer der anderen Gäste auf meinen Rücken. Zugegeben, der Angriff kam unerwartet. Doch mein Widersacher behielt nur wenige Sekunden lang die Oberhand.
»Lasst Owen in Ruhe, ihr elenden Anzugträger!«
Ich rammte meinen Ellenbogen nach hinten. Als Nächstes befreite ich mich mit Hilfe eines Judowurfs von dem feigen Angreifer. Doch inzwischen machten noch mehrere weitere Diner-Gäste Front gegen uns. Owen hielt sich immer noch jammernd sein Handgelenk, nachdem Phil ihn entwaffnet hatte. Unsere Widersacher umringten uns.
Und Tabea Conroy nutzte diese einmalige Gelegenheit zur Flucht.
Die junge Frau flankte über den Tisch und drängte sich an den Männern vorbei Richtung Ausgang. Ich wollte ihr folgen, aber zwei Kerle versperrten mir den Weg.
»Lass sie nicht entkommen, Jerry!«, rief Phil. »Ich werde mit der Meute schon fertig.«
Ich zögerte einen Moment. Natürlich wusste ich, dass Phil sehr gut auf sich selbst aufpassen konnte. Aber es widerstrebte mir, ihn im Stich zu lassen.
Doch
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