2891 - Das Geschäft heiligt die Mittel
Angst.« Clarice knetete schon seit ihrer Rückfahrt in Patricks Washingtoner Apartment ihre Hände.
»Mich macht der Kerl wütend. Was bildet der sich ein? Lässt Wanzen in unserem Hotelzimmer anbringen.« Hallburn schenkte sich an der Bar einen Whisky ein und trank die Hälfte in einem Schluck aus. Clarice wollte nicht daran denken, was diese Lauscher sonst noch gehört hatten! Patrick war auf ihrer letzten gemeinsamen Reise wieder sehr leidenschaftlich gewesen. Mehr noch als in den Wochen zuvor. Diese Leidenschaft hatte auch einen Grund gehabt.
»Ich werde in New York eine größere Wohnung kaufen. Nur für uns, damit wir mehr Zeit miteinander verbringen können«, hatte er gesagt.
Natürlich kannte Clarice seine Aussagen, seine Ehe mit Hope wäre am Ende und sie wüsste genauso gut wie er, dass sie beide nur noch Konventionen bedienten. Der Schein jedoch musste gewahrt werden, sonst konnte Patrick den angestrebten Senatorenposten vergessen. Es war Clarice nicht unrecht, dass Patrick ein verheirateter Mann war.
Das Zusammensein mit ihm bot ihr Vorteile. Sein Reichtum war angenehm, sein Diplomatenstatus von unschätzbarem Wert. Clarice hatte niemals Druck auf ihren verheirateten Geliebten gemacht. Für sie stellte eine Beziehung, die ihr Bewegungsfreiheit ließ, eine größere Verlockung dar als eine Ehe. Dazu kamen die geschäftlichen Verflechtungen, die sie beide verbanden und von denen Clarice abhängig war.
Während ihrer Modelkarriere hatte sie viel Geld verdient, aber fast alles durch einen luxuriösen Lebenswandel, Leichtsinn und falsche Spekulationen wieder verloren. Geblieben waren ihr ein Haus in Puerto Rico und eine Lagerhalle voller Designerklamotten. Jetzt war sie nicht mehr so gefragt wie früher, ergatterte lediglich hin und wieder einen guten Auftrag.
Für ihre Bedürfnisse war ihr momentanes Einkommen aber eher ein Tropfen auf einem heißen Stein. Wenn Patrick jetzt aus ihrem Geschäft aussteigen würde, wäre es für sie eine Katastrophe – ganz zu schweigen von ihren afrikanischen Partnern.
»N’Gomo ist kein kleiner Lakai«, warnte Clarice ihren Geliebten nun. »Der Mann ist nicht durch Rücksichtnahme und Nettigkeit geworden, was er ist. Er hat exzellente Verbindungen in mehrere Länder, in denen viele Menschen das Wort politische Stabilität nicht einmal buchstabieren können. Kannst du dir vorstellen, wie gerissen jemand sein muss, sich in einem solchen Umfeld zu behaupten? Ich weiß, wovon ich rede!«
»Liebling, mach dich jetzt bitte nicht verrückt. Wir sind hier in Amerika. Niemand wird es wagen, hier einen offenen Streit anzuzetteln. N’Gomo will, dass ich weitermache wie bisher, aber das kann ich nicht mehr. Es geht einfach nicht, das muss er akzeptieren und sich einen neuen Partner suchen.«
»Warum willst du jetzt aufhören, Patrick? Was ist der Grund dafür? Du wolltest es mir in Afrika nicht sagen. Aber jetzt will ich wissen, was hinter deinem geplanten Rückzug steckt. Schließlich bin auch ich betroffen!«
Hallburn hatte sein Glas geleert und schenkte großzügig nach. »Lass mir noch ein paar Tage Zeit«, antwortete er, ohne ihr in die Augen zu sehen.
Clarice wandte sich ab und verschwand türenschlagend im Schlafzimmer. Dort warf sie sich aufs Bett und hieb mit der Faust heftig auf eines der Kissen am Kopfende. Sie war wütend, weil Patrick ihr zu sorglos vorkam. Er unterschätzte N’Gomo – im Gegensatz zu ihr. Sie war sich sicher, dass der Afrikaner einer der gefährlichsten Menschen war, die sie kannte. Einer, der sich nicht vorschreiben ließ, wie die Dinge zu laufen hatten. Und genau das machte Clarice eine Heidenangst.
***
Jane lieferte uns am nächsten Morgen die notwendigen Hintergrundinformationen zu Hope Hallburns heimlichem Verehrer Marcus Ranshoff. Er war geschieden, Vater einer fast erwachsenen Tochter, die zurzeit in Europa bei ihrer Mutter lebte, und galt als kühler Geschäftsmann. Einige der von ihm verlegten Magazine wurden als meinungsbildend angesehen, weshalb er beste Verbindungen in Politik, Wirtschaft und Kultur vorweisen konnte. Ranshoff war einige Jahre älter als Hope, doch ihre Wege auf dem Parkett der Upperclass hatten sich schon früh im Leben gekreuzt. Bis Hope Patrick Hallburn kennenlernte, sich Hals über Kopf in ihn verliebte und schließlich von ihm zum Traualtar geführt wurde, galt Marcus in der New Yorker Society als ihr zukünftiger Ehemann.
Das Verhältnis zwischen Ranshoff und Patrick Hallburn war allerdings schon immer
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