Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
geschehen könnte, wenn du wirklich dieser Hubahr wärest. Leg dich nieder!“
    Ich drückte ihn zu Boden und band ihm die Füße wieder zusammen. Da fragte er:
    „Warum legst du mir schon jetzt die Fesseln wieder an? So kann ich doch nicht zurückgehen. Willst du mich tragen?“
    „Nein. Du wirst gar nicht wieder zurückkehren. Da ich dir nicht das Leben retten kann, sollst du wenigstens die Qualen der Gefangenschaft nicht so lange erleiden wie die andern; ich will dich von ihnen befreien, indem ich dich hier aufhänge.“
    Ich sagte das im Ton der größten Gemütlichkeit. Er riß den Mund weit auf und starrte mir mit dem Ausdruck des Entsetzens in das Gesicht. Ich hatte mich mit einem Strick versehen und schickte mich an, ihm denselben um den Hals zu knüpfen. Da bekam er die vor Schreck verlorene Sprache wieder:
    „Effendi, töte mich nicht; töte mich nicht! Ich will dir die Wahrheit sagen! Ich bin der Mann, den du meinst.“
    „Gut! Wo liegt die Michbaja? Beschreibe sie genau!“
    Er sammelte sich und folgte dann meiner Aufforderung, beging aber dabei die Unvorsichtigkeit, die Michbaja in die Gegend von Abu Schoka am Bahr el Asrak zu verlegen.
    „Schweig lieber!“ unterbrach ich ihn. „Du willst mich betrügen, weil du glaubst, daß der Überfall auf unser Schiff doch gelingen wird, wenn wir abwärtssegeln.“
    „So meinst du, daß die Michbaja von hier abwärts am Bahr el Abiad liegt?“
    „Ja. Und weil du mich täuschen willst, werde ich dich doch jetzt aufknüpfen müssen.“
    Ich bückte mich mit dem Strick wieder zu ihm nieder; da jammerte er mir zu:
    „Laß mich, laß mich, Effendi! Ich will nicht sterben; ich will leben bleiben! Ich werde dich nun nicht mehr belügen, sondern dir die reine Wahrheit sagen!“
    Ich sah es ihm an, daß jetzt die angeborene Feigheit die Macht über ihn bekam; er schien im Begriff zu stehen, mir jetzt wirklich nur Wahres mitzuteilen. Um dies zu erleichtern, kam ich ihm zu Hilfe:
    „So will auch ich aufrichtig gegen dich sein. Ich weiß genau, daß du der Mann bist, von dem ich sprach; ich habe es von Abu Reqiq und von Geri, seinem Mülasim, erfahren.“
    „Von diesen beiden?“ fragte er, hoch aufhorchend. „Darf ich glauben, was du sagst?“
    „Ja, du hast gehört, daß ich alles von dir weiß; ist es da nicht klar, daß ich, der Fremde, es von ihnen erfahren haben muß? Es ist dir bekannt, daß niemand außer Abu Reqiq wußte, wer du bist; er hat es Geri mitgeteilt, und dann erfuhr ich es von beiden.“
    „Allah! das sehe ich jetzt freilich ein. Nur Abu Reqiq hat es gewußt, und da du es nun auch weißt, mußt du es von ihm erfahren haben. Effendi, weshalb hat er es dir mitgeteilt?“
    „Bist du so dumm, daß du dir das nicht selbst denken kannst?“
    „Dumm? Das bin ich nicht; das bin ich nie gewesen. Oh, ich denke mir gar wohl, weshalb er und der Mülasim geplaudert haben; sie haben sich retten wollen. Die Bastonade hat ihnen Angst gemacht; nun möchten sie frei sein, und wir andern sollen ihre Sünden büßen. Aber nun gebe ich nicht zu, daß sie gerettet werden. Ich will auch frei sein, und mein Leben ist so kostbar wie das ihrige. Wenn du mir Gnade versprichst, so will ich dir ganz genau sagen, wo die Michbaja liegt.“
    „Ich habe dir für diesen Fall schon versprochen, dich zu schonen, und werde mein Wort halten. Aber wenn du mir jetzt nicht die volle Wahrheit sagst, wirst du dich später selbst durch die größte Offenheit nicht retten können. Du wirst auf dem Schiff eingesperrt bleiben, bis wir an der Michbaja vorüber sind; dann gebe ich dich frei. Doch falls du mich wieder belügest, bist du der erste, welcher sterben muß, denn ich werde dich an Händen und Füßen an diejenige Stelle nageln lassen, welche den Kugeln der Angreifer am meisten ausgesetzt ist.“
    „O Allah, segne mich mit deiner Hilfe! Ich soll angenagelt werden! Ist es dir ernst damit, Effendi?“
    „Voller Ernst. Oder meinst du, daß wir uns in einer spaßigen Lage befinden? Eure einzige Hoffnung steht darauf, daß ihr an El Michbaja gerettet werdet; dies könnte nur dann geschehen, wenn wir ahnungslos in diese Falle liefen; du hörst aber, daß wir sie kennen, und wirst also einsehen, daß eure Hoffnung eine vergebliche ist. Du kannst dir das Leben nur dadurch erhalten, daß du aufrichtig, vollständig aufrichtig mit mir bist. Nun wähle, was du willst, Wahrheit oder Lüge, Leben oder Tod!“
    „Ich wähle die Wahrheit und das Leben, Effendi. Du kannst dich darauf

Weitere Kostenlose Bücher