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29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und zwar hatte ihn der Schreck so nüchtern gemacht; ich hörte nämlich, daß die zehntausend Piaster verschwunden seien, und er klagte nun die Anwesenden der Reihe nach an, sie ihm gestohlen zu haben. Als sie alle ihre Unschuld beteuerten, rannte er nach dem Stall, holte eine Peitsche und schlug mit derselben auf Frau und Gesinde ein. Ich riß sie ihm aus der Hand und sagte:
    „Wie kannst du dein eigenes Weib und diese Leute für etwas züchtigen, was sie gar nicht getan haben!“
    „Nicht?“ antwortete er. „Wie kannst du das behaupten? Eins von ihnen ist's gewesen!“
    „Wenn du den Schuldigen treffen willst, so prügele dich nur selbst.“
    „Wie? Mich selbst! Bist du bei Sinnen?“
    „Ich bin bei Sinnen; du aber bist es nicht. Du selbst hast dich bestohlen, aber nicht mit deinen eigenen Händen, sondern durch fremde!“
    „Du redest, was man nicht verstehen kann. Ich werde mich doch nicht selbst bestehlen!“
    „Und doch hast du es getan, indem du den Dieb, wie ich vermute, geradezu veranlaßt hast, das Geld zu nehmen. Hattest du es versteckt?“
    „Ja.“
    „Kannte deine Frau den Ort?“
    „Nein.“
    „War er diesen Leuten hier bekannt?“
    „Auch nicht.“
    „Du bist ein höchst unvorsichtiger Mensch, den der Raki plauderhaft macht!“
    „Ich habe nicht geplaudert!“
    „So? Hast du nicht uns beiden, die wir dir vollständig fremde Menschen sind, erzählt, daß du über zehntausend Piaster im Haus habest?“
    „Aber wo das Geld lag, das habe ich euch nicht verraten!“
    „Uns nicht, aber sehr wahrscheinlich einem anderen. Kennst du den Fremden, der auf deinem Pferd fortgeritten ist?“
    „Ich hatte ihn, bevor er kam, noch nie gesehen; aber jetzt weiß ich, daß er ein reicher Mann aus Serdascht ist, der einige Wochen hier bleibt, um Galläpfel für seine Kunden in fernen Ländern einzukaufen.“
    „Wirklich? Ein Bewohner von Serdascht kommt von dort herüber, um Galläpfel zu erstehen? Deine Leichtgläubigkeit und Unkenntnis ist grenzenlos. Dazu frage ich dich, ob jetzt die Zeit zu solchen Einkäufen ist?“
    Er fühlte, daß ich recht hatte und schwieg.
    „Ist er mit dem Pferd zurückgekehrt?“ erkundigte ich mich weiter.
    „Nein.“
    „Und mit dem Geld natürlich auch nicht!“
    Da riß ihn der Schreck stramm empor und er rief:
    „Der – der – der – – –! Hältst du ihn für den Dieb?“
    „Ja.“
    „Warum?“
    „Er stellte sich betrunken, war es aber nicht. Weißt du noch, was du im Rausch alles mit ihm besprochen hast?“
    „Nicht alles.“
    „Hast du ihm von dem Geld gesagt?“
    „Ja, denn er war ein sehr erfahrener Mann und sagte mir, wie er das seinige zu verstecken pflegt.“
    „Und da hast du es ihm nachgemacht?“
    „Ja.“
    „So hat er also gewußt, wo es verborgen war?“
    „Ganz genau nicht, denn es waren mehrere Orte, die er mir riet.“
    „So hat er an diesen Orten gesucht, bis er den richtigen fand, und sich auf dein Pferd gesetzt, um schnell fort- und niemals wiederzukommen.“
    „Aber, Effendi, er hat ja sein Gewehr noch hier!“
    „Ja Heiwana – o du Einfalt! Das mußte er ja liegenlassen, denn hätte er es mit aus der Stube genommen, so würde dadurch seine Absicht, durchzubrennen, verraten worden sein. Und wenn jemand zehntausend Piaster und dazu ein Pferd stiehlt, kommt dabei der Wert dieses alten Schießeisens gar nicht in Betracht.“
    Die Betrunkenheit des Wirtes war, wie bereits gesagt, von ihm gewichen; aber er schien auch in nüchternem Zustand nicht mit hervorragenden Geisteskräften experimentieren zu können, denn die Wahrheit meiner Ansichten wollte ihm selbst jetzt noch nicht einleuchten. Er sah mich eine ganze Weile wortlos an und wandte sich dann ab, um das bißchen Denkvermögen, welches ihm noch geblieben war, weiter anzustrengen. Hierauf schien ihm eine plötzliche Eingebung gekommen zu sein, denn er drehte sich wieder zu mir um und sagte:
    „Effendi, da fällt mir etwas ein, etwas sehr Wichtiges sogar! Über dem Loch, welches der Dieb machen mußte, um zu dem Geld zu kommen, lag ein Messer. Was sagst du dazu?“
    „Du hast es natürlich an dich genommen?“
    „Nein; ich habe es liegenlassen.“
    „Mensch, dir scheint ja alles zu fehlen, was zum Nachdenken gehört. Mit diesem Messer ist das Loch gegraben worden, und derjenige, dem es gehört, muß wenn es ihm nicht darum zu tun war, dadurch den Verdacht von sich abzulenken, unbedingt der Dieb zu sein. Laß uns schnell hingehen, um es anzusehen!“
    „Nein, nein!

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