Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
292 - Chimären

292 - Chimären

Titel: 292 - Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
Vom Netzwerk:
sie ab. Sie gingen zu Fuß durch die riesigen Treppenhäuser und Hallen des Palastes, die zum Teil die Höhe von Kathedralen hatten, und wurden gebeten, in einem mit bequemen Sitzmöbeln bestückten Vorraum zu warten, da noch nicht alle Großen Räte eingetroffen seien. Von dem Raum führten mehrere Türen ab. Da sie schon einmal hiergewesen waren, wussten sie, dass die Tür rechts in den Thronsaal führte.
    »Wudan!«, sagte Aruula plötzlich. »Ich glaube, ich kann wieder lauschen . Da waren gerade ein paar Eindrücke. Moment mal…« Sie neigte den Oberkörper nach vorn, legte die Unterarme auf die Oberschenkel und konzentrierte sich. Es war die fast perfekte Lauschhaltung und so empfing sie tatsächlich wieder einige klare Gedankenbilder. Zwei der Großen Räte schienen sich gerade die Köpfe heißzureden. Deswegen überlagerten ihre intensiven, hochgeputschten Gedanken alle anderen.
    »Ja, es geht tatsächlich wieder.« Aruula strahlte.
    »Sehr gut«, sagte Matt. »Das bedeutet, dass Alastar uns nicht heimlich gefolgt ist. Sind wir tatsächlich über achthundert Meter von unseren Räumen weg?« Das war die Reichweite des Störsenders, die sie beim Guul-Labyrinth ermittelt hatten. Alastar musste ihn als Implantat unter der Haut tragen.
    »Könnte schon hinkommen«, erwiderte Rulfan. »Die Dimensionen hier sind unbegreiflich riesig.«
    Eine dickliche alte Frau mit zahlreichen Runzeln im Gesicht betrat den Raum. Sie trug einen braunen Mantel und wirkte blass und unauffällig. Es handelte sich um die Große Rätin Khyentse. Sie beachtete die Anwesenden gar nicht. Stur geradeaus blickend verschwand sie in der Küche.
    »Du mich auch«, murmelte Matt. Kurz darauf wurden sie von einem mechanischen Diener in Livree gerufen - allerdings in den Raum zur Linken.
    ***
    Khyentse stand wie jeden Morgen auf und ließ sich zuerst einmal von ihrer Dienerschaft waschen und pflegen. Danach frühstückte sie ausgiebig, fast das Doppelte ihrer sonstigen Ration. Sie schlang die Schüssel mit Tsampa , eine Art Vollkornmehl aus gerösteter Gerste, das in heißem Buttertee angerührt wurde, gierig hinunter und zwang sich, auch noch den letzten Rest aufzuessen, obwohl sie nicht mehr konnte.
    Dann leerte sie statt des Limonensaftes, mit dem sie ihre Einstiegsmahlzeit in den Tag für gewöhnlich abzurunden pflegte, eine schwere ölige Flüssigkeit in sich hinein. Sie hatte sie gestern Abend auf dem Zentralmarkt besorgt. Ihr wurde speiübel dabei, aber sie beherrschte sich eisern und behielt das Öl bei sich. Das üppig gegessene Tsampa half ihr dabei. Sie fühlte sich nun äußerst elend, aber es ging nicht anders. Nur so konnte sie ihr Vorhaben ungefährdet durchführen.
    Khyentse verließ ihr Haus im Stadtteil Wasserspiele und fuhr mit ihrer persönlichen Magnetbahn, die ihr als Großer Rätin zustand, zum Zentrum der Welt , wie der Regierungspalast offiziell hieß. Dabei umklammerten ihre Finger abwechselnd immer wieder ein kleines Fläschchen, das eine durchsichtige Flüssigkeit enthielt, und den größeren Gegenstand dahinter.
    Im Vorraum des Versammlungssaales traf sie auf die Reisenden aus Euree. Sie beachtete sie nicht weiter, sondern ging schnurstracks in die Küche. Ungesehen schüttete sie die durchsichtige Flüssigkeit in die Getränke, die dort für die Audienz bereitstanden. Dann begab sie sich in den Versammlungssaal, begrüßte mit knappen Worten die anderen Räte, die bereits alle anwesend waren, und setzte sich auf ihren Platz. Die zwei, drei bösen Blicke, die sie wegen ihres Zuspätkommens erntete, ignorierte sie.
    ***
    Matt, Aruula und Rulfan betraten den Versammlungssaal. Er war sicher dreimal so groß wie der gegenüberliegende Thronsaal und mit bunten Wandteppichen, goldenen Statuen und Räucheraltären ungleich prächtiger ausgestattet. In der Mitte des Saales stand ein großer runder Tisch mit zwanzig Stühlen, an dem inklusive Lobsang Champa alle sieben Großen Räte saßen. Auch die königliche Dolmetscherin war wieder mit von der Partie. Die Rotgekleideten erhoben sich, als ihre Gäste den Raum betraten. Lobsang Champa begrüßte sie mit zeremoniellen Grußformeln und wies ihnen die drei leeren Plätze rechts von sich zu. Matt war überrascht. Sie durften sich so locker zu den Großen Räten gesellen, als gehörten sie dazu!
    Matt setzte sich direkt neben den König, Aruula besetzte die Mitte und Rulfan kam direkt neben dem Mann zu sitzen, den sie aus dem Fernsehen kannten: Star-Luftschiffer Lhündrub!
    Der

Weitere Kostenlose Bücher