2932 - Landleben mit Todesfolgen
wirkte bedrohlich. Zwar konnte ich seine Gedanken nicht lesen, mir war aber klar, dass er mir nicht freundlich gesonnen war. Was aber wollte er? Mich verhören, um die drei Jugendlichen hinter Gitter zu bringen? Sein ganzes Auftreten deutete eher darauf hin, dass er es auf mich abgesehen hatte. Ich entschied mich, vorerst mitzuspielen und ihn zu begleiten.
Wir verließen das Zimmer und gingen an der Rezeption vorbei zum Ausgang. Vor dem Haus stand der Wagen des Sheriffs. Er war allein gekommen, kein Deputy begleitete ihn. Er gab mir zu verstehen, dass ich auf dem Beifahrersitz Platz nehmen sollte, stieg dann selbst ein und fuhr los.
»Eine schöne Stadt haben Sie hier«, sagte ich während der Fahrt beiläufig.
Er erwiderte nichts, blieb die ganze Fahrt lang stumm wie ein Fisch. Als wir sein Büro erreicht hatten, stieg er aus und wies mich im Befehlston an, auszusteigen und ihm zu folgen, was ich tat.
In dem kleinen Gebäude befand sich ein Deputy, der kurz aufschaute, als wir eintraten, und sich dann wieder mit dem beschäftigte, was er vorher getan hatte.
Der Sheriff führte mich in ein Verhörzimmer und ließ mich auf einem Stuhl Platz nehmen. Dann setzte er sich mir gegenüber hin. Eine Szene, die ich schon Hunderte von Malen erlebt hatte – allerdings befand ich mich in der Regel auf der anderen Seite. Ich war gespannt, was der Sheriff zu sagen hatte.
»So, Sie geben also zu, dass Sie gestern in eine Schlägerei mit drei jungen Männern dieser Stadt verwickelt waren, in der Nähe Ihres Hotels«, begann er.
Ich nickte. »Ja, sie hießen, soweit ich es richtig mitbekommen habe – Bill, Bruce und Joey.«
»So, so«, sagte der Sheriff. »Sie leugnen den Vorfall also nicht.«
»Warum sollte ich das tun«, sagte ich. »Ich war auf dem Weg zurück zu meinem Hotel, als die drei plötzlich auftauchten und mich nicht weitergehen ließen. Sie waren unfreundlich und haben einen Streit vom Zaun gebrochen, der dann eskalierte. Mir ist nicht viel passiert, also dachte ich, dass ich die Sache auf sich beruhen lasse, aber wenn Sie Anklage gegen die drei erheben wollen, ist mir das auch recht.«
Er schaute mich mit ernstem Blick an. »Interessant, wie Sie den Tathergang schildern. Die drei haben das Ganze etwas anders dargestellt.«
»So?«, fragte ich interessiert. »Wie denn?«
»Laut der übereinstimmenden Aussage der drei sind sie gestern Abend ganz friedlich in der Stadt unterwegs gewesen und dann von Ihnen beleidigt worden. Als die drei darauf nicht reagierten, hätten Sie eine Schlägerei vom Zaun gebrochen und die drei geschlagen, woraufhin sie die Flucht ergriffen hätten.«
»Sie werden das doch nicht glauben, Sie kennen die drei doch«, sagte ich lächelnd.
Er lächelte nicht. »Die drei erheben schwere Vorwürfe gegen Sie, Mister Cotton. Ich habe die blauen Flecken gesehen. Sie haben die drei ganz schön übel zugerichtet. Wer weiß, wie weit Sie gegangen wären, wenn die es nicht geschafft hätten zu fliehen. Was wäre dann geschehen, Mister Cotton?«
Den letzten Satz schrie er fast.
Ich schwieg. Darauf lief es also hinaus. Jemand verdrehte das, was wirklich geschehen war, so, dass mich die Schuld traf. Dahinter steckten entweder die drei Jugendlichen oder der Sheriff selbst.
»Also, Mister Cotton, was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?«, fragte der Sheriff.
»Mich trifft keine Schuld, die drei lügen«, sagte ich.
Der Sheriff nickte. »Möglich. Aber wissen Sie, wie ich das sehe? Egal, was gestern Abend wirklich passiert ist – es sind drei Aussagen von denen gegen eine von Ihnen. Damit sieht es nicht gut für Sie aus. Ich würde mir an Ihrer Stelle einen guten Anwalt suchen.«
»Ich soll mir einen Anwalt suchen?«, sagte ich mit gespielter Aufregung. »Das kann doch nicht sein. Gibt es denn nicht irgendwelche Kameras oder Zeugen, sodass die Wahrheit siegt und nicht das, was diese drei vorgeben erlebt zu haben?«
Sheriff Saunders schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid, Kameras gibt es in der Gegend nicht. Und ich bezweifle, dass es einen Zeugen gibt, der für einen Fremden wie Sie aussagen wird – wenn es überhaupt jemand gesehen hat. Das ist eine ziemlich schwierige Situation. Eigentlich müsste ich Sie festnehmen.«
Was hatte der Sheriff vor? Wollte er mich wirklich einsperren? Was würde ihm das nützen? Oder was war seine Intention?
Bevor ich etwas erwidern konnte, änderte der Sheriff seinen Tonfall und wurde freundlich, fast schon kumpelhaft. »Ich weiß, Sie wollen
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