2939 - Die Rache der »Engel«
Apartment ausstellte. Wir hatten schließlich nichts Konkretes gegen ihn in der Hand.
Und wenn Walsh so clever war, wie ich ihn einschätzte, dann würde er die Homepage seiner Archangels ganz gewiss nicht von seinem heimischen PC aus betreiben. Vermutlich hatte er irgendwo ein Versteck, von dem aus er seine Selbstjustiz-Organisation leitete und auch die Videos ins Internet stellte.
»Wo waren Sie in der vergangenen Nacht zwischen ein und zwei Uhr?«, wollte ich von ihm wissen.
»Hier, und zwar allein«, gab Walsh zurück. »Ich interessiere mich nicht mehr für Frauen, seit Alissa nicht mehr lebt.«
»Was machen Sie eigentlich beruflich?«, fragte Phil.
»Ich bin Personal Trainer für Fitness. Ich gehe zu meinen Klienten nach Hause oder trainiere mit ihnen in einer öffentlichen Grünanlage.«
Ein solcher Job ohne feste Bürozeiten war natürlich ideal für jemanden, der nebenbei noch eine illegale Organisation leitete. Aber wir konnten Walsh nicht vorwerfen, dass er freiberuflich tätig war.
Plötzlich klingelte mein Handy. Ich nahm das Gespräch an.
»Hier spricht Doc Warren, Agent Cotton. Wenn Sie Lust auf einen Besuch in Rikers haben – dieser Rick Mendez ist jetzt vernehmungsfähig.«
***
Auf dem Weg zur Gefängnisinsel sprachen Phil und ich im Auto über Walsh.
»Dieser Ober-Erzengel kann nicht selbst geschossen haben, der Killer ist schätzungsweise wirklich einen Kopf größer als Walsh, Jerry. Das lässt sich auf dem Video gut erkennen. Aber ich traue Walsh zu, den Mord gefilmt zu haben. Und selbst für den Fall, dass er gar nicht am Tatort war – als Anstifter zu der Bluttat ist er auf jeden Fall verdächtig.«
»Da bin ich ganz deiner Meinung, Phil. Walsh hat kein Unrechtsbewusstsein, darauf deutet schon die Namensgebung seiner Selbstjustiz-Gruppe hin. Sie fühlen sich wie höhere Wesen, die im Namen einer göttlichen Macht Gerechtigkeit durchsetzen wollen.«
»Wenn wenigstens einer der Dealer aussagen würde, dass die Archangels hinter ihm her sind! Aber dadurch müsste er indirekt auch zugeben, dass er selbst mit Croc oder einer anderen verbotenen Substanz handelt. Also werden die Leute vom Cropsey-Kartell die Klappe halten.«
»Abwarten, ob das auch für Rick Mendez gilt, Phil. Ich halte ihn für labil, sonst hätte er heute bei unserer Begegnung nicht so schnell die Nerven verloren. Ich bin gespannt, was er uns zu sagen hat.«
Ich stellte meinen roten Flitzer auf dem Besucherparkplatz von Rikers ab. Nachdem Phil und ich verschiedene Sicherheitsschleusen durchlaufen hatten, wurden wir in einem der Klinik-Bereiche von Doc Warren empfangen. Der altgediente kahlköpfige Gefängnisarzt hatte schon so manche Häftlingsrevolte überlebt. Er gab uns die Hand.
»Seien Sie mir gegrüßt, Agents. Die Beinwunde von Rick Mendez ließ sich unproblematisch versorgen. Außer einer kleinen Narbe wird er keine Erinnerungen an diesen Treffer davontragen. Als Mendez hier eingeliefert wurde, stand er unter dem Einfluss von enthemmenden Medikamenten. Aber ich habe ihm ein Antidot gespritzt, er ist inzwischen wieder so gut wie nüchtern.«
»Also können wir eine gerichtsverwertbare Aussage von Mendez bekommen?«, vergewisserte ich mich.
»Ja, falls der Gefangene mit Ihnen reden will«, gab der Mediziner zurück. Ein Wärter brachte uns zu dem vergitterten Krankenzimmer von Mendez. Der Dealer lag in einem Krankenbett, bekleidet mit einem gepunkteten Nachthemd. Er verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
»Ich sage kein Wort!«, blaffte er.
Phil und ich nahmen unbeeindruckt links und rechts von seinem Bett Platz. Ich nannte unsere Namen und belehrte ihn noch einmal über seine Rechte.
»Sie können natürlich die Aussage verweigern, Mendez«, erklärte ich. »Aber Sie sollten sich überlegen, dass Sie tief in der Tinte sitzen. Sie sind vorbestraft, wir haben bei Ihnen eine größere Menge Drogen sichergestellt, und Sie haben auf FBI-Agents im Dienst geschossen. Das ist keine gute Kombination, wenn Sie mit einer milden Strafe davonkommen wollen.«
»Sie können auch einen Anwalt hinzuziehen, das ist Ihr gutes Recht«, ergänzte Phil. Mendez schüttelte den Kopf.
»Ich halte nichts von den Rechtsverdrehern, ich kann für mich selbst sprechen. Was springt denn für mich heraus, wenn ich rede?«
»Ihre Kooperationsbereitschaft wird als tätige Reue angesehen, die Strafe fällt dann meist niedriger aus«, erklärte ich. »Das kann ich sagen, ohne der Gerichtsentscheidung vorzugreifen.«
Mendez
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